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Serbien und der EU-Beitritt

Erst wenn Serbien das Kosovo anerkennt, können Verhandlungen über den EU-Beitritt Serbiens aufgenommen werden. Die Vermittlungsgespräche unter Leitung der EU sind in der letzten Woche gescheitert. Nun ist die Frage, wie es weitergeht.

Von Annette Riedel |
    Wenn sich heute in Straßburg die EU-Kommission mit dem Thema befassen wird, geht es vor allem um die Frage, ob trotz Belgrads "Nein", die Beitrittsverhandlungen mit Beitrittskandidat Serbien im Juni beginnen sollen. Die EU-Parlamentarier Franziska Brantner von den Grünen und Alexander Graf Lambsdorff von der FDP sind entschieden dagegen:

    "Nein. Ich glaube, man muss den Druck aufrechterhalten und eben signalisieren, dass dies kleine bisschen, was nur noch zu überbrücken war, zwischen der Einigung zwischen Kosovo und Serbien, dass man darauf auch besteht."

    "Ich glaube, dass wir als Europäische Union gelernt haben sollten, dass Länder mit ungelösten, territorialen Konflikten ein Problem für Europa sind. Von daher würde ich sagen: Nein, da warten wir mal ab."

    Die wenigen aber entscheidenden Streitpunkte drehen sich um die Frage, wie weit die Autonomie für die serbische Minderheit vor allem im Norden Kosovos gehen soll. Ihre Selbstbestimmung in Bildungsfragen, im Gesundheitswesen, in der Kultur ist längst Realität. Auch, dass Serbien die mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden weitgehend finanziert, ist unstrittig.

    "Die Fragen waren immer am Ende noch, wie weit das Justizsystem, in den Gerichten dann nur Serben sitzen. Oder wie in einem Kompromiss vorgeschlagen waren eben paritätisch Kosovo-Albaner und Kosovo-Serben. Oder inwieweit man das eben 100-prozentig serbisch hat. Darauf hatte die serbische Seite bestanden. Die andere Frage war der Zugang von kosovarischem Militär, selbst da war offenbar die kosovarische Seite noch bereit, Einschränkungen zu machen."

    Es geht darum, dass das Kosovo – ohnehin klein, wirtschaftlich kaum ohne EU-Unterstützung überlebensfähige – dass Kosovo keinen Staat im Staat will. Und dass die Serben langsam akzeptieren, dass Kosovo nicht wieder zu Serbien gehören wird.

    "Das braucht Zeit. Das braucht auch, glaube ich, Abstand zu einigen radikaleren Forderungen der Serben insbesondere. Und wenn das gelingt in den nächsten Jahren, dann kann man eben auch sehen, dass man mit den Ländern in den letzten Jahren weitermacht auf ihrem europäischen Weg."

    Für Kosovo geht es - noch - nicht um Beitrittsverhandlungen, aber um ein Assoziierungsabkommen mit der EU, dass dem Land einige dringend benötigte Privilegien brächte.

    "Wir streben an, dass diese Länder der EU beitreten. Der West-Balkan hat eine Zukunft in der EU", sagt Ashton und sagen unisono alle in Brüssel, auch EU-Erweiterungskommissar Füle. Er wird heute seinen Kolleginnen und Kollegen in der Kommission über die Fortschritte in den Ländern mit dem Status‚ "Beitrittskandidat" berichten. Alle betonen, dass ein gutnachbarschaftliches, friedliches Miteinander zwischen Kosovo und Serbien unverzichtbar ist.

    "Das ist die Voraussetzung dafür, dass beide Staaten ihren jeweiligen Weg Richtung EU gehen können, ohne sich dabei gegenseitig zu blockieren."

    Aber genau danach sieht es im Moment aus. Jenseits der Beitritts- oder Assoziierungsverhandlungen auch deshalb mehr als bedauerlich, weil im Nordkosovo, aufgrund ungeklärter Verhältnisse in einer Art rechtsfreiem Raum organisiertes Verbrechen und Korruption in unvergleichbaren Ausmaßen vorhanden sind und bestens weiter gedeihen können. Die EU-Kommission kann selbst in den vorläufig gescheiterten Gesprächen zwischen Belgrad und Pristina noch etwas Positives sehen:

    "Vor sechs Monaten haben Serbien und Kosovo noch nicht einmal direkt miteinander geredet. Sie haben eine Beziehung aufgebaut, auf der Grundlage, dass man ernsthaft auf eine Konfliktlösung hinarbeitet."