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Sexismus-Vorwürfe
Japanische Parlamentarierinnen protestieren gegen Olympia-Chef Mori

Mit abfälligen Äußerungen über Frauen hat Yoshiro Mori, Organisationschef der Olympischen Spiele in Tokio, vergangene Woche einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Nun wächst der politische Druck auf ihn. Parlamentarierinnen setzen in Tokio ein Zeichen. Und auch das IOC übt Kritik.

Von Kathrin Erdmann |
News Bilder des Tages Protest against sexist remarks by Olympic organizing boss Female opposition lawmakers wear white jackets with white roses in Tokyo on Feb. 9, 2021, as a protest against sexist remarks by Yoshiro Mori, head of the Tokyo Olympic organizing committee. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY
Protestnote: In weißen Jackets und mit einer Rose am Revers sind Oppositionspolitikerinnen gestern im Parlament erschienen. (IMAGO / Kyodo News)
In weißen Jackets und mit einer Rose am Revers sind Oppositionspolitikerinnen gestern im Parlament erschienen. Eine Anlehnung an die Suffragetten, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Großbritannien und den USA für mehr Gleichberechtigung gekämpft haben. Auch ihre männlichen Kollegen hatten weiße Rosen als Zeichen der Solidarität mitgebracht. Die frauenfeindlichen Äußerungen vom Präsidenten des Tokyo2020 Organisationskomitees, Yoshiro Mori, wollen sie nicht auf sich sitzen lassen. Japans Olympiaministerin Seiko Hashimoto – nicht in weiß, musste Stellung beziehen:
"Rund 390 Freiwillige haben wegen der Äußerungen Moris ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen abgesagt. Sie wollen nicht mehr dabei sein. Ich denke, dass ist eine ernste Angelegenheit."

"Jedes Mal, wenn Mori etwas sagt, wird es noch schlimmer"

Allerdings nicht so ernst, dass die Liberaldemokratin seinen Rücktritt fordern würde. Und wie es eines der Schwergewichte der Partei sagte: Die Sache werde sich schon wieder beruhigen.
Da ist sich Daichi Oyama nicht so sicher. Der 27-jährige Finanzangestellte ist einer der Freiwilligen, die ihr Engagement zurückgezogen haben:
"Jedes Mal, wenn Mori etwas sagt, wird es noch schlimmer, er sollte zurücktreten. Wenn Olympia wirklich stattfinden soll, dann sollten sie eine Person einsetzen, die besser reden kann."
Was viele verärgert. Der 83-jährige Präsident des Organisationskomitees hatte sich eher lapidar für seine Äußerungen, Frauen würden Sitzungen nur unnötig in die Länge ziehen, entschuldigt. Oder es sogar noch schlimmer gemacht, in dem er zugab, dass er schon lange nicht mehr mit Frauen geredet habe.

Japanische Harmonie verpufft

Der Ex-Freiwillige Oyama wünscht sich generell mehr Respekt für das Engagement der Helfenden:
"Freiwillige sind keine Teilzeitkräfte. Sie wollen teilhaben, helfen. Und deshalb haben rund 80.000 Menschen ihre Hand gehoben und gesagt, sie wollen als Freiwillige helfen. Das ist nicht nur irgendeine Hilfe, das Management kann das nicht einfach abtun. Ich lehne das ab, deshalb habe ich abgesagt."
Erzählt er online einem Reutersreporter. Die zuständige Olympiaministerin Hashimoto bemühte sich indes um Schadensbegrenzung:
"Wir müssen uns anstrengen, Vertrauen zurück zu gewinnen. Und durch die Spiele die Nachricht von Vielfalt und Harmonie vermitteln."

Diese in Japan so wichtige Harmonie ist derzeit allerdings in Schieflage. Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt nicht nur weiter die Spiele ab, sondern findet auch, dass Mori abtreten sollte.
Interessant: Selbst das Internationale Olympische Komitee hat offenbar gemerkt, dass da etwas nicht rund läuft. Während man die Affäre Mori mit dessen Entschuldigung erst als erledigt ansah, heißt es nun: Seine Äußerungen waren sehr unangemessen.