Äußerlich fällt auf, dass vier Frauen und zwei Männer sich die Liste teilen; dass nur noch ein Buch aus dem Frühjahr übriggeblieben ist (von neun auf der Longlist); und dass zwei Bücher von in kleinen Verlagen veröffentlicht wurden, die indes beide schon mindestens einmal den Buchpreis gewonnen haben (Frankfurter Verlagsanstalt und Jung & Jung).
Inhaltlich könnte man ironisch von einer historischen Wahl sprechen, denn alle Romane auf der Liste verarbeiten historischen Stoff, gehen tief ins 20. Jahrhundert zurück, sogar ins China des 19. Jahrhunderts und gar zu mythischen Stammespraktiken. Und Kriege, Verrat, Terror und blutige Rituale spielen in allen eine wichtige Rolle. Eine Liste wie ein historisch aufpolierter Spiegel der Gegenwart. Ob er spannend verzerrt oder in seiner fernen Abbildhaftigkeit Klarheit für heutige Leser hervorbringt, das wird auch vom Publikum bestimmt. Viel Deutungsarbeit liegt darin für den Leser. Einfach nur gefällig und stofflich interessant ist keines der vielschichtigen Bücher.
Jury-Urteil: "fabulierend, spekulierend, verspielt"
Jurysprecherin Christine Lötscher umschrieb die sechs Bücher in Anlehnung an ein berühmtes Zitat von William Faulkner: "Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen". Alle folgten "fabulierend, spekulierend, verspielt" auf ganz unterschiedlichen Spuren der Vergangenheit.
Beim Deutschen Buchpreis wird der beste deutschsprachige Roman des Jahres prämiert. Der Sieger wird am 8. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse auszeichnet. Er erhält 25.000 Euro. Die restlichen Finalisten bekommen 2.500 Euro.
Vor knapp vier Wochen hatte die Jury unter 199 Titeln eine erste Longlist von 20 Titeln erstellt. Im vergangenen Jahr erhielt der österreichische Schriftsteller Robert Menasse die Auszeichnung für seinen Roman "Die Hauptstadt". Der Preis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben.