"Ich habe mich so sehr bemüht um Qualifikation oder unbezahlte Praktika - aber niemanden kümmert es. Wenn du den Laden verläßt, siehst du schon, wie der Chef deine Unterlagen in den Papierkorb wirft. Ich suche im Moment nach einer Lehrstelle; viele Unternehmen sagen, sie würden helfen, aber es dauert Wochen bis sie sich überhaupt rühren. Dann sagen sie, sie melden sich und man hört nie mehr von ihnen."
Casey ist 17 und frustriert. Die zierliche rothaarige junge Frau lebt in Salford in Mittelengland und befindet sich weder in Ausbildung noch hat sie Arbeit. Betroffene wie Casey werden im Behördenjargon als NEET abgekürzt: Not in Education, Employment or Training.
Ende 2011 gab es etwa eine dreiviertel Million NEETS unter 25 Jahren – mehr als 20 Prozent der Altersgruppe. Das ließ die Alarmglocken der konservativ-liberalen Regierung läuten; sie strich Sozialleistungen für junge Arbeitslose zusammen, damit die keinen Anreiz mehr fürs Nichtstun hätten. Und sie legte etliche Jobvermittlungsprogramme in Milliardenhöhe auf. Vizepremierminister Nick Clegg verkündete im Juli vor zwei Jahren:
Ende 2011 gab es etwa eine dreiviertel Million NEETS unter 25 Jahren – mehr als 20 Prozent der Altersgruppe. Das ließ die Alarmglocken der konservativ-liberalen Regierung läuten; sie strich Sozialleistungen für junge Arbeitslose zusammen, damit die keinen Anreiz mehr fürs Nichtstun hätten. Und sie legte etliche Jobvermittlungsprogramme in Milliardenhöhe auf. Vizepremierminister Nick Clegg verkündete im Juli vor zwei Jahren:
"Der Jugend-Vertrag, der ab heute gilt, ist eine einfache Idee: Wenn Sie zwischen 18 und 24 Jahre alt und ohne Arbeit sind, gehen Sie bitte zu ihrem Job-Center, wo ihnen die Gelegenheit gegeben wird, zu verdienen oder zu lernen. In Form einer Lehrstelle oder eines Berufspraktikums oder neuer bezuschusster Jobs, für die wir in der Regierung den Arbeitgebern Zuschüsse geben, um Sie einzustellen."
Inzwischen ist die Konjunktur wieder angesprungen, die Wirtschaft wächst und die Programme zeigen Wirkung, auch wenn Casey bislang nicht davon profitiert hat. Aber die Zahl der Briten unter 25 ohne Arbeitsstelle ist von 1,1 Millionen auf 850.000 gesunken. Die Zahl derjenigen, die als NEETs weder Job noch Ausbildungsplatz haben auf 550.000.
Gage etwa hat Glück gehabt; er ist schon 25 und Vater zweier Kinder. Nach der mittleren Reife wusste er nicht, was er machen sollte.
"Ich hatte ein paar Jobs und landete schließlich bei British Gas; ich machte eine Halbjahreslehre und durfte mich dann Experte für intelligente Energie nennen, aber ich habe bloß Gaszähler eingebaut und keine langfristige Perspektive gesehen."
"Wir glauben an junge Talente"
Dann war er ein paar Mal arbeitslos, jobbte hier und da und bewarb sich schließlich bei Worcester-Bosch um eine Lehrstelle, dem führenden Hersteller von Gasboilern in Großbritannien. Mit Erfolg. Gage ist nun im zweiten Lehrjahr. Sein Berufsziel:
"Servicetechniker im Außendienst. Also Wartung und Reparieren von Worcester-Bosch- Boiler in den Haushalten, damit die Zentralheizung funktioniert. Wenn ich die richtige Einstellung zeige, dann sollte ich hier einen Dauer-Arbeitsplatz bekommen. "
Bosch hält auch in Großbritannien an seiner deutschen Ausbildungstradition fest und bietet Lehrstellen mit einer Lehrzeit von zwei bis vier Jahren an. In Worcester beginnen jährlich etwa 20 neue Auszubildende, die von Allisse Ford betreut werden
"Wir halten Lehrstellen bereit, weil wir an junge Talente glauben, die als Techniker oder Ingenieure hier in unserer Fabrik arbeiten und eine berufliche Ausbildung wollen. Und wenn sie sich engagieren, dann übernehmen wir sie – rund 90 Prozent unserer Lehrlinge."
Doch Bosch ist die Ausnahme. Während in Deutschland etwa die Hälfte der Unternehmen Lehrlinge ausbildet, ist es in Großbritannien nur jedes fünfte; berufliche Qualifizierung war mit dem Niedergang der Industrie und dem Siegeszug der Dienstleistungsbranche immer weniger en vogue, erklärt Tanja Kuvelcic, die vor Jahren die Inititative „Believe in Young People" gründete, um Schulen und Unternehmen wieder zusammenzubringen..
"Kulturell und historisch liegt der Focus der Firmen auf Uni-Absolventen als idealer Nachwuchs. Berufsausbildung und Lehrstellen werden gering geschätzt; wir hinken weit hinter Deutschland her, wo beides als gleichwertig angesehen wird."
Und so gibt es in Großbritannien noch viel zu wenig qualifizierte Lehrstellen für junge Leute und einen staatlich kaum geregelten, chaotischen Berufs-Ausbildungsmarkt mit viel zu vielen Abschlüssen: 18.000 auf völlig unterschiedlichem Niveau, während es Deutschland gerade einmal auf 330 anerkannte Ausbildungsberufe bringt.