Freitagnachmittag in der südlichen Dortmunder Innenstadt, in Sichtweite zum BVB-Stadion wird geschwitzt. Kinder-Leichtathletik, Mutter-Kind-Turnen, Rhythmische Sportgymnastik, Judo, Parcourslaufen, Hockey - das alles läuft im riesigen Sportkomplex des TSC Eintracht Dortmund parallel.
Sämtliche Hallen des mit 7.000 aktiven Mitgliedern größten Dortmunder Breitenportvereins sind mit Kursen belegt. Es ist ein grauer Tag, Schnee ist angekündigt, die Heizungen sind hochgedreht, die Lampen in den Hallen werden schon am Nachmittag eingeschaltet. Ein Tag, an dem viel Energie verbraucht wird. Doch vor der Verbrauchsrechnung ist Vorstandsvorsitzender Alexander Kiel nicht bange.
Alten Sachen raus, neue Sachen rein
Das Blockheizkraftwerk des TSC Eintracht Dortmund im obersten siebten Stock brummt inzwischen seit gut zehn Jahren und liefert dem gemeinnützigen Verein seither zuverlässig Wärme und Energie.
Alexander Kiel sagt: "Das war auch der Startschuss für unser Energie- und Umweltprojekt. Wir haben gemerkt, die ganze Heizzentrale war völlig überdimensioniert und war nach 30 Jahren auch in die Jahre gekommen und dann mussten wir was tun. Eigentlich hatten wir Zugzwang."
Der dazu führte, dass sich Alexander Kiel ganz neu orientierte. Nicht einfach die Heizung austauschte, sondern mit dem Blockheizkraftwerk, der Kraft-Wärme-Kopplung, auf ein vergleichsweise energieeffizientes System setzte. Die sehr hohen Energiekosten einerseits und jede Menge Fördermittel andererseits halfen zwar bei der Entscheidung, aber das hieß auch: Veränderungen am Gebäude vorzunehmen.
"Da musste oben die Decke aufgeschnitten werden und dann mussten wir mit einem großen Kran die alten Sachen rausmachen und die neuen Sachen einbringen", erzählt Kiel.
Zunächst ging es Alexander Kiel und seinen Vorstandskollegen erst einmal darum, Hallen und Duschen wieder bezahlbar warm zu bekommen. Je mehr sie sich dann mit Energiekonzepten beschäftigten, umso mehr fingen sie an, sich mit Nachhaltigkeit im weiteren Sinne auseinanderzusetzen. Sozial, gesellschaftlich, finanziell, und ganz besonders beim Umweltschutz.
"Das war der Beginn eines langfristigen Projektes, was wir jetzt ausgelegt haben bis 2023. Da feiert nämlich unser Verein 175-jähriges Jubiläum und bis dahin haben wir unser Energie- und Umweltprojekt konzipiert. Mit dem Ziel tatsächlich Nullenergiehausstandard zu haben. D.h. genau so viel Energie selbst zu produzieren wie wir auch verbrauchen, so dass wir zumindest rechnerisch gar nicht mehr auf Energie von außen angewiesen sind", sagt Kiel.
"Im Strombereich schon so gut wie autark"
Zurzeit werden sämtliche Lampen in LED-Beleuchtung ausgetauscht. Im Sommer ist der Bau einer Photovoltaikanlage geplant.
"Und dann sind wir im Strombereich schon so gut wie autark", erzählt der Betriebswirt. Die Liste der bereits vollendeten Projekte ist schon beachtlich lang: Ein effizientes Lüftungssystem, Präsenzmelder in Hallen- und Sanitäranlagen, Solarthermie, LED-Flutlichtanlage, Kork statt Granulat auf den Fußballplätzen – und worauf Alexander Kiel besonders stolz ist: die Regenwasserzisternen auf dem Außengelände.
"Alle Flächen, die Sie hier sehen werden abgefangen, gehen nicht in das öffentliche Kanalnetz, sondern werden in eine Zisterne entwässert und mit diesem Wasser bewässern wir dann den Hockeyplatz. Hockeyplätze werden bewässert beim Spielen und das sind alleine von den Kosten her 20.000 Euro, die wir sparen. Weil wir fast komplett – im letzten Jahr aufgrund des heißen Sommers nicht ganz - auf Frischwasser verzichten können."
Trotz der Kälte trainieren Lina und Floria draußen auf dem Platz ein paar Torschüsse. Dass hier in Zisternen neben und unter den Plätzen 300.000 Liter Wasser für das Bewässerungssystem gesammelt werden können, und dazu das Oberflächenwasser vom Dach aufgefangen wird, ist für sie beeindruckend.
"In letzter Zeit haben die ja viel gemacht und ich finde das grundsätzlich gut – Ich finde das auch eine gute Sache, vor allem mit dem Wasser, weil man für die Sprenger ja sehr, sehr viel Wasser braucht. Auf so einen Hockeyplatz muss ja ziemlich viel. "
Sportstätten zumeist in kommunaler Hand
Der Kunstrasen ist zudem mit wasserspeichernden Fasern ausgestattet, so dass er weniger Bewässerung braucht als andere Plätze. Für den Familienvater Markus List war die ganze Nachhaltigkeits-Philosophie des Vereins mit ein Kriterium, sich für den TSC Eintracht Dortmund zu entscheiden: "Weil wir das im Privaten auch so betreiben, möglichst nachhaltig das alles zu gestalten und deswegen auch unseren Sportverein dementsprechend zu wählen."
Erwachsene zahlen im Monat einen Mitgliedsbeitrag von 17,40 Euro und können damit etwa die Hälfte aller 100 Sportarten ohne zusätzliche Kosten betreiben. Die ganzen Investitionen in die Energie- und Umweltprojekte zahlen sich schon nach wenigen Jahren finanziell aus, erklärt Alexander Kiel. Durch langfristige Einsparungen bei den laufenden Kosten und auch mit Hilfe von Fördermitteln.
Aber inwieweit hat das Vorbildcharakter auch für andere, kleinere Vereine? Im Gegensatz zum TSC verfügen die meisten über kaum eigene Sportanlagen, sondern nutzen zumeist kommunale Einrichtungen. Nach Schätzungen des Deutschen Olympischen Sportbundes sind sogar rund zwei Drittel aller Sportstätten in kommunaler Hand. Energiekonzepte müssen also in den Stadträten und –verwaltungen beschlossen werden. Aber die haben momentan ein ganz anderes Problem:
"Der DOSB und die kommunalen Spitzenverbände schätzen den Sanierungsstau von Sportstätten auf rund 31 Milliarden Euro und in besonderer Weise sind hier Sporthallen und Bäder vom Investitionsstau betroffen. Die Studien und Analysen bestätigen, was Bürgerinnen und Bürger auch täglich erleben und sehen: In Deutschland besteht ein großer Substanzverlust", erklärt Christian Siegel, im DOSB zuständig für den Bereich Sportstätten und Umwelt.
LED-Flutlichtanlage
Viele Kommunen haben nicht die Mittel, um all die anstehenden Sanierungen gleichzeitig und dazu noch nachhaltig durchzuführen und. Sie entscheiden sich dann oft für die schnelle, aber nicht nachhaltige Lösung.
In der Breite sind solche energieeffizienten und klimaschonenden Konzepte also bislang kaum durchgedrungen, obwohl die Landessportbünde zum Teil schon seit Jahren Ökoberater haben, die nicht nur Vereine, sondern oft auch Kommunen beraten.
Das Thema nimmt trotzdem erst langsam Fahrt auf. Es sind mehr die überzeugten Vorkämpfer, die schon einiges angestoßen und bewirkt haben. Aber auch die technische Entwicklung ermöglicht mittlerweile viel mehr, als noch vor Jahren.
"Unsere LED-Flutlichtanlage, das ist jetzt für den Hockeyplatz, den wir 2017 gebaut haben, 2012 haben wir den Fußballplatz gebaut oder die Fußballplätze, da war es noch nicht so ausgereift die Technik, dass wir uns dafür entschieden haben. Wir werden das aber auch beizeiten austauschen, so dass wir dann auch im Fußballbereich LED-Flutlicht haben" erzählt TSC-Vorstandsvorsitzender Alexander Kiel. Er sieht sich selbst als Vorreiter und will auch gerne andere inspirieren. Inzwischen haben auch schon Städte bei ihm angerufen und sich nach den Erfahrungen erkundigt.
DOSB will Impulse geben
Genau so ein Impulsgeber will auch der DOSB sein. Er hat schon vor Jahren Klimaschutzkonzepte erarbeitet, allerdings haben die bislang noch nicht die große Breitenwirkung entfaltet und neu ist, das nun ganzheitlich gedacht wird. Der Dachverband will jetzt selbst als gutes Vorbild für seine Mitgliedsverbände und die rund 90.000 Vereine voranschreiten, erklärt Christian Siegel:
"Wir stehen auch am Anfang, wir erarbeiten momentan eine Nachhaltigkeitsstrategie für den Deutschen Olympischen Sportbund. Hier muss man unterscheiden zwischen Wirkung und Einfluss. Wir erarbeiten eine Nachhaltigkeitsstrategie mit Maßnahmen für den DOSB im engeren Sinne. Das hat in der Tat eine geringe Wirkung nach außen, hat aber sozusagen einen hohen Einflussbereich."
Gerade bei den vielen anstehenden Sanierungen lohne es sich, Konzepte durchzudenken, betont TSC Vorstandsvorsitzender Alexander Kiel. Sein Verein spart durch sein Energie- und Umweltkonzept inzwischen jährlich mehr als die Hälfte der Energiekosten ein. Hätten Sie nichts verändert, würden sie inzwischen 210.000 Euro im Jahr zahlen, so sind es 90.000 und bald soll da die Null stehen.