48 Fußball-Felder! So viel Fläche bräuchte man, um die CO2-Emissionen eines einzigen Bundesliga-Spieltages wieder auszugleichen. Das wäre eine Fläche, so groß wie ein Viertel des viel beachteten Hambacher Forstes. Fast 60.000 Bäume müssten darauf gepflanzt werden, um allein den CO2-Fußabdruck der Stadionbesucher in der ersten Liga klimatechnisch zu kompensieren.
"Das sind um genau zu sein 7.753 Tonnen CO2. Wir haben das Ganze aus der Perspektive eines Fans dargestellt. Also, was fällt an Verbrauch durch einen Fan an einem Spieltag an. Den Weg von der Haustür, zum Stadion, Konsum im Stadion und wieder zurück zur eigenen Haustür als Kernelement überlegt und dazu dann letztlich angefangen Daten zu suchen", sagt Patrick Fortyr von der Klimaschutzberatung CO2OL in Bonn.
So viel wie zehn Bundesbürger in einem gesamten Jahr
In einer Kurzstudie hat er zusammen mit dem Deutschlandfunk aus frei zugänglichen Zahlen, wie Jahresberichten der Klubs und einer Fan-Befragung eines Bundesliga-Vereins, den CO2-Fußabdruck eines Fußball-Fans an einem Spieltag berechnet.
Ein Stadionbesucher konsumiert durchschnittlich einen halben Liter Bier, einen Bissen Bratwurst, das dazugehörige Brötchen und einen Schluck Limonade.
Ein Stadionbesucher konsumiert durchschnittlich einen halben Liter Bier, einen Bissen Bratwurst, das dazugehörige Brötchen und einen Schluck Limonade.
Zusammen mit dem damit verbundenen Müll, verursacht das über alle rund 400.000 Stadiengänger hochgerechnet an einem Spieltag rund 120 Tonnen CO2. So viel wie zehn Bundesbürger durchschnittlich in einem ganzen Jahr verursachen.
Wurst und Bier sind aber nur ein Bruchteil des CO2-Verbrauchs eines Fans. Der weitaus größte Anteil macht seine An-und Abreise aus, so Fortyr.
"Zwei Drittel der Emissionen fallen im Bereich Mobilität an, ein Drittel im Konsumbereich. Hätte man mich vor der Studie gefragt, hätte ich gesagt, das Verhältnis würde viel eindeutiger sein. Das würde so bei 90/10 oder 80/20 liegen. Insofern fand ich das etwas überraschend. Nichtdestotrotz zeigt das klar wo die Hebel zu Emissionsreduktion liegen und das ist der Mobilitätsbereich."
Die große Mehrheit der Fans kommt mit dem Auto
Kombinierte Eintrittskarten und ÖPNV-Tickets, Shuttle-Busse oder Sonderzüge - all das gibt es schon. Manche Vereine experimentieren mit e-Bikes und e-Rollern.
Die große Mehrheit der Stadionbesucher kommt aber immer noch mit dem Auto. Das hat jedenfalls die Fan-Befragung eines aktuellen Bundesligisten ergeben. Er möchte anonym bleiben.
Seine Daten zeigen jedoch, dass rund 70 Prozent, also mehr als zwei Drittel der Befragten, zu Heimspielen mit dem Auto anreisen.
Je nach Stadionlage könnte es bei den übrigen Bundesligisten etwas anders aussehen. In Sachen Umweltbewusstsein ist dennoch viel Luft nach oben, meint Norman Laws vom Institut für Nachhaltigkeitssteuerung an der Uni Lüneburg.
Je nach Stadionlage könnte es bei den übrigen Bundesligisten etwas anders aussehen. In Sachen Umweltbewusstsein ist dennoch viel Luft nach oben, meint Norman Laws vom Institut für Nachhaltigkeitssteuerung an der Uni Lüneburg.
Auch wenn die Vereine manche umweltfreundliche Anreise wie das Kombi-Ticket anbieten, kommen sie ihrer Vorbildfunktion in dieser Hinsicht noch nicht nach, erklärt er.
"Dazu gehört natürlich auch nicht nur Fans aufzufordern, umweltfreundlich anzureisen, sondern es auch selbst zu tun. Deutschland ist nun nicht gerade das allergrößte Land, es ist sicherlich auch möglich per Bahn und umweltfreundlicher anzureisen, als wenn man das mit dem Flugzeug tut."
"Dazu gehört natürlich auch nicht nur Fans aufzufordern, umweltfreundlich anzureisen, sondern es auch selbst zu tun. Deutschland ist nun nicht gerade das allergrößte Land, es ist sicherlich auch möglich per Bahn und umweltfreundlicher anzureisen, als wenn man das mit dem Flugzeug tut."
Kein echtes Umweltbewusstseins im Fußballgeschäft
Wenn beispielsweise ein Fan von RB Leipzig zu einem Auswärtsspiel fährt, muss er im Schnitt 835 Kilometer zurücklegen. Insgesamt wären das pro Saison 14.000 Kilometer.
Fährt er das alles mit dem Auto, verursacht er knapp fünf Tonnen CO2. Das ist mehr als doppelt so viel, als der vom Weltklimarat empfohlene Jahresverbrauch.
Leben kostet nun mal Energie. Unsere Berechnung ergibt: Mehr als 7500 Tonnen CO2 produzieren allein die Fans an einem einzigen Bundesliga-Wochenende. Das entspricht einem Jahresverbrauch von circa 700 durchschnittlichen Bundesbürgern. Und das an 34 Spieltagen pro Saison.
Leben kostet nun mal Energie. Unsere Berechnung ergibt: Mehr als 7500 Tonnen CO2 produzieren allein die Fans an einem einzigen Bundesliga-Wochenende. Das entspricht einem Jahresverbrauch von circa 700 durchschnittlichen Bundesbürgern. Und das an 34 Spieltagen pro Saison.
Die Inflation der Fußballspiele ist ökologisch ein Desaster
Manche Verbrauchswerte mussten deshalb hochgerechnet und verallgemeinert werden. Dennoch ist die Modellrechnung ein aussagekräftiger Annäherungswert, der einen ersten Hinweis geben kann, wo und in welcher Höhe die meisten Treibhausgase freigesetzt werden.
Das bestätigt auch Norman Laws von der Universität Lüneburg, der ebenfalls einen großen Nachholbedarf aufseiten der Bundesligisten sieht.
"Ein positives Image kann leicht erzeugt werden mit der Aussage, man hat eine nachhaltige Energieversorgung. Das ist natürlich einfach. Was aber fehlt, wenn man das mal mit den großen Dax-oder MDax-Unternehmen vergleichen möchte, ist, dass die gesamte Supply-Chain angeguckt wird."
Die Supply-Chain, das ist die komplette Lieferkette für alle verbrauchten Güter und Produkte. Die Klima-Bilanz der Trikots von der Herstellung bis zum Fanshop, die Reisen zu den Auswärtsspielen, zu den Trainingslagern, der Fuhrpark, die Energieversorgung oder die Müllentsorgung.
Bislang wird da unter Umweltgesichtspunkten kaum hingeschaut. Und auch die jüngsten Signale aus der Fußball-Welt sind eher besorgniserregend. Immer neue Wettbewerbe. Europa League 2, Klub-WM, Welt-Liga. Aus ökologischer Sicht ein Desaster, meint Norman Laws:
"Diese Inflation von Spielen, führt eben auch zu einer negativen Öko-Bilanz. Das ist eine Sache die man ebenso angehen sollte. Das ist natürlich nicht im Sinne der Kommerzialisierung des Fußballs, aber im Sinne der Fans, der Spieler und der Umwelt."
Kompensationszahlungen an Umweltprojekte? Fehlanzeige
Kommerz gegen Umwelt. Das ist auch im Sport der ganz große Konflikt. Freiwillige Kompensationszahlungen an Umweltprojekte wären eine Möglichkeit, den CO2-Verbrauch auszugleichen.
Nach Deutschlandfunk-Recherchen macht das kein einziger Bundesligist. Besser wäre aber ohnehin Emissionen gleich ganz zu vermeiden. Aber würde das für den Fan bedeuten: Gleich ganz verzichten und gar nicht mehr ins Stadion gehen?
Norman Laws von der Uni Lüneburg: "Ich glaube nicht dass wir uns derart einschränken lassen müssen. Ich glaube, es kommt darauf an, wie wir zu Auswärtsspielen fahren, nicht ob wir zu Auswärtsspielen fahren."