Anja Pfeffermann erklärte auf Facebook, sie habe schweren Herzens ihr Amt als Schriftführerin in der Frauen-Union der CDU Mitte niedergelegt. Deren Vorsitzende Sandra Cegla hatte sich nicht hinter Jenna Behrends gestellt, sondern in einer Pressemitteilung ihre Glaubwürdigkeit angezweifelt.
Pfeffermanns Reaktion auf Facebook: "Es schadet uns allen als engagierte Frauen in der Partei und darüber hinaus in der Gesellschaft." In einer solchen Angelegenheit müsse man auf die erhobenen Vorwürfe schauen und nicht in erster Linie die Glaubwürdigkeit einer Kollegin anzweifeln. Ihre Loyalität zum Vorstand habe immensen Schaden genommen, daher der Rücktritt. Außerdem trat mit Katharina Becker ein weiteres Vorstandsmitglied der Frauen-Union Berlin-Mitte zurück, wie dem Deutschlandfunk bestätigt wurde.
Auch die Feministin und Bloggerin Anne Wizorek, Initiatorin der #Aufschrei-Kampagne, nannte es erschreckend, dass die Frauen-Union Behrends nicht unterstütze. Sie sagte im Deutschlandfunk, daran sehe man wie stark verinnerlicht der Sexismus ein Problem sei. Es gehe nicht nur um Männer, die sexistisches Verhalten an den Tag legten, sondern auch um Frauen, die das Verhalten verinnerlichten und es als okay legitimieren.
"Herrenwitze sind nicht nur altmodisch, sondern unakzeptabel"
Der persönlich angegriffene Frank Henkel zeigte sich enttäuscht über Inhalt und Stil des Offenen Briefes von Behrends. Er soll sich aber mittlerweile zu einem Gespräch bereiterklärt haben.
Insgesamt bekam Behrends viel Rückendeckung. CDU-Generalsekretär Peter Tauber begrüßte die Debatte, betonte aber, Sexismus sei nicht nur ein Problem der Politik. Nötig sei eine größere Sensibilität in allen Bereichen der Gesellschaft.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ließ mitteilen, es sei mutig, wenn Frauen Sexismus offen ansprächen. Nur so werde das Bewusstsein dafür geschaffen, dass sogenannte "Herrenwitze" nicht nur altmodisch, sondern auch völlig unakzeptabel seien.
Die Vize-Chefin der Union im Bundestag, Nadine Schön, forderte im Deutschlandfunk eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Sie sagte, Sexismus dürfe nicht nur innerhalb der Politik diskutiert werden. Berichte über ähnliche Erfahrungen wie die von Behrends kenne sie auch aus der Wirtschaft oder aus Vereinen. Ein strukturelles sexistisches Klima innerhalb von Parteien habe sie dagegen nicht festgestellt.
Kai Wegner, Generalsekretär des Berliner CDU-Landesverbandes, sagte, er nehme die Anschuldigungen ernst. Er will sich gezielt mit Frauen in der Partei darüber austauschen.
Für Monika Grütters, CDU-Kulturstaatsministerin in Berlin, hat Sexismus in einer modernen Großstadtpartei keinen Platz. Sie könnte im Frühjahr Henkels Nachfolgerin werden. Dadurch würde die Berliner CDU endlich weiblicher, denn bis jetzt sind von den frisch gewählten Abgeordneten nur vier von 31 Frauen.
"Frauen haben disziplinierende Wirkung auf Männer"
Auch Politiker von den Grünen und den Linken äußerten sich zu dem Thema. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, Politik sei über Jahrhunderte eine von Männern dominierte Veranstaltung gewesen, noch heute seien die Machtzirkel in vielen Parteien von Männern dominiert.
Wenn in einem Gremium 50 Prozent Frauen säßen, sei die Art der Unterhaltung zwangsläufig eine andere. Frauen in Gremien hätten eine "sehr disziplinierende Wirkung auf Männer". Das sollten alle Parteien beherzigen. Sexuelle Anspielungen oder die Verniedlichung von Frauen dürfe es nicht geben.
Und Linke-Chef Bernd Riexinger sagte, seine Partei habe eine Quotierung und einen starken feministischen Flügel, der die Sensibilität fördere. Er habe große Zweifel, dass die CDU ernsthaft eine Debatte über Sexismus in den eigenen Reihen führen werde.
Es ist nicht die erste Debatte über Sexismus in der Politik: Vor drei Jahren hatte eine Journalistin dem FDP-Politiker Rainer Brüderle ähnliche Vorwürfe gemacht.
(ane/fwa)