Nach sieben Prozesstagen sprach Richterin Rosemarie Aquilina das Urteil - und wählte deutliche Worte: "Ich habe gerade Ihr Todesurteil unterzeichnet. Sie sind eine Bedrohung - nach wie vor."
Das Strafmaß von bis zu 175 Jahren Gefängnis - für Nassars Opfer offensichtlich eine Genugtuung. Im Gerichtssaal fielen sie sich in die Arme. Fast 160 Betroffene, darunter auch Eltern, hatten vor Gericht in teilweise bewegenden Statements ihre Geschichten erzählt. Auch Olympiasiegerinnen oder WM-Medaillengewinnerinnen aus dem US-Turn-Team. Sie berichteten von Untersuchungen, bei denen der Arzt mit den Fingern in seine jungen Patientinnen eingedrungen war.
Jahrelang nichts vom Missbrauch bemerkt
Als letzte Betroffene sprach Rachel Denhollander. Sie hatte den Missbrauch durch Nassar im Sommer 2016 als erste öffentlich gemacht: "Als ich 15 war, hat Larry mich sexuell missbraucht und es als medizinische Behandlung bezeichnet und das, als meine Mutter im Raum war."
Viele Eltern waren bei den Behandlungen dabei und hatten nichts von dem sexuellen Missbrauch gemerkt. Nassar wandte sich in einem kurzen Statement an seine Opfer: "Die Geschichten in den vergangenen sieben Tagen haben mich tief erschüttert. Es gibt keine Worte dafür, wie leid mir das tut."
Über Jahrzehnte hinweg hatte der Arzt junge Turnerinnen missbraucht. Bereits vor 20 Jahren hatten sich Sportlerinnen an Verantwortliche gewandt, aber kein Gehör gefunden. Als Konsequenz daraus war am Montag die Spitze des US-Turnverbandes zurückgetreten. Der 54jährige Nassar sitzt bereits im Gefängnis. Ende 2017 war er wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften zu 60 Jahren Haft verurteilt worden.