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Serienstart
Sitcom nimmt Getto-Kultur aufs Korn

Was haben Ferris MC, Eko Fresh, und Jürgen Drews gemeinsam? Sie spielen alle in der Sitcom "Blockbustaz" mit, die dem Getto-Klischee spielt: Arbeitslosigkeit, Dealerei, der Traum vom Geld mit einer erfolgreichen Rap-Karriere. Nun startet die erste von sechs Folgen auf ZDFneo.

Von Ina Plodroch |
    Eko Fresh, Kölner Musiker und Schauspieler mit seinem Lied zum Thema Integrationsdebatte: "Aber"
    Eko Fresh, Kölner Musiker und Schauspieler (picture-alliance / dpa / Horst Ossinger)
    "Kriegst den Kopf nicht aus dem Getto und das Getto nicht aus dem Kopf. Hier geht’s um's nackte Überleben. Hier ist jeder auf sich alleine gestellt."
    Aber eigentlich halten in der beschaulichen Hochhaussiedlung in Köln-Chorweiler doch alle zusammen. Zumindest in der neuen Getto-Sitcom auf ZDFneo:
    "Sehen sie mich also als einen Hausmeister? Nur weil ich südländisch aussehe, bin ich gleich ihr Sklave, oder was?", fragt Eko Fresh als Sol, der mit 30 Jahren gerade von seiner Mutter vor die Tür gesetzt wurde und den Trottelblick nicht so ganz los wird. "Körperliche Arbeit lenkt mich einfach von meiner Kreativität ab. Die brauche ich doch für die Musik."
    "Er will Rapper werden", weiß seine Freundin Jessica, gespielt vom Youtube-Sternchen Joyce Ilg. Beide wohnen jetzt zusammen im Block, in dem Jessicas Vater gerade den kleinen Bruder Jeremy für ein paar Biere verpfändet hat, während die pubertierende Schwester kifft.
    "Ich will kein Rapper werden, ich bin Rapper. Das ist mein Beruf", sagt Sol, zündet sich den Joint an und träumt von der großen Karriere, während der neue Flachbildfernseher von der Wand kracht. Und dann auch noch das.
    "Ist denen klar, wie lange ich für meine Berufsunfähigkeit gekämpft habe?" Kumpel Hardy, wieder so ein schauspielernder Rapper: Ferris MC, Pizzabäcker im Block, hat Tipps: "Ey, ich kenne einen Typen, der sich von einem Auto hat anfahren lassen. Sechs Monate Intensivstation und da hat er die Berufsunfähigkeit gekriegt. Ist halt nicht jedermanns Sache."
    Sechs Folgen charmante Antihelden-Unterhaltung. Nicht seriell erzählt, sondern mit jeweils einem Thema pro Folge: Familie, Arbeit, Freundschaft, Betrug, Träume.
    "Unsere größte Angst war, dass die Leute sich denken: Oh, da hat das ZDF versucht, jetzt auf den Hip Hop-Zug aufzuspringen", sagt Rafael Parente, Produzent von Blockbustaz. Um authentisch zu wirken, haben sich die Macher Sascha Reimann, also Ferris MC und Eko Fresh als Hauptdarsteller geholt.
    Eko Fresh spielt mehr oder weniger sich selbst
    "Damit konnte ich mich identifizieren, da ich selbst aus der Unterschicht bin." Eko Fresh liebäugelt schon seit seinem ersten Spielfilm im letzten Jahr mit der Schauspielerei. Oder damit, viel Werbung für sich und das kommende Album nächsten Monat zu machen. "Der Sol ist ja basierend auf mir kreiert worden, da steckt schon einiges mit drin. Bei Ferris auch, man nimmt ihm die Rolle ab. Deswegen funktioniert das, obwohl wir keine Schauspieler sind." Die beiden schlagen sich wacker, was neben Moritz Bleibtreu, Andreas Hoppe, Frederick Lau und Kida Khodr Ramadan gar nicht so leicht ist.
    "Ey was bist Du denn für ein Alpha Kevin? Schau Dir mal die Sauerei an."
    Eko Fresh war wohl auch Slang-Berater. Trotzdem klingen manche Dialoge wie aus dem Jugendwörterbuch abgeschrieben. Scheint aber beim Publikum anzukommen. Denn im TVlab von ZDFneo konnten 2014 die Zuschauer zwischen drei Serien wählen und damit entscheiden, welche Serie produziert wird. Gut 13.000 haben mitgemacht.
    Es gab auch die ein oder anderen recht klaren Aussagen - Pro und Contra. Die Hardy-Figur ist spannend, Jessica müssen wir aufpassen, dass die nicht so nervig ist, sondern muss genau so cool sein wie die anderen. Deshalb wurde die Sitcom nicht nur von den Autoren geschrieben, sondern ein ganz kleines bisschen auch von den Zuschauern. Zumindest auf der Facebook-Seite von Blockbustaz, auf der auch der Dreh dokumentiert war, zeigen Fans Vorfreude.
    Vorfreude auf die Antihelden-Serie
    Und Hip Hop-Blogs wie rap.de warten schon auf den Start ihrer Subkultur-Sitcom. Vorbild: Klar, amerikanische Serien wie zum Beispiel Modern Family. "Was wir da toll fanden, war die Kombination aus einerseits Slapstick, andererseits emotionalen Momenten. Wo die Figuren einem nahe gehen. Diese Kombination traut man sich selten. Entweder nur komisch, dann Sketchreihe oder Drama."
    "Ey Leute, ich muss euch mal was sagen, wir sind zusammen aufgewachsen, haben Täler durchquert, wir wissen, wer ist ein wahrer Freund, wer nicht. Und wer ist nur so ein Poser wie du Klaus. Ich frage Euch nur einmal: Du oder ich." – "Sol, was soll die Scheiße, wir wollen nur trainieren und du bringst hier so eine Unruhe rein."
    Die Mischung gelingt in manchen Fällen: Sol ist natürlich nicht nur der faule Trottel. Als sich Jürgen Drews plötzlich als Hardys Vater zu erkennen gibt, begleitet Sol seinen besten Freund zum ersten Aufeinandertreffen. Das Erzähltempo erinnert dabei eher an die vordigitale Ära, eher an Walzer als an rasante Raps. Wenn ein Gag aber wie der über Ex-Fußballprofi Hans Sarpei eine ganze Folge lang durchdekliniert wird, ist Blockbustaz wirklich komisch.
    "Angeblich haben seine Eltern ihn in der Wildnis ausgesetzt. Aber das weiß keiner so genau. Fitnessmäßig hat der einiges drauf. Und er kann Yoga." – "Ich hab nicht mit dir geredet, Mogli." - "Hast du ihn gerade Mogli genannt, wegen seiner Herkunft? Das ist Diskriminierung." – "Nee, ich sag ja nur wegen Dschungel und so. Weißt Du, wo der groß geworden ist?" – "In Ostberlin. Und weißt du was, er macht auch Yoga."
    Nur leider verharren die Figuren im eigenen Klischee und reißen dann auch noch den Duschvorhang samt Waschbecken runter. Aber es kann ja nicht jede Sitcom so subtil sein wie Braunschlag von David Schalko. Und ein bisschen Gegenwind ist wohl ganz im Sinne der Rapper – das sind sie schließlich aus dem Musikgeschäft gewohnt.