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Server für Kinderzimmer und Küche

Software. - Vor wenigen Tagen hat Microsoft ein neues Betriebssystem für den Endverbraucher auf den Markt gebracht. Es ist eine abgespeckte Version seiner Server Betriebssystem-Software, die die Rechner zuhause verwaltet.

Von Marcus Schuler |
    Ursprünglich war die neue Betriebssystem-Software gar nicht zum direkten Verkauf gedacht. Die stark im Umfang reduzierte Software sollte eigentlich nur vorinstalliert mit einem neuem PC auf den Markt kommen. Aber offenbar lief die Beta-Phase, die Erprobung der Software mit vielen tausend Test-Benutzern in den vergangenen Monaten so gut, dass man sich bei Microsoft eines anderen besonnen hat und nun die Software auch direkt ohne Hardware anbietet. Preis: rund 130 Euro. Zielgruppe für den Windows Home Server sind die Privathaushalte. Pamela Liebhardt, Produkt-Managerin bei Microsoft Deutschland:

    "Der Trend in den privaten Haushalten geht zum Zweit, zum Dritt-PC. Stellen sie sich eine Familie mit zwei Kindern vor. Da hat der Sohn, da hat die Tochter einen PC, alle wollen Daten speichern, ob jetzt Filme, Videos oder Musikfiles sind. Da bietet der Windows Home Server eine zentrale Speicherkapazität, die sehr einfach zu handeln ist und wo alle Mitglieder beliebig darauf zugreifen können oder auch externe Personen."

    Die Preise für Festplatten sind in den vergangenen Monaten deutlich gefallen. Hat vor einem Jahr eine Festplatte mit 400 GB Kapazität noch rund 130 Euro gekostet, ist sie mittlerweile für etwas mehr als die Hälfte zu bekommen. Der durchschnittliche Preis pro Gigabyte liegt zurzeit bei circa 17 Cent.

    "Und da ist die Festplatte schon das günstigste Medium. Aber dann irgendwie das im Griff zu behalten, wo jetzt welche Daten wann wohin gesichert wurden, ist jetzt fehleranfällig und ein bisschen aufwändig."

    Das sagt Wolf Kuhnert. Er ist eigentlich Informatiker bei einem Münchner IT-Beratungsunternehmen. Er administriert normalerweise Windows Server, die in Unternehmen eingesetzt werden. Testweise hat er sich zuhause den Home Server aufgesetzt. Das Betriebssystem ist sehr leicht zu installieren. Zentrale Schnittstelle ist eine Konsole über die man Benutzer anlegt, gemeinsame Laufwerke und Ordner freigibt und die Sicherungen, die Backups überwacht. Während in professionellen Servern meist so genannte Raids zum Einsatz kommen, deren Festplatten sich fortwährend gegenseitig spiegeln, um Datenverlust zu vermeiden, werden beim Home Server alle eingebauten Festplatten zu einem großen Laufwerk zusammengefasst. Der Benutzer muss lediglich entscheiden, wie wertvoll bestimmte Daten sind. Diese werden dann doppelt abgespeichert. Pamela Liebhardt:

    "Wenn jetzt eine Festplatte abraucht, aus welchen Gründen auch immer, sie geht kaputt, sind die Daten so gespeichert, dass trotzdem alles da ist. Oder der Server erkennt, wenn Daten doppelt gespeichert werden. Es gibt keine redundanten Daten, er weiß genau, diese Bilder habe ich schon. Er speichert sie nur einmal."

    Der eingefleischte Linux-Nutzer dürfte ob dieser Funktionalitäten nur müde lächeln. Linux ist nicht nur frei und kostenlos. Die Möglichkeiten des offenen Betriebssystems sind ungleich größer und mit dem neuen Home Server nur schwer zu vergleichen. Allerdings: Microsoft ist typisch amerikanisch, deshalb pragmatisch und orientiert sich am Markt. Linux zuhause, als Home- oder Familienserver ist auch denkbar und möglich, setzt allerdings deutlich mehr PC-Kenntnisse voraus. Microsoft springt zweifelsohne in eine Marktlücke, die bislang nur selbst gebauten Linux-Systemen oder so genannten NAS, Massenspeichersystemen, meist eine oder mehrere Festplatten, die an ein Netzwerk angeschlossen sind, vorbehalten waren. Offenbar ist es dem häufig als Monopolisten bezeichneten Unternehmen damit gelungen, in der Software-Welt für eine positive Überraschung zu sorgen. Informatiker Kuhnert:

    "In der Wirtschaft würde man sagen: Make or Buy. Kümmere ich mich selbst darum, nehme ich ein paar Wochenenden, baue mir einen PC zusammen und arbeite mich ein, um solch einen Home Server zusammenzubauen und zum Laufen zu bringen. Und da habe ich persönlich auch nicht mehr die große Lust. Da gebe ich lieber 100 Euro aus, kaufe ich mir die Software und da ist das Ding nach einer Stunde erledigt."

    Neben dem Thema automatische Datensicherung beinhaltet der Home Server auch einen eigenen Webserver. Dieser ermöglicht es von unterwegs auf den eigenen Server zu hause zuzugreifen. Auch hier ist die Konfiguration einfach. Das System sagt einem, welche Ports man auf dem heimischen Router freigeben muss, um auf den Server nach Eingabe eines sicheren Passwortes zugreifen zu können. Doch ist der Server auch sicher? Experten sagen, so sicher wie es derzeit geht. Eine absolute Sicherheit gäbe es weder bei Microsoft noch bei Linux-Systemen. Informatiker Kuhnert:

    "Ich weiß, meine Daten, meine Bilder stehen nicht bei Flickr im Internet, sondern stehen bei mir im Keller oder der Terminkalender von der Familie steht beim mir physikalisch im Keller und steht nicht bei irgendeinem Dienst. Das finde ich ein interessantes Konzept. Und ich denke, dass da auch noch einiges kommen wird."

    Add-Ins heißen die von den freien Programmieren selbst entwickelten kleinen Hilfs-Programme. Sie kann man in Foren und Communities kostenlos herunterladen. Mittlerweile gibt es bereits fast zwei Dutzend dieser Programme. Sie sorgen für die fehlende Energierspar-Funktion oder wecken die am Server angeschlossenen Rechner nachts auf, um eine Sicherung des Datenbestandes durchzuführen. Unterm Strich, so muss man Microsoft neidlos zuerkennen, bekommt man mit dem neuen Home Server Betriebssystem ein ausgereiftes und rundes Paket.