Ein junger Mann im Kapuzenpulli verteilt am Leipziger Platz direkt vor der Glitzerfassade des nagelneuen Shoppingtempels "Mall of Berlin" Flugblätter. Überschrift: "Mall of Shame - erbaut auf Ausbeutung". Die meisten Passanten haben es eilig, wollen rein und shoppen, ein paar bleiben aber doch stehen und lesen:
"Ich habe es nicht gewusst, gar nicht. Also ich finde es krass, das scheint ja auch immer mehr überhandzunehmen, geht gar nicht. Ich habe die Transparente gesehen - "erbaut auf Ausbeutung" und da wird man hellhörig."
Hinter den Transparenten stehen ein paar rumänische Arbeiter und ein paar Unterstützer der - wie sich selbst nennt - anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU - Freie ArbeiterInnen Union Berlin. Sie will den Rumänen helfen. Zum Beispiel Hurmus Nikolai aus Bukarest, der eigentlich Weihnachten mit seinem Geld wieder zurück bei seinen Kindern sein wollte: "Working Baustelle Mall Berlin, three monts, and money no, äh little..."
200 Euro hat er bekommen. Für drei Monate Rigips-Arbeiten stehen ihm eigentlich 3.000 Euro zu. Er hat für den Subunternehmer Metatec auf der Baustelle gearbeitet. Einen schriftlichen Vertrag hat er nie gesehen, aber jetzt ein fragwürdiges Angebot bekommen: "Metatec sent paper for 500 Euro."
27 von 30 um ihren Lohn geprellten Rumänen haben so ein Papier unterschrieben und sich damit vielleicht um alle Möglichkeiten gebracht, das ihnen zustehende Geld doch noch zu bekommen, sagt Dieter Pienkny vom DGB: "Das heißt, die Unternehmen haben sich freigekauft und haben im klassischen Sinne Lohnraub betrieben."
DGB: "Das ist alles eine Inszenierung"
Neben den rumänischen Arbeitern warten auch noch viele Firmen, die als Subunternehmer für den Generalunternehmer FCL GmbH gearbeitet haben auf ihr Geld. Es geht um mehrere Millionen Euro. Nun hat der Generalunternehmer Insolvenzantrag gestellt und behauptet seinerseits, dass Bauherr Harald Huth ihm noch einen mehrstelligen Millionenbetrag schulde, für den DGB ist das alles eine Inszenierung:
"Wir kennen das Spielchen schon aus den letzten Jahren, in drei, vier, fünf Wochen wird eine ähnliche Firma wieder aufmachen unter neuem Namen und von den alten Verpflichtungen nichts mehr wissen wollen. Es ist immer eine Inszenierung. Man versucht das, seinem Nachbarn unterzuschieben, dass der nicht bezahlt hat und der sagt, ich habe doch bezahlt. Das ist ein unwürdiges Spiel auf dem Rücken der Beschäftigten, das ist skandalös."
Seit dreieinhalb Jahren betreibt der DGB eine Beratungsstelle für entsandte Beschäftigte, wie die rumänischen Arbeiter der Mall of Berlin. Erst gab es 75 ähnliche Fälle pro Monat, nun sind es doppelt so viele. 500.000 Euro an ausstehenden Lohnsummen haben die Berater in Berlin für ihre Klienten bereits erstritten. Für Dieter Pienkny ist das aber keine Lösung:
"Es ist ja auch ein Imageproblem für diese Stadt. Wir können uns nicht hinstellen und sagen, wir sind die Metropole der Welt, wir haben die tollsten Glitzerfassaden und hinter den Fassaden klebt der Schweiß derjenigen, die mit einem Appel und einem Ei abgespeist werden und kein Geld mehr sehen. Das kann es nicht sein. Ich denke mal, da muss der politische Druck entstehen."
Die Senatoren für Bau, Arbeit und Wirtschaft wären jetzt gefragt, in Gesprächen mit Bauherrn und dem Generalunternehmer klarzumachen, was in Berlin geht und was nicht, so Pienkny. Die Wirtschaftsverwaltung finanziert das Beratungsbüro, das sich jetzt um den Lohn für die Rumänen kümmert. Bisher haben sich aber weder die Verwaltungen noch Bauherr Harald Huth noch Generalunternehmer Andreas Fettchenhauer uns gegenüber geäußert.