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Serienidee von Harald Schmidt
„Ich bin der unabhängigste Mensch der Medienlandschaft“

Entertainer Harald Schmidt lieferte die Idee zum TV-Sechsteiler "Labaule und Erben". Im Dlf spricht er über die Hintergründe der Serie, sein Leben nach der Late Night und den Stand des deutschen Fernsehens. "Alle reden von Digitalisierung - keiner versteht, was das bedeutet."

Harald Schmidt im Corsogespräch mit Bernd Lechler |
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    "Die Frage ist, wie lange hält sich das Thema?": Entertainer und Kolumnist Harald Schmidt (Deutschlandradio/Adalbert Siniawski)
    Harald Schmidt über die Idee von "Labaule und Erben":
    "Schöngeistiger Sohn eines Verlegers erbt einen Verlag, den er nicht haben will, weil: Das war ja so die Zeit, als es hier in Köln auch durch die Presse ging, 'es gibt Zwist im Hause Dumon zwischen dem Vater und Sohn'. Und dann Hubert Burda. Er hat ja auch in zahlreichen Interviews gesagt, dass er am Anfang mit seinem Vater Schwierigkeiten hat und so weiter. Ich bin immer dafür, dass eine Serie in einem Satz zusammengefasst werden muss. Und der Satz 'Schöngeist erbt Verlag, den er nicht haben will', schien mir da eigentlich ganz plausibel."
    Harald Schmidt über Digitalisierung:
    "Ich mache die Beobachtung, dass alle von Digitalisierung reden, aber kaum einer wirklich versteht, was das bedeutet. Ich war vor zwei Tagen in Stuttgart, um dort eine Interviewstrecke zu machen für die Serie, und da hört man den wunderbaren Satz: 'Für uns zählen bloß noch Klicks.' Das heißt, dieser viel belachte Satz der Kanzlerin, 'Internet ist für uns Neuland', es war ein Satz nie so richtig, denn das stelle ich gerade bei Leuten, die in den Medien arbeiten, fest. Sie glauben, die Bevölkerung würde den ganzen Tag an Onlinediensten hängen. Letzten Endes ist es natürlich klar: Die großen Verleger haben das längst erkannt - ob das bei Burda ist, ob das bei Springer ist - die Zeitungen laufen noch mit, aber das Geschäft wird mit irgendwelchen Portalen gemacht – Reiseportale, Wohnungsportale, Tierfutterversand. Die haben umgestellt auf Digitalisierung. Aber der große Irrtum ist, meiner Meinung nach, zu glauben: Wenn ich einen Text, wie ich ihn bisher geschrieben habe, online stelle, dann wäre das Internet. Das wird uns noch - um das Wort jetzt zu bringen - disruptiv werden, dass uns die Weihnachtsglocken klingen."
    Wolfram Labaule (Uwe Ochsenknecht) hat sich gerade in Stifters „Nachsommer“ vertieft, als zwei Polizisten mit einer schlechten Nachricht eintreffen, die auch Bernd (Nils Dörgeloh, hinten re.) nicht kaltlässt.
    Wolfram Labaule (Uwe Ochsenknecht) hat sich gerade in Stifters „Nachsommer“ vertieft, als zwei Polizisten mit einer schlechten Nachricht eintreffen, die auch Bernd (Nils Dörgeloh, hinten re.) nicht kaltlässt. (SWR/Violet Pictures/Maor Waisburd)
    Harald Schmidt über seinen Rückzug aus dem Fernsehen:
    "Es lag hauptsächlich daran, dass ich keinen Vertrag mehr gekriegt habe. Das ist auch in dieser Deutlichkeit nirgends geschrieben worden, obwohl ich es wirklich überall… Wir haben es ja ausgereizt bis zum Gehtnichtmehr. Es war dann aber auch gut für mich nach fast 20 Jahren, also für mich ist dies Format heute, was ich für 'Spiegel Online' mache - Handy vors Gesicht halten, reinreden und ab nach Hamburg - eigentlich das perfekteste überhaupt. Weil ich örtlich ungebunden bin. Also, wenn ich demnächst wieder auf dem Traumschiff bin, das funktioniert auch mitten auf dem Ozean, das ist schon toll. Es lebe WhatsApp!"
    Harald Schmidt über seinen Karriereanfang und Dieter Thomas Heck:
    "Irgendwann dämmerte mir dann: Ich bin Germany's next Dieter Thomas Heck. Ich bin jetzt in dieser Heck-Position, in der er war, als ich angefangen habe. Die aber nun nicht ausgelebt werden kann, weil ich ja nicht mehr im Fernsehen in Shows und so weiter auftrete. Aber Heck war ein absoluter Vollprofi. Und einer der besten Sketche bei 'Schmidteinander' - da war er für mich eigentlich heiliggesprochen -, wir hatten ihn eingeladen und es war abgesprochen: Ich sage ihn an und plötzlich sage ich: 'Ich muss kurz raus aus dem Studio.' Er kommt, setzt sich hin auf die leere Bühne, bleibt ein bis zwei Minuten und geht wieder. Und genau das hat er gemacht - und diese Nummer funktioniert nur, wenn der Gast Top-Promi ist und wenn er wirklich nichts macht. Wenn er nicht anfängt zu spielen -"Was mach' ich hier?", oder "Das ist wohl lustig!" - sondern sich einfach ratlos hinsetzt und dann wieder geht. Und das hat Heck, der zu dieser Zeit einer der ganz große Nummern in der Fernsehunterhaltung war, gespielt. Wirklich mit amerikanischem Format. Und seither, wann immer ich für ihn irgendwo, was weiß ich, einen Blumenkübel überreichen oder irgendwas machen konnte, habe ich das mit tiefster Überzeugung gemacht. Also, er war wirklich war prägend. Es gab die Hitparade, man war dafür oder dagegen, aber die Hitparade war so ein Maßstab."
    Harald Schmidt über Distanz zu Themen und die Schnelllebigkeit des Journalismus:
    "Die Frage ist: Wie lange hält sich das Thema? Wer redet noch von den Gelbwesten? Der deutsche Durchschnittsreporter hat ja mit einem Satz eröffnet: 'Es mag zynisch klingen, aber die Ereignisse von Straßburg haben Macron ein bisschen Luft verschafft.' So wird also eingeleitet. Genauso war es aber natürlich! Die Gelbwesten haben Schwierigkeiten, jetzt überhaupt noch in den Nachrichten vorzukommen. Wo ist der Jemen in der Nachrichten? Wer entscheidet, was ein großes Thema ist? Für mich ist eigentlich die Hauptfrage: Wie lange hält sich ein Thema, und meine Beobachtung ist: Ein sehr, sehr, sehr großes Thema hält sich maximal zwei Tage - dann hat Helene einen Neuen und man atmet auch ein bisschen auf und sagt: 'Gott sei Dank wird's wieder ein bisschen fundamentaler'."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.