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Servicegebühren für Bausparkassen
"Warum sollen denn die Kunden das ausbaden?"

Jetzt, wo die Zinsen niedrig seien, wollten die Bausparkassen aus den vor Jahren geschlossenen Verträgen raus, sagte Verbraucherschützer Niels Nauhauser im DLF. Doch während der Vertragslaufzeit könne man nicht die Spielregeln ändern. "Die Kunden sollten widersprechen", so Nauhauser.

Niels Nauhauser im Gespräch mit Georg Ehring |
    Ein zum Haus gefalteter Zollstock auf einem Holzfußboden.
    Falls Ihre Bausparkassen Ihnen mit Kündigung droht: "Einfach der Bausparkasse antworten und sagen, mit der Einführung dieser Gebühr bin ich nicht einverstanden", rät Verbraucherschützer N. Nauhauser. (Imago / MITO)
    Georg Ehring: Die Bausparkasse Wüstenrot nimmt 15 Euro pro Jahr, die Debeka je nach Vertrag 12 oder 24 Euro und Schwäbisch Hall baut darauf, dass die Kunden 12 Euro pro Jahr bezahlen. Die Landesbausparkasse Bayern verlangt 9,60 Euro, und zwar wie die Konkurrenz auch für Besitzer älterer Bausparverträge, die eigentlich einen Vertrag ohne jährliche Gebühren abgeschlossen haben. Zur Begründung weisen die Unternehmen auf die gestiegenen Kosten und auf die niedrigen Zinsen hin.
    Darf eine Bausparkasse nachträglich die Vertragsgrundlagen ändern? Darüber möchte ich jetzt mit Niels Nauhauser sprechen. Er ist Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Guten Tag, Herr Nauhauser!
    "Die Kunden sollten widersprechen"
    Niels Nauhauser: Guten Tag, Herr Ehring!
    Ehring: Herr Nauhauser, wie ist die Rechtslage?
    Nauhauser: Was die Debeka hier verlangt ist, für die bauspartechnische Verwaltung und Steuerung des Kollektivs sowie die Führung der Zuteilungsmasse möchte man jetzt 12 beziehungsweise 24 Euro jährlich haben. Das hat man bislang nicht gezahlt und da muss sich der Verbraucher die Frage stellen, völlig berechtigt, was für eine konkrete Leistung bietet mir die Bausparkasse hier eigentlich an. Man kann ja nicht während des Spiels die Spielregeln ändern. Bislang hat man für diese Leistungen, was auch immer dahinter stehen mag, nichts bezahlt und jetzt soll man während eines Vertrages plötzlich Geld dafür bezahlen. So einfach geht das nicht. Das ist hier kein Girokonto, das man, sage ich mal, auf Tage- oder Monatsbasis abgeschlossen hat und jederzeit kündigen kann. Das ist ein Bausparvertrag, der ist auf viele Jahre hin abgeschlossen. Da kann man nicht während der Vertragslaufzeit die Spielregeln ändern. Unsere Antwort ist ganz klar: Nein, so geht es nicht! Die Kunden sollten widersprechen.
    "Musterbriefe auf unserer Internetseite"
    Ehring: Wie mache ich das?
    Nauhauser: Einfach der Bausparkasse antworten und sagen, mit der Einführung dieser Gebühr bin ich nicht einverstanden. Wir haben dazu auch Musterbriefe auf unserer Internetseite stehen.
    Ehring: Geht das einfach als normaler Brief, oder sollte man das sicherheitshalber als Einschreiben vielleicht mit Rückschein machen?
    Nauhauser: Normalerweise kommen Briefe ja an, aber man kann auch ganz auf Nummer sicher gehen und per Einschreiben mit Rückschein, oder man macht einen Brief und zusätzlich eine E-Mail oder ein Fax. Dann ist man auf der sicheren Seite.
    Ehring: Sind die Bausparkassen denn so in Not, dass sie zu solchen Vertragsänderungen greifen müssen?
    "Ich sehe nicht, dass eine Bausparkasse größere Verluste schreibt"
    Nauhauser: Das fragen Sie am besten die Bausparkassen. Ich sehe nicht, dass eine Bausparkasse größere Verluste schreibt. Da ist noch jede Menge Eigenkapital da. Und man kann ja auch an anderer Stelle sparen. Man muss sich das Geld ja nicht unbedingt vom Kunden holen. Man kann auch intern zum Beispiel Managergehälter kürzen oder auch Personal effizienter aufstellen. Da hat das Unternehmen viele Möglichkeiten, Einnahmen zu generieren oder Ausgaben zu senken. Warum sollen denn die Kunden das ausbaden, dass die Bausparkassen vor Jahren Verträge abgeschlossen haben, damit vor Jahren viel und gut Geld verdient haben, als die Zinsen noch viel höher waren, und jetzt sind die Zinsen niedrig und jetzt wollen sie aus diesen Verträgen raus, oder holen sich das Geld anderweitig vom Kunden wieder. So einfach darf es nicht sein.
    Ehring: Sind denn diese Vertragsänderungen, wenn der Kunde nicht widerspricht, wirksam?
    Nauhauser: Nein. In den Bedingungen steht drin, dass bestimmte vertragliche Bestandteile geändert werden können und andere vertragliche Bestandteile der Zustimmung des Kunden bedürfen, und in diesem Fall ist es so bei der Debeka, dass der Verbraucher widersprechen kann. Laut den Bedingungen, die wir gesehen haben, hat er sechs Wochen Widerspruchsrecht. In dem Anschreiben der Debeka heißt es, man kann innerhalb von zwei Monaten widersprechen. Unser Tipp ist einfach, so rasch wie möglich widersprechen. Nur weil man dort widerspricht, hat die Debeka noch keinen Grund, den Vertrag hinterher dann zu kündigen.
    "Die Regelsparrate sollte man tatsächlich bezahlen"
    Ehring: Bausparkassen versuchen ja, auch auf andere Weise unliebsame weil aus ihrer Sicht zu hoch verzinste Verträge wieder loszuwerden. Was gibt es da noch für Erfahrungen?
    Nauhauser: Ja, das beobachten wir seit vielen, vielen Jahren. Aktuell haben wir ja am 21. Februar hoffentlich eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Da geht es um die Frage, kann eine Bausparkasse zehn Jahre nach Zuteilung des Bausparvertrages kündigen. Dann haben wir aktuell die Schwäbisch Hall, die ihre Kunden auffordert, die Regelsparrate zukünftig zu bezahlen, und wer das nicht macht, der muss mit einer Kündigung rechnen. Da ist unser Rat, ja, die Regelsparrate sollte man tatsächlich bezahlen, wenn das im Kleingedruckten so notiert ist, was in der Regel der Fall ist. Und dann haben wir aktuell die Aachener Bausparkasse, die Kunden aufgefordert hat, in einen schlechter verzinsten Tarif zu wechseln, das Guthaben rauszuziehen, oder aber mit einer Kündigung gedroht hat und jetzt im Januar auch diese Kündigung wahr gemacht hat, wo die Rechtsgrundlage unseres Erachtens auf sehr, sehr dünnem Eis gebaut ist. Auch hier sollte man widersprechen.
    Abschluss eines Bausparvertrags lohne sich heute nur in Einzelfällen
    Ehring: Noch ganz kurz zum Schluss. Ist denn der Abschluss eines neuen Bausparvertrags für Kunden heute noch attraktiv?
    Nauhauser: Na ja, das ist schon eine Spekulation. Sie bekommen ungefähr 0,1 Prozent Guthabenzinsen, zahlen aber ein bis anderthalb Prozent Abschlussgebühr. Auf Jahre hinweg haben Sie Ihre Anlage schlecht verzinst, negativ verzinst. Das kann ich niemandem empfehlen. Es kann sich aber in Einzelfällen lohnen, kleinere Kredite, ältere Verbraucher, so einen Bausparvertrag abzuschließen, weil man dann in kleinerem Rahmen vielleicht Sanierungen damit finanzieren kann.
    Ehring: Niels Nauhauser war das von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zu Bausparkassen, die jetzt Gebühren für ihre Leistungen nachträglich fordern. Herzlichen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.