Uli Blumenthal: "Mit Genmais gefütterte Ratten sterben früher an Krebs." Das haben wir gestern in der Sendung gemeldet. Seit gestern Nachmittag ist die Studie von online veröffentlicht, Lucian Haas, Fachjournalist und Autor für die Redaktion. Was macht diese Studie so brisant?
Lucian Haas: Gilles-Eric Séralini sagt, es sei die weltweit erste Studie, die wirklich langfristig die Folgen des Verzehrs von pestizidresistentem Genmais NK 603 in Kombination mit dem zugehörigen Pestizid Roundup untersucht. Dafür hat er 200 Ratten in zehn Gruppen eingeteilt und sie zwei Jahre lang mit unterschiedlichen Futterkombinationen ernährt. Das heißt, ihr Futter enthielt verschiedene Anteile an Genmais. Bei drei Gruppen war das Futter zusätzlich mit Roundup belastet. Weitere drei Gruppen erhielten konventionelles Futter, aber ihr Trinkwasser enthielt dabei Spuren des Pestizids. Dabei hat Séralini beobachtet, dass die so ernährten Tiere früher und häufiger Tumore sowie Nieren- und Leberschäden entwickelten, früher als Tiere einer Vergleichsgruppe, die einfach nur mit konventionellem Mais gefüttert wurden. Da dieser Mais NK 603 eine der weltweit gebräuchlichsten Maissorten ist, klingt das, übertragen auf uns Menschen, die den auch verzehren, natürlich besorgniserregend.
Blumenthal: Nun kam sofort Kritik an der Studie, an der Methodik. Wie seriös sind die Arbeiten?
Haas: Auf den ersten Blick wirkt die Studie schon seriös. Immerhin ist sie im anerkannten Fachblatt "Food and Chemical Toxicology" erschienen. Aber wenn man genauer hinschaut, dann zeigen sich da schon so ein paar Ungereimtheiten.
Blumenthal: Welche Probleme sollte man als die wichtigsten identifizieren?
Haas: Zum einen ist da die Auswahl der Tiere. Die verwendeten Ratten in dieser Studie gehören zu einem Stamm, der nennt sich Sprague-Dawley. Von diesem Stamm ist bekannt, dass er von der Natur her im Laufe des Lebens eher Tumore entwickelt als andere Ratten. Im Verhältnis dazu hat Séralini in seiner Studie vergleichsweise wenige dieser Tiere verwendet. Von den 200 Tieren, die er insgesamt hatte, hatte er nur eine kleine Gruppe von 20 Tieren als sogenannte Kontrollgruppe. Das ist im wissenschaftlichen Sinne eigentlich für eine glaubhafte statistische Auswertung zu wenig.
Blumenthal: Aber die mit Genmais gefütterten Ratten hatten doch nun eindeutig mehr Krankheitsfälle und haben Tumore entwickelt. Ist es nicht eindeutig genug?
Haas: Naja, so stellt es Seralini dar. Die Studie ist im Detail aber nicht ganz so eindeutig. Wenn man da rein guckt, dann sieht man: Seralini hat die Ratten je nach Gruppe mit 11, 22 oder 33 Prozent Genmais ernährt und hat dabei noch unterschiedliche Mengen des Pestizids Roundup ins Trinkwasser gemischt. Wenn man jetzt tatsächlich davon ausgeht, dass das eingefügte Gen oder dieses Roundup auf die Tiere wie ein Gift wirkt, dann müsste man eigentlich erwarten, dass bei einer höheren Dosis auch mehr Tiere dann erkranken. Aber das ist gar nicht so. Zum Teil traten zum Beispiel die schlimmsten Effekte bei der Gruppe mit der niedrigsten oder mit der mittleren Dosis auf, und bei der höchsten war das gar nicht so der Fall. Und manche Gruppen der behandelten Tiere standen sogar am Ende besser da als eigentlich diese Kontrollgruppe. Da stellt sich schon die Frage, ob man daraus so offensiv einen gefährlichen Effekt ableiten kann, wie das Séralini hier tut.
Blumenthal: Nun gibt es ja vielfältige Interpretationen und Schlussfolgerungen und Forderungen aus der Politik. Wie soll die Politik mit diesem Test, mit dieser Studie umgehen, welche Beachtung soll sie dieser Studie schenken?
Haas: Viel Beachtung schenken, das wäre vielleicht übertrieben. Beachtung schenken, das wird die Politik der Studie auf jeden Fall. Sie hat schon ein so großes Medienecho hervorgerufen, da kommt man gar nicht mehr zurück. Seralini selber ist auch ein erklärter Gegner von Genfood. Für ihn ist das natürlich eigentlich ein gelungener Coup. Man kann sogar den Eindruck gewinnen, dass das Ganze so ein Teil einer Kampagne ist. Denn in der nächsten Woche wird auch ein Buch Séralinis in Frankreich erscheinen, das heißt "Wir sind alle Versuchskaninchen". Es wird auch eine gleichnamige Fernsehdokumentation zu der Studie geben. Also da ist schon einiges im Schwange, wo man sagen muss, da ist im Umfeld der Studie so ein kleines Geschmäckle dabei.
Blumenthal: Was müsste wissenschaftlich gemacht werden, um die Studie dann noch einmal zu untermauern, um die Studie zu wiederholen? Wie lange würde das dauern und was ist da so die Forderung, die man jetzt stellen müsste?
Haas: Um das Ganze abzusichern und abzuhärten, müsste wirklich diese Studie in voller Länge wiederholt werden und allerdings am besten noch mit mehr Tieren. Politisch ist vielleicht der Ausweg, dass man sagt, vielleicht sollte man aus Sicherheitsgründen einfach grundsätzlich die Zeiten verlängern, wie lange man solche Studien bei der Zulassung von Gentech-Sorten durchführt. Aber das würde natürlich für die Biotech-Branche eine enorme Kostensteigerung bedeuten.
Lucian Haas: Gilles-Eric Séralini sagt, es sei die weltweit erste Studie, die wirklich langfristig die Folgen des Verzehrs von pestizidresistentem Genmais NK 603 in Kombination mit dem zugehörigen Pestizid Roundup untersucht. Dafür hat er 200 Ratten in zehn Gruppen eingeteilt und sie zwei Jahre lang mit unterschiedlichen Futterkombinationen ernährt. Das heißt, ihr Futter enthielt verschiedene Anteile an Genmais. Bei drei Gruppen war das Futter zusätzlich mit Roundup belastet. Weitere drei Gruppen erhielten konventionelles Futter, aber ihr Trinkwasser enthielt dabei Spuren des Pestizids. Dabei hat Séralini beobachtet, dass die so ernährten Tiere früher und häufiger Tumore sowie Nieren- und Leberschäden entwickelten, früher als Tiere einer Vergleichsgruppe, die einfach nur mit konventionellem Mais gefüttert wurden. Da dieser Mais NK 603 eine der weltweit gebräuchlichsten Maissorten ist, klingt das, übertragen auf uns Menschen, die den auch verzehren, natürlich besorgniserregend.
Blumenthal: Nun kam sofort Kritik an der Studie, an der Methodik. Wie seriös sind die Arbeiten?
Haas: Auf den ersten Blick wirkt die Studie schon seriös. Immerhin ist sie im anerkannten Fachblatt "Food and Chemical Toxicology" erschienen. Aber wenn man genauer hinschaut, dann zeigen sich da schon so ein paar Ungereimtheiten.
Blumenthal: Welche Probleme sollte man als die wichtigsten identifizieren?
Haas: Zum einen ist da die Auswahl der Tiere. Die verwendeten Ratten in dieser Studie gehören zu einem Stamm, der nennt sich Sprague-Dawley. Von diesem Stamm ist bekannt, dass er von der Natur her im Laufe des Lebens eher Tumore entwickelt als andere Ratten. Im Verhältnis dazu hat Séralini in seiner Studie vergleichsweise wenige dieser Tiere verwendet. Von den 200 Tieren, die er insgesamt hatte, hatte er nur eine kleine Gruppe von 20 Tieren als sogenannte Kontrollgruppe. Das ist im wissenschaftlichen Sinne eigentlich für eine glaubhafte statistische Auswertung zu wenig.
Blumenthal: Aber die mit Genmais gefütterten Ratten hatten doch nun eindeutig mehr Krankheitsfälle und haben Tumore entwickelt. Ist es nicht eindeutig genug?
Haas: Naja, so stellt es Seralini dar. Die Studie ist im Detail aber nicht ganz so eindeutig. Wenn man da rein guckt, dann sieht man: Seralini hat die Ratten je nach Gruppe mit 11, 22 oder 33 Prozent Genmais ernährt und hat dabei noch unterschiedliche Mengen des Pestizids Roundup ins Trinkwasser gemischt. Wenn man jetzt tatsächlich davon ausgeht, dass das eingefügte Gen oder dieses Roundup auf die Tiere wie ein Gift wirkt, dann müsste man eigentlich erwarten, dass bei einer höheren Dosis auch mehr Tiere dann erkranken. Aber das ist gar nicht so. Zum Teil traten zum Beispiel die schlimmsten Effekte bei der Gruppe mit der niedrigsten oder mit der mittleren Dosis auf, und bei der höchsten war das gar nicht so der Fall. Und manche Gruppen der behandelten Tiere standen sogar am Ende besser da als eigentlich diese Kontrollgruppe. Da stellt sich schon die Frage, ob man daraus so offensiv einen gefährlichen Effekt ableiten kann, wie das Séralini hier tut.
Blumenthal: Nun gibt es ja vielfältige Interpretationen und Schlussfolgerungen und Forderungen aus der Politik. Wie soll die Politik mit diesem Test, mit dieser Studie umgehen, welche Beachtung soll sie dieser Studie schenken?
Haas: Viel Beachtung schenken, das wäre vielleicht übertrieben. Beachtung schenken, das wird die Politik der Studie auf jeden Fall. Sie hat schon ein so großes Medienecho hervorgerufen, da kommt man gar nicht mehr zurück. Seralini selber ist auch ein erklärter Gegner von Genfood. Für ihn ist das natürlich eigentlich ein gelungener Coup. Man kann sogar den Eindruck gewinnen, dass das Ganze so ein Teil einer Kampagne ist. Denn in der nächsten Woche wird auch ein Buch Séralinis in Frankreich erscheinen, das heißt "Wir sind alle Versuchskaninchen". Es wird auch eine gleichnamige Fernsehdokumentation zu der Studie geben. Also da ist schon einiges im Schwange, wo man sagen muss, da ist im Umfeld der Studie so ein kleines Geschmäckle dabei.
Blumenthal: Was müsste wissenschaftlich gemacht werden, um die Studie dann noch einmal zu untermauern, um die Studie zu wiederholen? Wie lange würde das dauern und was ist da so die Forderung, die man jetzt stellen müsste?
Haas: Um das Ganze abzusichern und abzuhärten, müsste wirklich diese Studie in voller Länge wiederholt werden und allerdings am besten noch mit mehr Tieren. Politisch ist vielleicht der Ausweg, dass man sagt, vielleicht sollte man aus Sicherheitsgründen einfach grundsätzlich die Zeiten verlängern, wie lange man solche Studien bei der Zulassung von Gentech-Sorten durchführt. Aber das würde natürlich für die Biotech-Branche eine enorme Kostensteigerung bedeuten.