Seit 2010 wird breit über Missbrauchsfälle in katholischer und evangelischer Kirche berichtet. Die katholische Bischofskonferenz hat mit dem Misbrauchsbeauftragten der Bundesregierung Johannes Wilhelm Rörig vereinbart, dass sie aufarbeitet, was Kindern und Jugendlichen in ihren Einrichtungen angetan wurde. In einigen Bistümern wurden Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenbeiräte eingerichtet. Allerdings sind die Probleme unübersehbar: Betroffenenbeiräte sind gespalten oder lassen ihre Arbeit ruhen, es gibt Streit um Missbrauchs-Gutachten, wie etwa in Köln. Eine Petition an den Deutschen Bundestag verlangt eine Wahrheitskommission nach irischem Vorbild.
In Irland und Australien wurde die Aufarbeitung nicht den Kirchen selbst überlassen, sondern durch unabhängige Kommissionen geleistet. Warum gelingt das in Deutschland nicht? Der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lars Castellucci sagt dazu im DLF-Interview: "Für eine Wahrheitskommission bräuchten wir in Deutschland einen unglaublichen Anlauf. Das müsste eine völlig neue Einrichtung sein, mit ganz eigenen Befugnissen, auch was das Recht angeht, Akten zu erlangen, Untersuchungen vorzunehmen, eigene Zeugen zu hören und so weiter. Wir haben so etwas in unserer Rechtsordnung nicht - und es wäre eine jahrelange Aufgabe, eine solche Kommission aus dem Nichts zu schaffen."
Das bisherige Aufarbeitungsverfahren habe eine Chance verdient, müsse jedoch nachgebessert werden, sagte Castellucci im DLF. Er wünscht sich Kontrollrechte für den Bundestag, ein Stärkung der bisherigen Aufarbeitungs-Institutionen und eine unabhängige Betroffenenarbeit. Der SPD-Politiker warnt davor, mit dem Finger nur auf die Kirchen zu zeigen: "Wir haben es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun. Das sind etwa 35, 40 Fälle jeden Tag. ... Unsere Anstrengungen müssen natürlich in allererster Linie jetzt darauf gerichtet sein, nicht nur die Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern vor allem dann damit auch die Kräfte freizubekommen, wirklich nachdrücklich in allen gesellschaftlichen Bereichen dafür zu sorgen, dass man das mit so viel Nachdruck bearbeitet, wie es nur möglich ist."
Die Betroffenen bittet er um Geduld. Sie sollten nicht lockerlassen und immer wieder dafür sorgen, "dass ihre Anliegen in der Politik vorne dran sind."
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Das Interview im Wortlaut:
Christiane Florin: Herr Castellucci, warum fasst die Politik, konkret der Bundestag, die Kirchen in Deutschland mit Samthandschuhen an, wenn es um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt geht?
Lars Castellucci: Sexualisierte Gewalt ist ein Riesenthema in unserer Gesellschaft - das betrifft nicht nur die Kirchen. Wir haben jeden Tag viel Gutes in unserem Land, weil sich Menschen innerhalb der Kirchen engagieren. Es gibt ein bisschen eine Zögerlichkeit, in eine Richtung mit dem Finger zu zeigen, denn wir müssen das Thema in seiner ganzen Breite in den Blick nehmen.
Florin: Diese Perspektive führt häufig dazu, dass gar nicht erst angefangen wird. Dass es es viel Gutes gibt in den Kirchen, ist sicher unbestritten. Das kann nur nicht dazu führen, dass man nicht genau hinschaut seitens des Bundestages.
Castellucci: Man muss genau hinschauen. Wir sind da auch in Gesprächen. Ich glaube auch, dass wir noch mal weiterkommen müssen, was die politische Begleitung angeht. Aber gleichzeitig kann man schon darauf verweisen, dass in jeder Wahlperiode der Gesetzgeber handelt. Also es gibt immer wieder Gesetzesverschärfungen. Es gibt immer wieder neu aufkommende Tatbereiche, die in den Blick genommen werden, insbesondere der ganze Bereich, der im Netz stattfindet. Es sind bei den Entschädigungen Verbesserungen erreicht worden. Es sind auch Institutionen geschaffen und gestärkt worden. Beispielsweise in der jetzt zu Ende gehenden Wahlperiode ist das Amt des unabhängigen Beauftragten zur Bekämpfung des Missbrauchs entfristet worden. Das heißt, er kann auf Dauer arbeiten.
Also es wird etwas getan. Und dann, wenn Sie mich jetzt als nächstes fragen, ob es ausreichend ist, was getan wird: Es wird meistens nicht ausreichend etwas getan, man muss eben weiterarbeiten. Die entscheidende Frage ist, was jetzt passieren muss.
"Ich nehme das als Weckruf"
Florin: Der unabhängige Beauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sagte in einer Sendung von Deutschlandfunk Kultur vor einigen Wochen:
"Ich bin in neun Jahren nicht einmal von einer Fraktion im Deutschen Bundestag eingeladen worden. Wenn ich im Deutschen Bundestag unterwegs war, kam ich mir vor wie so ein Handlungsreisender, der irgendjemanden eine Bereicherung aufdrücken will. Also das große Interesse der Politik - eine Prioritätensetzung für unser Themenfeld - ist noch nicht gegeben. Und da muss sich Grundlegendes ändern." (Wortwechsel: Im Strudel der Skandale: Christliche Kirchen am "toten Punkt"? DLF Kultur, 11. Juni 2021)
Florin: Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Castellucci: Das muss man ernst nehmen. Herr Rörig hat das Amt von Christine Bergmann übernommen, die die erste war 2011. Ich glaube, er hat viel erreicht, und da spricht natürlich auch Frust aus diesen Äußerungen. Es ist nicht so, dass da jetzt gar nichts passieren würde oder man das nicht ernst nehmen, ich habe bereits auf die gesetzlichen Veränderungen hingewiesen. Ich will ihm da seine Interpretation da gar nicht nehmen, sondern ich nehme das als einen Weckruf, dass wir das Thema ernster nehmen müssen, da auch als Parlament stärker tätig werden müssen. Der zentrale Vorschlag, den er macht, nämlich, dass sein Amt nicht nur entfristet werden muss, sondern eben auch eine gesetzliche Grundlage braucht - das ist ein richtiger Vorschlag.
Damit würde beispielsweise einhergehen, dass wir festlegen könnten in diesem Gesetz, dass dieser Beauftragte auch in einem jährlichen - oder in irgendeinem Turnus - einen Bericht an den Bundestag zu verfassen hat. Dieser Bericht müsste auch im Bundestag vorgestellt werden. Dann gäbe es im Parlament automatisch Kolleginnen und Kollegen, die dafür auch Berichterstattungen übernehmen müssen. Dann würde das in Ausschüsse verwiesen werden. Und es könnte eben auch zu öffentlichen Debatten im Parlament kommen: Wo stehen wir? Was muss weiter getan werden? Das wäre nicht zuletzt auch dafür wichtig, dass wir das Thema insgesamt in der Gesellschaft stärker ins Bewusstsein und auch aus dieser Tabuzone herausnehmen, in der es leider feststeckt.
"Sich selber aufzuarbeiten wird nicht gelingen"
Florin: Herr Rörig hat mit der Deutschen Bischofskonferenz, also mit der katholischen Seite, eine Vereinbarung geschlossen. Da geht es um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Inzwischen sind in einigen Bistümern Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenbeiräte eingerichtet worden. Wenn man zum Beispiel nach Köln schaut: Da ist der Betroffenenbeirat gespalten. Wenn man nach Berlin schaut, da hat in der vergangenen Woche die Aufarbeitungskommission erklärt, sie könne auf der Basis dieses Gutachtens, das der Bischof in Auftrag gegeben hatte, nicht mehr weiterarbeiten. Sie lässt ihre Arbeit ruhen. Auf evangelischer Seite ist der Betroffenenbeirat nicht mehr arbeitsfähig. Da kann man einerseits sagen: Gut, dass es so etwas überhaupt gibt. Aber andererseits sind doch die Probleme jetzt schon erkennbar.
Castellucci: Ja, der Bundespräsident, der heute den Nationalen Rat empfängt, hat selber auch auf dem Kirchentag von einem quälenden Prozess gesprochen. Natürlich ist die Frage, ob man erwarten kann, dass es einfach wird - bestimmt nicht bei alldem, was passiert ist, auch bei alldem, was wir noch gar nicht wissen, was alles passiert ist. Die Frage ist, welche Konsequenzen man daraus zieht.
Ich glaube, dass man die Transparenz stärken muss. Die Kirchen müssen ihre Aufgaben in diesem Bereich nachdrücklich und transparent selber vorantreiben. Aber wahrscheinlich braucht es doch eine unabhängige Einrichtung, die noch mal draufschaut, denn ohne die Kirchen und ohne die Institutionen generell, die betroffen sind, kann keine Aufarbeitung stattfinden. Man muss ja auch lernen aus der Vergangenheit und dann die Konsequenzen für die Zukunft ziehen können. Das kann man nur selber tun.
Aber sich selber aufzuklären, sich selber aufzuarbeiten, wird in keinem Bereich gelingen. Ich glaube, dafür braucht man auch noch mal eine unabhängige Struktur, die dabei tätig wird. Ich denke da an die Aufarbeitungskommission, die wir auf Bundesebene bereits haben. Die arbeitet allerdings derzeit ehrenamtlich mit einer kleineren Struktur im Hintergrund. Und die müsste natürlich entsprechend auch mit Ressourcen ausgestattet werden, um diese Aufarbeitungsprozesse in den Kirchen, aber auch in den anderen gesellschaftlichen Bereichen wirklich auch begleiten zu können.
Die Selbstorganisation der Betroffenen stärken
Florin: Wie unabhängig ist ein Verfahren, in dem die Bischöfe, so wie es jetzt ist, die Mitglieder der Betroffenenbeiräte berufen?
Castellucci: Ich glaube, dass die Vereinbarungen, die der unabhängige Beauftragte erreicht hat mit den Kirchen, in denen Betroffenenbeteiligung festgelegt wird, erst mal ein ganz wichtiger Zwischenschritt ist. Denn ohne Betroffene zu beteiligen, kann das nicht funktionieren. Das ist überall in der Politik so: Betroffene zu Beteiligten zu machen, das ist wichtig und richtig.
Dabei kommt es aber dann auch darauf an, wie diese Beteiligung stattfindet. Wenn man das schlecht macht, dann macht man im Zweifel mehr kaputt als wenn man es gar nicht macht. Deswegen kommt es für mich insbesondere darauf an, dass das Ziel und die Reichweite – also: Kann ich da mitbestimmen? - für alle Beteiligten geklärt wird. Vor allem, und das ist der Punkt, auf den Sie verweisen, muss die Augenhöhe gewährt sein. Und das erreicht man, glaube ich, jetzt auch nicht einseitig innerhalb der kirchlichen Gremien, die eingerichtet worden sind, sondern indem man die Selbstorganisation der Betroffenen insgesamt stärkt. Also sie brauchen selber einen guten Stand. Und sie sollten dann eigentlich auch entsenden in diese Gremien, die eingerichtet werden.
Dann würde ich mir wünschen mit einer gestärkten Selbstorganisation der Betroffenen, dass man auch diese Repräsentativität von Betroffenen in den entsprechenden Gremien stärken kann. Aber das geht nicht einseitig, wenn wir nur auf den Bereich der Kirchen schauen. Man muss eigentlich daneben die Betroffenen selber sehen und schauen, dass man ihnen beim Aufbau von Strukturen hilft. Das heißt am Ende: finanzieren.
Eine Gedenkstunte im Parlament für die Opfer
Florin: Das heißt aber, das Verfahren, so wie es jetzt ist, wenn Sie es zu entscheiden hätten, dann würden Sie das verändern?
Castellucci: Also, Frau Florin: Meine Skepsis ist, glaube ich, durchgekommen. Das Verfahren, das jetzt mal so entschieden worden ist, hat es jetzt auch verdient, mal anzulaufen. Man lernt dann aus den Erfahrungen und kann Schlüsse ziehen. Meine Aufgabe ist zur Zeit nicht, Kirchen zu beraten oder öffentlich Ratschläge zu erteilen. Wenn ich mit denen im Hintergrund spreche, und das findet dauernd statt, dann reden wir natürlich darüber. Aber ich versuche, es überall so zu halten, mit den Menschen, die es betrifft, Dinge zu klären und das dann nicht über die Medien oder das Radio zu machen. Ich bin ja Politiker, ich muss…
Florin: Wir sind nun mal jetzt im Radio in einem Interview.
Castellucci: Ja, klar. Und dann kann ich aber auch entscheiden, was ich jetzt sagen will und wo ich sage: Das gehört jetzt möglicherweise in einen anderen Rahmen. Meine Aufgabe ist Politik, und ich muss schauen, was unsere Rolle ist als Parlament. Und die ist immer, den gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu erkennen. Ich glaube auch, dass wir eine Vorbildfunktion haben, was die Aufgabe betrifft, den nötigen gesellschaftlichen Dialog anzuschieben.
Ich denke auch, dass es einen öffentlichen Akt geben müsste, vielleicht etwas wie eine Gedenkstunde im Parlament, dass man das Thema wirklich in die Öffentlichkeit bringt. Und dass wir das politisch sehr viel enger begleiten als das uns in der Vergangenheit gelungen ist, indem wir die Institutionen, den Rat, die Aufarbeitungskommission und auch den unabhängigen Beauftragten stärken.
"Wahrheitskommission bräuchte unglaublichen Anlauf“
Florin: Im katholischen Irland gab es eine Wahrheitskommission, die umfassend jahrelang untersucht hat, was Schreckliches geschehen ist zum Beispiel in katholischen Heimen und die ausführliche Berichte vorgelegt hat. Etwas Ähnliches gab es in Australien. In Deutschland wurde eine solche Wahrheitskommission schon 2010 diskutiert. Es gibt auch eine aktuelle Petition, die das fordert. Aber es gibt keine Initiative aus dem Bundestag für eine grundsätzlich andere Aufarbeitung, weder aus den Reihen der der C-Parteien, aber auch nicht von dezidiert laizistischen Abgeordneten. Wieso ist das so?
Castellucci: Für eine Wahrheitskommission bräuchten wir in Deutschland einen unglaublichen Anlauf. Das müsste eine völlig neue Einrichtung sein, mit ganz eigenen Befugnissen, auch was das Recht angeht, Akten zu erlangen, Untersuchungen vorzunehmen, eigene Zeugen zu hören und so weiter. Wir haben so etwas in unserer Rechtsordnung nicht - und es wäre eine jahrelange Aufgabe, eine solche Kommission aus dem Nichts zu schaffen. Und da ist jetzt mein Ansatz, lieber Schritte zu gehen, die unmittelbar und etwas verbessern können und Wirkung entfalten können, und im Prozess zu sehen, was dann auch die nächsten Schritte sind. Und das ist für mich tatsächlich jetzt eine parlamentarische Begleitung der Arbeit der Kommissionen, die wir haben einzuführen und damit auch die Rechenschaftspflicht von allen Beteiligten und auch gegenüber der Öffentlichkeit stärken.
Florin: Sie riskieren damit, dass Missbrauchsbetroffene sagen - aber auch andere, die sich für das Thema interessieren und auch engagieren -, dass die sagen: Die Politik lässt die Opfer allein.
Castellucci: Ja. Wenn ich Ihnen meine eigene Motivation schildere, warum ich überhaupt selber tätig geworden bin, dann ist es diese Ohnmacht der Betroffenen, die ich in Gesprächen spüre. Und das ist etwas, was mich sehr, sehr unruhig macht, wenn Menschen das Gefühl haben, sie rennen gegen Wände und haben keinen, der an ihrer Seite steht. Da ist Unrecht geschehen und niemand handelt.
Wir haben natürlich die Schwierigkeit, dass das meiste, was passiert ist, so weit in der Vergangenheit liegt, dass es juristisch nicht mehr aufgeklärt werden kann. Ich kann da bei den Betroffenen nur bitten, dass sie auch sehen, was wir machen. Und dass sie auch immer wieder dafür sorgen, dass ihre Anliegen in der Politik vorne dran sind. Das gibt uns auch den nötigen Rückenwind, dass wir da auch nicht nachlassen, denn ihre Anliegen sind natürlich von hoher Berechtigung.
"Jetzt merken wir, wo die Konstruktionsfehler sind"
Florin: Das ist ja aber auch wieder wie am Anfang des Gesprächs. Warum war in Irland, wo die Verbindung zwischen Kirche, katholischer Kirche und Staat viel enger ist als in Deutschland? Warum war da etwas möglich, und zwar schon vor über zehn Jahren, was hier in Deutschland unmöglich scheint? Eben eine unabhängige Aufarbeitung und eine Aufarbeitung, die viele Hinsichten berücksichtigt, also strafrechtlich, ideologiekritisch, historisch, psychologisch?
Castellucci: Ja, das kann ich Ihnen nicht beantworten. Das Rechtssystem in angelsächsischen Ländern ist ein anderes als bei uns. Bei uns ist die ganze Thematik nach 2010, nach den Vorfällen insbesondere am Canisius-Kolleg stark ins Rollen gekommen. Es ist dann eben auch der Runde Tisch eingesetzt worden. Es sind die Institutionen aufgebaut worden, und es ist ein Vertrauen aufgebaut worden in die handelnden Akteure dann, dass wir die Dinge machen.
Jetzt merken wir natürlich im Prozess, wo die Schwierigkeiten sind, wo möglicherweise auch Konstruktionsfehler sind. Sie haben auf die Beteiligung der Betroffenen auch zu Recht hingewiesen, wie die stattfindet und ob die so überhaupt gelingen kann. Und das ist eben jetzt unser Weg. Ich glaube, dass wir da jetzt noch nicht einen Schlussstrich ziehen können und sagen können: Das war so oder so, sondern dass wir jetzt noch mal einen neuen Anlauf brauchen, um hoffentlich in ein paar Jahren eine Bilanz zu haben, die etwas mehr zufriedenstellend ist, als das heute der Fall ist.
Aber entscheidend ist: Wir haben es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun. Das sind etwa 35, 40 Fälle jeden Tag. Da sind die Fälle von Kinderpornografie und allem, was im Netz tobt, noch gar nicht mitberücksichtigt. Und unsere Anstrengungen müssen natürlich in allererster Linie jetzt darauf gerichtet sein, nicht nur die Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern vor allem dann damit auch die Kräfte freizubekommen, wirklich nachdrücklich in allen gesellschaftlichen Bereichen dafür zu sorgen, dass man das mit so viel Nachdruck bearbeitet, wie es nur möglich ist.
Florin: Das heißt, die Kirchen können sich jetzt zurücklehnen und können sagen: „Okay, weiter so im Großen und Ganzen.“
Die Legislaturperiode ist zu Ende. Wovon hängt es denn ab, ob überhaupt etwas geschieht in der nächsten Legislaturperiode?
Castellucci: Das hängt immer auch von handelnden Personen ab. Also einmal: Was ist gesetzlich gefasst? Und kümmern sich diejenigen, die gewählt werden, um diese Themen? Aber ich will zu Ihrem Zwischenkommentar sagen: Wir haben in diesem Land Religionsfreiheit, das ist ein hohes Gut. Es ist kein rechtsfreier Raum. Hier gibt es keinen Staat im Staat, sondern die Regeln, die wir haben, gelten für alle. Das sollte schon unmissverständlich klar sein, es ist mir deshalb ein Anliegen, das hier zu sagen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.