Archiv

Serienkritik zu "Die Pest"
Der schwarze Tod in Sevilla

Ein Geschichtsepos im Stil von "Game of Thrones": Sky zeigt die spanische Erfolgsserie "Die Pest" in Deutschland, die mit historischer Authentizität und einem spannenden Plot aufwartet.

Von Julian Ignatowitsch | 19.07.2018
    Eine Szene aus der Serie "Die Pest". Zu sehen ist ein Mann, der schmutzige Kleidung trägt. In seiner rechten Hand hält er einen Brotkorb. Er blickt skeptisch ein Kruzifix an, das ihm entgegengehalten wird.
    Eine Szene aus der Serie "Die Pest" (Sky Deutschland / Julio Vergne)
    Sevilla im 16. Jahrhundert war eine europäische Metropole: Ein Handelszentrum, das Tor zur "neuen Welt", zum Westen, zu Amerika, mit unbegrenzten Möglichkeiten für Geschäftsmänner und Emporkömmlinge und der Chance auf schnellen Reichtum. Manche sprachen vom zweiten Rom, andere vom neuzeitlichen Babylon: Von einer Stadt der Begierde und Sünde, von Huren und Gauklern. Und: der Pest.
    Die Seuche bricht in den Armenvierteln am Rande der Stadt aus: Menschen mit Beulen, mit Fieber und Schüttelfrost liegen halb verfault in ihren Hütten. In dieser Situation kommt der Ketzer Mateo Núñez nach Sevilla, um ein Versprechen einzulösen und den Sohn eines Freundes aus der Stadt zur retten. Mateo wird von der Inquisition festgenommen und entgeht der Todesstrafe nur, weil er sich auf einen Pakt einlässt: Er soll eine Reihe ritueller Morde im Zeichen des Teufels aufklären. Der Ketzer ist plötzlich ein Diener Gottes.
    Historienepos trifft auf Kriminalgeschichte
    Die spanische Erfolgsserie "Die Pest" ("La peste") kombiniert das Genre des Historienepos gekonnt mit einer Kriminalgeschichte. Das funktioniert, weil die Serie sowohl glaubwürdig, authentisch als auch spannend und rätselhaft daherkommt. Immer wieder meinen wir, den Teufel oder Gevatter Tod selbst zu erblicken, wie er seine Opfer, Ermordete und von der Pest Dahingeraffte, nacheinander abholt. Mateo findet Hinweis um Hinweis, Fährte um Fährte und entdeckt dabei auch die Machenschaften der hohen Priester und Stadtfürsten, die zögern, Sevilla unter Quarantäne zu stellen. Denn das wäre geschäftsschädigend. Arm und Reich, das soziale Gefälle zwischen der riesigen Villa seines Bruders und den armen Lumpensammlern in den Slums wird überdeutlich. So greift die Serie verschiedene historische Motive auf und unterfüttert sie mit einem wendungsreichen Plot.
    Dazu sieht die Serie hervorragend aus, was einerseits den visuellen Effekten und Animationen des Studios "Twin Pines" zu verdanken ist. Allein die riesige gotische Kathedrale über der Stadt beeindruckt. Andererseits sind Kamera und Beleuchtung exzellent eingesetzt, wenn manches (im wahrsten Sinne des Wortes) im Dunklen gelassen wird oder in den unscharfen Bereich rutscht. Ein Großteil der Handlung spielt bei Kerzenschein, in dunkeln Gassen oder Hinterhöfen - und nicht umsonst heißt eine gefürchtete Straßenbande "Die Kinder des Lichts."
    Erfolgreicher als Game of Thrones
    Die Serie "Die Pest" kann es also in jeder Hinsicht mit den großen internationalen Serienproduktionen aufnehmen. Auch vom Budget: 10 Millionen Euro für sechs Episoden, dazu 200 Schauspieler, mehr als 2.000 Komparsen und 400 Technikexperten in Staffel eins - das ist alles gar nicht so weit weg vom anfänglichen Produktionsaufwand der Serie "Game of Thornes", mit der "Die Pest" immer wieder vergleichen wird, auch weil die erste Staffel in Spanien zuletzt erfolgreicher war als Game of Thrones. In Optik und Setting sind sich beide Serien durchaus ähnlich. Auch in der düsteren, intriganten Atmosphäre. Beim Plot dagegen weniger: "Die Pest" ist klaustrophobischer, konzentrierter, hat keine Drachen oder Untote und fokussiert sich ganz auf seinen Protagonisten, nämlich den gebrochenen Helden Mateo.
    Also kein Abklatsch, sondern großes Historiendrama.
    Die Serie ist ab dem 19. Juli donnerstags um 20.15 Uhr auf Sky Atlantic HD, Sky Go oder Sky Ticket, wahlweise auf Deutsch oder Spanisch, zu sehen.