Wer zum Leila am Teutoburger Platz will, muss ins Untergeschoss. Vorbei an den goldenen und silbernen Buchstaben rechts neben der Eingangstür. Senkrecht angebracht auf einem Holzbrett. Leila. Links von der Tür ein voller Kleiderständer. Hosen, Blusen, T-Shirts. Ein Schild verkündet: zu verschenken.
Drinnen schweift der Blick durch einen gedrängten Raum, mit einem Tresen und Sitzgelegenheiten rechts, Kleidung auf einer langen Stange und einer Teeküche links. Mittendrin: Silke Kolwitz, die gerade eine Kiste auspackt.
"Willkommen im Leihladen. Hier bist du im ersten Raum. Hier ist der Umonstladen und Chillarea-Bereich, du siehst die bequemen Sofas."
Die blonde Frau hat ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, trägt eine lila Windjacke und einen gelben Schal mit Zebras drauf. Immer mittwochs arbeitet sie hier im Leihladen. Ehrenamtlich. Alles in diesem ersten Raum ist zu verschenken. Auch ein Teilbereich des Ladens, den es seit 2010 gibt. Um zum eigentlichen Herzstück des Ladens zu kommen, dem Teil, der auch den Namen erklärt, muss der Besucher noch etwas weiter zwischen die Regale vordringen:
Von der Brotbackmaschine zum Kinderwagen
"Das ist hier der Leihbereich. Du siehst hier zum Beispiel eine Brotbackmaschine, riesige Kochtöpfe, die keiner bei sich aufbewahren will, das hier ist eine Kornmühle, so ein richtiges Holzökoding. Und Kinderwagen haben wir auch; extrem viel Kinderequipment, weil man das ja wirklich nur mal in einer Phase seines Lebens braucht. Und da haben die Leute auch schöne wertige Sachen mitgebracht. Dieses geile Holzschaukelpferd zum Beispiel."
Wer sich beim Leila etwas ausleihen möchte, muss Mitglied werden – und selbst mindestens einen Gegenstand zum Verleihen hergeben. Leihen kann er dafür nicht nur Spiele, Koffer, Räder und einen Bollerwagen, sondern auch Werkzeug.
"Was sehr gut geht ist Akkuschreiber und Bohrmaschine, das wird sehr viel gefragt."
Beides Gegenstände, die der normale Heimwerker nicht besonders häufig braucht. Deshalb sind sie auch ideale Beispiele für die Idee, die nicht nur hinter dem Leihladen steht, sondern hinter dem gesamten Konzept der "Sharing Economy" steckt. Der Wirtschaft des Teilens. Warum sollte man etwas kaufen und horten, was man nur selten – vielleicht sogar nur einmal braucht. Warum dann nicht einfach kostenlos leihen – gerne auch gegen eine kleine Spende. Denn davon zahlt Ladengründer Nikolai mit seinem Verein auch die Miete.
Almuth Draht hat etwas gefunden, was sie interessiert.
"Ich weiß nicht, ob ich die jetzt ausleihen könnte..."
"Na klar, dafür ist sie da."
"Das wär toll, dafür komme ich extra rein."
"Na klar, dafür ist sie da."
"Das wär toll, dafür komme ich extra rein."
Verliehenes darf auch kaputt gehen
Sie wiegt den Kopf, auf dem sie immer noch ihren Fahrradhelm festgeschnallt hat.
"Ich bin schon lange Mitglied, ich habe mir schon mal ein Puzzle ausgeliehen, ein tolles Puzzle, ein Weltpuzzle, eine runde Welt, ein Globus, wollte ich immer schon mal machen. Ecuador fehlte leider."
Ein Problem. Sagt auch Silke, wer etwas verleiht, der muss damit rechnen, dass etwas kaputtgeht. Deshalb kooperiert der Leihladen mit anderen Projekten. Manche der freiwilligen Helfer sind auch selbst handwerklich begabt – und organisieren Ersatzteile.
Auch Platz für Essensretter
Nico öffnet den orange und rot bemalten Kühlschrank.
"Hier sehen wir ein bisschen Petersilie in einer kleinen Tüte, gerettet, noch übrig ist Limette und rote Beete."
Ansonsten ist der Kühlschrank leer. Wir er aber nicht lange bleiben, ist sich der junge, blonde Mann mit Nasenring sicher. Bald werden die Foodsharer und Foodsaver kommen und auch diesen Kühlschrank wieder füllen. Mit Lebensmitteln, die sie entweder selbst übrig haben oder vor dem Müll gerettet haben. Viele Läden in Berlin überlassen den Essenrettern mittlerweile, was sie sonst abends in die Tonne werfen würden. Bundesweit sind es 1.800.
"Das meiste was weggeworfen wird, sind Obst und Gemüse. An zweiter Stelle kommen Backwaren und dann kommen diese Kühlprodukte: Joghurt, Milch, Käse."
Gerade abgelaufen, etwas angedrückt – aber noch sehr gut essbar. Einzelne Bananen, zur Mülltonne verdammt. Warum also nicht teilen – und verteilen. Auf mehrere Kühlschränke und Schränke, die in Berlin öffentlich zugänglich stehen. Wo genau, das lässt sich auf der Seite foodsharing.de herausfinden. Dort erfahren die Mitglieder auch, wo sie in mehreren deutschen Städten Essenkörbe abholen können, wenn jemand anders teilen möchte, was er zuviel hat.
Nicos Kühlschrank steht in einem Wohnprojekt im Prenzlauer Berg. Im grafittibunten Durchgang zum zweiten Innenhof. Regelmäßig schaut einer der Freiwilligen vorbei, ob er sauber ist und funktioniert. Nico legt seinen Fahrradhelm kurz zur Seite und schaut in einen zweiten Schrank:
"Da haben wir allerdings noch eine ganze Menge Brötchen drin, in einer Tüte, luftdicht verpackt, damit das Brot nicht austrocknet. Aber, also ich wette, heute Abend ist davon auch nichts mehr da."
Profit wollen die Foodsaver und –sharer, anders als andere Projekte der Sharing Economy nicht machen. Ihnen geht es um den sozialen Aspekt. Eine Million – 1.726.024,5 Kilogramm Lebensmittel haben sie seit ihrer Gründung vor der Tonne gerettet, steht auf Ihrer Webseite.
Bei 131.954 Einsätzen. Ändert sich dadurch das eigene Einkaufsverhalten?
Bei 131.954 Einsätzen. Ändert sich dadurch das eigene Einkaufsverhalten?
"Wenn ich tatsächlich einkaufen gehe, das passiert nicht mehr so häufig muss ich sagen, weil es leider sehr viele Lebensmittel gibt, die weggeworfen werden, dann ist es so, dass ich nach den einzelnen Bananen greife und auch wirklich gucke, was ist da, was nicht wirklich mehr so gut aussieht. Wenn ich weiß, ich benutz es heute, und es sieht jetzt nicht so super aus als würde es noch zwei Wochen halten, aber es sieht noch gut aus, dann nehme ich das auch."