"Da sind über 300.000 Liter hochgeholt worden. Das ist eine gute Leistung."
Findet der Pressesprecher von Shell, Jan Zeese. Im Jahr 2012 hatte es in einer unterirdischen Leitung der Firma ein Leck gegeben. Dadurch sind eine Million Liter Kerosin ausgetreten. Davon sind 700.000 Liter immer noch im Boden, also mehr als zwei Drittel des Öls. Und das nach vier Jahren. Wie lange wird es dann wohl dauern, bis das Kerosin vollständig entfernt ist:
"Also das wird außerordentlich lange dauern", sagt Paul Kröfges vom BUND. "Wir müssen mittlerweile davon ausgehen, dass das in die Jahrzehnte Bereiche hinein gehen wird."
Auch Shell bestätigt:
"Es wird sicherlich viele Jahren dauern bis das Erdreich so sauber ist, dass man sagen kann: Mission erfüllt."
Und: Das Ganze wird jetzt durch den vielen Regen noch schwieriger als vorher. Das zeigt auch der aktuelle Quartalsbericht der Shell, erklärt Umweltschützer Kröfges:
"Da hat sich wieder gezeigt, dass bei steigenden Grundwasserständen, die Schadstoffkonzentrationen im betroffenen Bereich zunehmen, weil die Stoffe dann aus dem Kerosin im Erdreich herausgelöst werden und (…) andererseits Kerosin dann im Erdreich verklebt vorliegt und nicht mehr so einer Aufbereitung zugänglich ist."
Durch die starken Regenfälle der letzten Wochen kann das Kerosin nun also schlechter oder gar nicht mehr abgepumpt werden.
"Das wird ganz aktuell noch deutlicher ausgeprägt sein, weil die Grundwasserstände in den letzten zwei Monaten noch höher gestiegen sind."
Shell setzt auf ein biologisches Verfahren
Andere Methoden müssen also ran, um dem Kölner Kerosinsee zu Leibe zu rücken. Die Shell Rheinland Raffinerie setzt auf ein biologisches Verfahren.
Und das funktioniert so: Luft wird dabei ins Erdreich gepumpt, diese reichert sich unterirdisch mit den Schadstoffen an und kann dann, im nächsten Schritt, mitsamt der Schadstoffe, dem Boden entzogen werden. Das Problem: Auch das dauert sehr, sehr lange.
Zu lange findet Robert Schallehn. Er wohnt in der Nachbarschaft. Für die Grünen sitzt er als sachkundiger Einwohner im Kölner Umweltausschuss.
"Wenn man so was verursacht, dann muss man sich halt auch mit allen Mitteln da hinterher klemmen, dass es innerhalb eines Zeitraum der akzeptabel ist auch behoben wird. Ansonsten muss man halt vorher entsprechend vorsorgen und nicht irgendwelchen Leitungen von 1942 dann auf dem Gelände rumliegen haben."
Kerosin und chemische Stoffe in Uralt-Leitungen: Klingt gefährlich, ist aber erlaubt. Oder besser gesagt noch erlaubt – Kröfges vom BUND fordert hier deutlich schärfere Gesetze:
"Weil Shell und all die anderen Firmen, chemischen Industrien, in Deutschland sich immer darauf berufen konnten, dass Rohrleitungen und Anlagen, die ein bestimmtes Alter haben einen Bestandsschutz besitzen und nicht unbedingt an den aktuellen Stand der Technik angepasst werden müssen. Und das muss aufhören, es muss also eine klare Verpflichtung geben, bei Anlagen die mit solchen gefährlichen Stoffen arbeiten, generell eine stetige Anpassung an den höchsten Stand der Technik zu verlangen."
Doch strengere Vorschriften gibt es bisher nicht. Deshalb kann die Kölner Bezirksregierung Shell auch nicht zu dementsprechenden Sicherheitsmaßnahmen zwingen. Die Bezirksregierung hat als Behörde die Aufsicht über die Shell Raffinerie.
"Der Bestandsschutz, den der BUND kritisiert, das ist eine Rechtsvorgabe, daran müssen wir uns halten. Wir sind als Behörde eben verpflichtet auch (lacht kurz) Recht und Gesetz ja einzuhalten und können an der momentanen Lage nichts ändern. Alles andere ist eine Frage der Zukunft und der politischen Bewertung", meint Pressesprecher Bodo Klein.
Klar ist aber auch: Würde die Raffinerie nach heutigen Maßstäben geprüft, würde sie wohl gar nicht erstzugelassen werden:
"Nach aktuellem Stand der Technik, wie die Shell da steht, wäre sie nicht genehmigungsfähig," so die Einschätzung des Sachkundigen Einwohners Robert Schallehn.
Schuld an dem Kerosin-Desaster habe auch die Bezirksregierung, meint BUND-Experte Kröfges. "Die Bezirksregierung ist mit in der Verantwortung, dass dieser Rohrleitungsschaden passieren konnte. Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde hätte dafür sorgen müssen, dass eben entsprechende Systeme nach Stand der Technik installiert worden wären. Das hat sie versäumt und das als unverhältnismäßig eingeschätzt."
Während die Shell Raffinerie in Köln-Wesseling sich wohl noch Jahrzehnte mühen wird den Schaden zu beseitigen, lassen verbesserte Standards, seitens der Politik, weiterhin auf sich warten. Und so wabert er weiter, der Kölner Kerosinsee. Frei nach dem Kölner Song: Niemals geht man so ganz, irgendwas von dir bleibt hier.