Auf dem Markt von Belgrad ist die Stimmung schlecht. Ein Gemüsebauer aus der Provinz bringt es auf den Punkt:
"Schlecht läuft es bei uns. Menschen haben kein Geld. Wir haben Krise. Und die Hälfte von denen, die kommen, nehmen die Ware auf "Kredit" und bezahlen sie später. Die Investitionen sind groß, der Konsum niedrig. Das ist das. Wir sollten Optimisten sein, aber selbst der Optimismus ist rar."
Wirtschaftlich geht es Serbien eher schlechter statt besser. Die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei 30 Prozent. Die Eröffnung des neue Fiat-Werks in Kragujevac und die gute Ernte schafften Arbeit, aber nicht genug. Die Schuldenspirale dreht sich weiter in Richtung Staatsbankrott.
Schuld daran sind vor allem die vielen maroden Staatsunternehmen - rund 600 sollen es sein, vor allem in den Bereichen Energie, Transport und Kommunikation. Mit Staatsgarantien, Überbrückungskrediten und Subventionen werden sie künstlich am Leben erhalten. Kein Wunder, denn die Führung der Staatsfirmen teilen die regierenden Parteien unter sich auf.
Nun soll Schluss damit sein. Die stärkste Regierungskraft, die Fortschrittlichen von Außenminister Alexander Vucic, wollen Neuwahlen und das bald. Vucic begründet diesen Schritt im serbischen Fernsehen so:
"Unser Wunsch nach vorgezogenen Parlamentswahlen wurde durch die Tatsache angespornt, dass wir der Ansicht sind, dass Veränderungen nicht warten können, dass wir keine Sekunde zu verlieren haben, dass Menschen in Serbien es schwer haben, dass viel junge Menschen weiterhin Arbeit suchen und dass wir uns um die Verbesserung des Lebensstandards kümmern müssen."
Politologe: Vucic will Machtumverteilung
Die serbische Fortschrittspartei SNS will mit vorgezogenen Neuwahlen den Reformstau auflösen. Doch sie hat ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Denn nur wenige Stunden vor Bekanntwerden der Neuwahlen trat der Wirtschaftsminister Sasa Radulovic zurück. Erst vor fünf Monaten wurde der Experte ohne Parteibuch in die Regierung geholt. Der ehemalige Konkursverwalter wollte knapp 180 besonders verschuldete Staatsfirmen zügig privatisieren, tausende Staatsangestellte entlassen und flexiblere Arbeits- wie Konkursgesetze schaffen.
Seinen überraschenden Rücktritt begründete er öffentlich mit der Reformunfähigkeit der Regierung. Beide Parteien, die Fortschrittlichen und die Sozialisten wollen nur ihre Privilegien und Pfründe retten.
Für den Politologen Dejan Vuk agieren die Fortschrittlichen und dessen Parteichef Alexander Vucic aus der Position der Stärkeren:
"Vor allem interessiert ihn eine Machtumverteilung in der Regierung. Das ist der politische Hauptgrund, den Vucic und seine Fortschrittlichen haben. Dazu kommen auch noch politische Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sozialisten und den Fortschrittlichen. Die Fortschrittliche Serbische Partei ist nicht in der Position, dass sie unbedingt, um jeden Preis, politische Kompromisse mit den Sozialisten machen und in dieser Regierung bleiben muss.“
Hinzu kommt, dass gegen Vertreter der SPS von Premier Dacic die Staatsanwaltschaft ermittelt. Spitzenpolitiker der Partei sollen aus dem staatlichen Arzneimittelkonzern "Galenika" Millionen und aus dem staatlichen Gasmonopolisten "Srbijagas" Milliarden Euro abgezweigt haben, meinen Medien und Vertreter der großen Regierungspartei SNS von Außenminister Alexander Vucic.