Inzwischen bemühen sich die meisten Politiker in Serbien nicht mehr groß, ihre Lügen zu vertuschen, meint Aleksandar Gavrilovic. Auch der neue Präsident Aleksandar Vučić sei da keine Ausnahme: "Er schneidet schlecht ab. Mehr als 70 Prozent seiner Wahlversprechen wurden nicht erfüllt."
Politischen Versprechen auf den Grund gehen
Der ausgewiesene Vučić-Kritiker Gavrilovic ist politischer Direktor bei der serbischen Nichtregierungsorganisation CRTA. Sie betreibt Fact-Checking im Internet und hat passend zur Vučić-Präsidentschaft den "Vučićomer" erfunden, den Vučić-Messer. Die witzige Plattform mit Clips und Musik seziert Versprechen, die Vučić seit 2012 unters Volk gebracht hat. Als Vizepremier oder Premier. Beispiel:
"Ich habe 55 Fabriken eröffnet und keine einzige geschlossen", meint eine selbstsichere Vučić-Figur. Die Recherche ergab: In der Tat wurden im besagten Zeitraum 41 Verträge mit Investoren unterzeichnet. Davon ließ sich aber nur die Hälfte auch als neue Fabriken registrieren. Das Fazit des Vučić-Messers: wegen übertriebener Angaben zu neuen Fabriken, bewerten wir die Aussage als Unwahrheit.
Ein weiteres Beispiel ist die geplante Zugstrecke Belgrad-Budapest.
"Wir arbeiten schon an der Teilstrecke Stara Pazova - Novi Sad", so das Vučić Versprechen. In eineinhalb Jahren fahren wir die Strecke Belgrad - Novi Sad dann in 40 Minuten."
Die Recherche ergab aber: Dieses Versprechen gab Vučić schon einmal. Doch damals wie heute haben die Bauarbeiten noch nicht einmal begonnen. Fazit: "kurze Beine", also Lügen.
Vorbild für Vučić: Winston Churchill
Der 47-jährige Vučić hingegen sieht sich in einer Reihe mit von ihm bewunderten Regierungschefs wie SPD-Altkanzler Gerhard Schröder oder dem Briten Winston Churchill: "Churchill sagte vor langer Zeit: Der schnellste Weg zum Untergang ist, wenn Sie von allen geliebt und gelobt werden. Das bedeutet, dass Sie nie etwas Gutes für Ihr Land getan haben."
Und diesen Mann hat Aleksandar Vučić voll überzeugt: "Er ist ehrlich und fleißig. Das, was er verspricht, das erfüllt er auch."
Versprochen und gehalten: Mindestlohn
In der Tat hat Vučić laut Vučić-Messer auch Versprechen eingelöst, etwa den Mindestlohn eingeführt oder ein Stahlwerk gerettet. Das lässt dieser Belgrader allerdings nicht gelten. Er nahm vor der Wahl an Protesten gegen Vučić teil: "Er sagt, dass sich etwas ändern wird, verspricht alles Mögliche. Aber aber er hat nur die Löhne und Renten gesenkt. Das ist alles."
Zudem habe es der neue Präsident Vučić in den letzten Jahren glänzend verstanden, die verarmten Menschen in einen Parteienstaat zu zwingen der abhängig mache, kritisiert Aleksandar Gavrilovic. Druck verspüre er nicht, denn seine Fact-Checking Truppe werde von ausländischen Sponsoren finanziert. Sie seien bei der Recherche allerdings abhängig von Auskünften, etwa in Ministerien. Bei freien Medien seien Politiker - Lügen gar nicht so schlimm, meint Gavrilovic, doch in Serbien gelte dies nur noch eingeschränkt. Als Präsident werde Vučić die Verfassung sehr stark in seinem Sinne auslegen, prognostiziert Gavrilovic.
Medienpräsenz eines Präsidenten
"Ich habe den Eindruck, dass er in den Medien noch mehr vorkommen wird als bis jetzt, falls das überhaupt möglich ist."
Das Fazit des Fact-Checkers Aleksandar Gavrilovic, es fällt also eher düster aus. Und der neue serbische Präsident Aleksandar Vučić? Von 143 gemachten Versprechen wurden 27 erfüllt und 89 nicht erfüllt. Der Vučić-Messer sollte also dranbleiben, zumal der Bau der Eisenbahnstrecke von Belgrad nach Novi Sad im Sommer beginnen soll.