Allmählich macht der Leser sich ein Bild von der Stadt und von dem, was die Menschen in ihr beschäftigt. Er wird in den Sog der Geschichte hineingezogen und von dieser merkwürdigen, in der Schwebe hängenden Stimmung ergriffen. Eine angespannte Ruhe liegt über der Stadt, eine Ambivalenz von Aufbruch, Bewegung und dem Verharren in einem Zustand, der einer Lähmung gleicht. Die beiden Enkeltöchter des Totengräbers wollen einen Drachen steigen lassen. Sie geben ihm ein Lach-Wein-Gesicht, das den Zwiespalt symbolisiert .
Der 1899 geborene Lampe hatte, wie er kurz vor seinem Tod sagte, Pech mit seinen Büchern. Sein 1933 erschienener Roman "Am Rande der Nacht" wurde wenige Wochen nach Erscheinen von den Nationalsozialisten eingestampft. "Septembergewitter" fiel im Literaturbetrieb durch und die Druckplatten eines geplanten Bandes mit Erzählungen wurden bei Kriegsende zerstört. Lampe selbst wurde schließlich im Mai 1945 von zwei Rotarmisten in der Nähe Berlins irrtümlich für einen SS-Mann gehalten und erschossen. Nach dem Krieg erschienen zwei Werkausgaben, doch "Am Rande der Nacht" wurde entsprechend der Vorbehalte der Reichsschrifttumskammer verstümmelt, und auch "Septembergewitter" war nur in überarbeiteter Form zu lesen. Hier orientierte man sich jedoch an Änderungen, die der Autor selbst für den geplanten Erzählband 1944 vorgenommen. Immerhin tobte der Luftkrieg gegen England, und so machte Lampe aus dem Engländer Pencock einen Dänen namens Gyldenlöv und ließ den Ballon entsprechend Richtung Dänemark fliegen. Auch andere Namen wurden geändert, und die Soldaten, die im Erstdruck ein Marschlied grölten, schmetterten es nunmehr.
Das Gewitter geht mit einem Wolkenbruch über die Stadt hernieder, vertreibt die Schwüle und löst die Spannungen. Es stellt sich so etwas wie Klarheit ein, deutlich symbolisiert darin, dass das Janus-Gesicht des Drachens vom Regen einfach abgewaschen worden ist. Aber hat sich wirklich etwas geändert? Im Einzelnen und an der Oberfläche wohl, nicht aber die existenzielle Grundstimmung, die für Lampe wohl typisch ist. Sie macht die Lektüre dieses modernen und avantgardistischen Romans, der gar nicht in die von der Nazi-Propaganda verbreitete Aufbruchsstimmung passt, auch heute noch ebenso spannend wie anrührend.