Es waren deutliche Worte, die Peter Terium auf der Jahreshauptversammlung Ende April in Essen fand:
"Ihre RWE, unsere RWE steckt in der Krise."
Denn der Vorstandschef der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk AG, eben kurz RWE, der als zweitgrößte Energie-Versorger Deutschlands gilt und wie kein anderer Betreiber in Deutschland auf die Braunkohle setzt - verspürte genau deswegen Gegenwind:
"Im Zuge des Ausbaus der erneuerbaren Energien verdienen unsere Gas- und Kohlekraftwerke zu wenig Geld. Ein Teil unserer Kraftwerke ist nicht mehr wirtschaftlich. Mit den jüngsten Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums zur Einführung eines sogenannten Klimabeitrags für konventionelle Kraftwerke geht es an unsere Substanz."
Braunkohle mit der schlechtesten Klimabilanz
Zwar ist der ursprünglich geplanten Klimabeitrag für ältere Kraftwerke mittlerweile vom Tisch, doch die Gemengelage bleibt eindeutig: Angesichts der Entscheidung der Bundesregierung, dass bis zum Jahre 2050 80 Prozent der Energie-Versorgung aus erneuerbaren Energieträgern produziert werden soll, wird es für die Braunkohle eng. Von allen fossilen Energieträgern hat sie die schlechteste Klimabilanz: Keine Energiequelle erzeugt so viele Treibhausgase pro Kilowattstunde wie die Braunkohle. Nun soll auch im Stammland der Braunkohle, in Nordrhein-Westfalen, erstmals, so ein Beschluss der rot-grünen Landesregierung, der Braunkohleabbau verkleinert werden:
"Wir vollziehen leider in Deutschland den Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Das ist für mich nicht nachvollziehbar, weil wir damit das Weltklima nicht retten werden."
Sagt Dietmar Brockes, energiepolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion in NRW. Denn durch die sogenannte Leitentscheidung zum Tagebau Garzweiler, wird RWE wohl auf rund 400 Millionen Tonnen von insgesamt geschätzten 1,2 Milliarden Tonnen aus diesem Gebiet verzichten müssen. RWE selbst möchte aktuell keine Interviews geben, betonte zwar die Planungs-Sicherheit über das Jahr 2030 hinaus, doch die neue räumliche Begrenzung wird wohl auch zu einer zeitlichen Einschränkung führen. Ursprünglich waren Perspektiven bis zum Jahr 2045 oder auch 2050 im Gespräch. Dennoch: Von einem Einstieg zum Ausstieg will man beim Bundesverband Braunkohle in Köln nichts wissen:
"Wir sehen das eigentlich ein wenig differenzierter. Braunkohle ist ein Rohstoff, den man in verschiedener Art und Weise nutzen kann, zu Stromerzeugung, zur Erzeugung von Briketts, aber auch langfristig, als Chemie-Rohstoff zum Beispiel. Ob man darüber heute schon entschieden kann, dass Braunkohle überhaupt nicht mehr genutzt werden kann, halten wir für verfrüht."
70.000 Arbeitsplätze hängen von der Braunkohle ab
Sagt Hauptgeschäftsführer George Milojcic. Zumal die heimische Braunkohle ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist: Insgesamt sollen an den drei Standorten in NRW, Brandenburg und Sachsen rund 70.000 Arbeitsplätze von der Braunkohle abhängen. Neben Arbeitsplätzen leiste die Braunkohle in Deutschland auch Versorgungssicherheit so der zuständige Professor Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, kurz RWI. Dieses Argument stärker zu betonen, hätten die Energieversorger genauso verpasst, wie die Erkenntnis, "dass der Weg unaufhaltsam in Richtung erneuerbare Energie-Technologie geht. Und man ist insbesondere bei RWE relativ spät in diese neuen Technologien eingestiegen. Das hätte frühzeitiger erfolgen können und sollen."
Nun ist bei RWE ein riesiges Sparprogramm angelaufen, der Aktienkurs unter Druck, weshalb auch Vorstandsvorsitzender Terium schon im April auf der Hauptversammlung den Aktionären zurief:
"Ihre RWE erfindet sich gerade neu."