"Mein Name ist Russ Willard. Ich bin der Gründer des Mercer Forschungszentrums für experimentelle Physik."
Gleich zu Beginn der Serie wendet sich der Wissenschaftspionier höchstpersönlich an sein Publikum, um sein Lebensprojekt, "den Loop", und dessen Aufgabe, "die Entschlüsselung und Erforschung der Mysterien des Universums", einigermaßen verständlich zu machen. Soweit das denn möglich ist:
"Sie werden als Ergebnis dieser einzigartigen Forschung Dinge zu Gesicht bekommen, die sie nicht für möglich halten würden. Und doch existieren sie."
Reisen in ein Paralleluniversum
Rätsel gibt es so einige in dieser retrofuturistischen Welt, in der ausrangierte, kaputte Maschinen wunderschön zwischen kargen Bäumen herumstehen und Menschen nachdenklich und still durch den Schnee stapfen.
"Auf die eine oder andere Art ist die Geschichte hier von jedem mit dem Loop verbunden."
Da ist das kleine Mädchen, das nach seiner verschwundenen Mutter sucht – und sich selbst als Erwachsene mit Sohn wiederfindet:
"Du bist ich, richtig?"
Da ist der Junge, der durch den Tod seines Opas die existenziellen Fragen des Leben entdeckt und – wie sollte er? – nur schwer zu entschlüsseln weiß:
"Wohin gehst du dann?"
"Ich existiere dann nicht mehr."
Und da ist ein Mann, der bei einer Reise in ein Paralleluniversum sich selbst und seinen Liebhaber kennenlernt:
"Die haben vielleicht eine Parallelwelt erschaffen."
"Für mich klingt das sehr plausibel."
"Ergibt jedenfalls Sinn - etwas."
"Die haben vielleicht eine Parallelwelt erschaffen."
"Für mich klingt das sehr plausibel."
"Ergibt jedenfalls Sinn - etwas."
Anti-Science-Fiction mit poetischen Bildern
"Tales from the Loop" lässt in seinen einstündigen, lose verknüpften Einzelerzählungen Rätsel das sein, was sie sind: Rätsel. Die achtteilige Serie liefert keine pseudo-wissenschaftlichen Erklärungen. Sie ist so gesehen "softe" Science-Fiction oder sogar Anti-Science-Fiction mit Fantasy-Elementen.
Überhaupt kommt es Serienmacher Nathaniel Halpern mehr auf ästhetische, poetische Bilder an, als auf einen ereignisreichen Plot. Das Erzähltempo ist extrem gemächlich, fast meditativ. Was mancher langweilig finden wird, macht "Tales from the Loop" so erfreulich anders als die zahlreichen gleichförmigen, alles sein wollenden Neuerscheinungen.
Die richtigen Einstellungen und große Namen
Und das ist natürlich kein Zufall, denn: "Tales from the Loop" basiert auf den retrofuturistischen Kunstwerken und dem gleichnamigen Bild-Erzählband des Schweden Simon Stålenhag. In seinen Gemälden und Illustrationen kombiniert er Kindheitserinnerungen der späten 80er-, frühen 90er-Jahre, weite schwedische Natur und ländliches Leben, mit dystopischen Zukunftsmotiven, verfallenen Robotern und mysteriösen Monumenten.
Genau darauf – auf die Bilder, die Mise-en-Scène, die richtigen Einstellungen – legt die Serie ihren Schwerpunkt. Und sie bringt große Namen mit: Jodie Foster führt in einer Folge Regie, Rebecca Hall und Jonathan Pryce geben zwei Hauptfiguren.
"Vielleicht gibt es was unter der Erde, das dich gesund macht."
"Nein, unmöglich."
"Vielleicht gibt es was unter der Erde, das dich gesund macht."
"Nein, unmöglich."
Wir sind ein unlösbares Rätsel
Dabei verrät "Tales from the Loop" unterschwellig aber viel mehr über uns und unsere Zeit: Wir benutzen Technik und verstehen sie nicht. Wir rezitieren Fakten und können sie doch nicht überprüfen. Wir entwickeln Theorien, uns selbst zu Maschinen und steuern damit - vielleicht? - auf unser Ende zu.
Wir sind - kurzgesagt - ein unlösbares Rätsel. Und auch wenn darin kein rationaler Lösungsvorschlag für die gegenwärtigen Herausforderungen - Covid19, das Klima, die Digitalisierung - steckt, so lehrt uns diese Serie doch: Gelassen-, Bescheidenheit, Stille und Akzeptanz von Widersprüchen und Mysterien.
"Tales from the Loop": inhaltlich eigenwillig, formal ein Meisterwerk. Eine außergewöhnliche Serie für außergewöhnliche Zeiten.