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Showdown auf Bali

Klimaschutz. – Der UN-Klimaexpertenrat hat seine aktuelle Stellungnahme abgegeben, jetzt ist es an den Politikern, die notwendigen Schritte zum Klimaschutz zu vereinbaren und tatsächlich auch zu tun. Die Vereinbarungen sollen am Jahresende auf dem Weltklimagipfel auf Bali ins Auge gefasst werden. In Bonn ging jetzt ein 14tägiges Vorbereitungstreffen für den Riesenevent zu Ende.

Von Volker Mrasek |
    "”Es gibt wirklich keine Entschuldigung mehr dafür, im Kampf gegen den Klimawandel untätig zu bleiben.""

    Diese Botschaft sei inzwischen bei allen Regierungsvertretern angekommen, so Yvo de Boer zum Abschluss der zweiwöchigen Bonner Konferenz. Der Niederländer leitet das Klimasekretariat der Vereinten Nationen in Bonn und sprach von einem Verdienst der Wissenschaft. Denn die legte gerade erst einen neuen Welt-Klimareport vor. De Boers Einschätzung: Der Bericht wird die Verhandlungen auf dem nächsten Welt-Klimagipfel im Dezember auf Bali voranbringen. De Boer:

    "”In Bali wird es für die versammelten Minister noch einmal eine Zusammenfassung aller drei Teile des Berichts geben. Und dann darf man gespannt sein: Wie reagieren die verantwortlichen Politiker auf das, was Fachleute uns mitteilen? Die Wissenschaft sagt uns: Wir Menschen sind verantwortlich. Sie sagt uns, dass es schwerwiegende Folgen haben wird, wenn wir nichts gegen den Klimawandel tun. Und sie sagt uns: Viele Technologien, die wir dafür brauchen, stehen heute schon zur Verfügung. Also die Frage an die Minister: Werden Sie etwas unternehmen?""

    Konkret geht es darum, neue Reduktionsziele zu beschließen für die Zeit nach 2012. Denn dann läuft das Kyoto-Klimaschutzprotokoll aus. Wie eine Nachfolge-Regelung aussehen könnte, ob sie auch Schwellenländer wie China und Indien dazu verpflichten wird, ihren stark steigenden Treibhausgas-Ausstoß zu drosseln, ob es vielleicht sogar gelingt, die USA mit einzubinden – das alles ist im Moment noch offen. Doch es gibt einen neu eingerichteten Unterausschuss, der sich auch in Bonn mit dem Thema befasste. Für das UN-Klimasekretariat begleitet Henning Wüster die Arbeit der sogenannten Ad-Hoc-Arbeitsgruppe. Sie wird sich vor Bali sogar noch einmal treffen, Ende August in Wien. Wüster:

    "Es gibt ein Signal, dass Industrieländer 25 bis 40 Prozent ihrer Emissionen in der Periode nach 2012 mindern müssen. Und diese konkreten Ergebnisse, die aus dem Weltklimabericht – vor allem aus dem Weltklimabericht – aufgegriffen worden sind, das nehmen die Verhandlungsleiter jetzt mit zurück in ihre Länder. Und wir können erwarten, dass auf der Basis der Prozess national etwas forciert werden kann."

    Die EU hatte im Vorfeld der Konferenz erklärt, dass sie ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent drosseln wolle – oder gar um 30 Prozent, wenn andere Industriestaaten nachzögen. Bisher hat aber nur Norwegen darauf reagiert. Mit der Ankündigung, das Land wolle seinen Treibhausgas-Ausstoß bis Mitte des Jahrhunderts auf Null zurückfahren. Weitere Vorstöße in dieser Richtung blieben aber aus. Offenbar hatten die Vertreter der anderen Industrieländer nicht das politische Mandat, stärkere eigene Anstrengungen für die Zeit nach 2012 in Aussicht zu stellen.

    Es gab noch ein zweites Thema, das die Debatte in Bonn beherrschte: Und zwar die Frage, wie man intakte Naturwälder vor der Zerstörung schützen kann. Auch darauf ging UN-Klimadiplomat de Boer zum Abschluss der Konferenz ein. Im Kyoto-Protokoll wird nur die Aufforstung von Wäldern als Klimaschutzmaßnahme anerkannt, nicht aber die Vermeidung von Abholzungen. De Boer:

    "”Die Rodung von Naturwäldern und der damit verbundene Verlust dieser Kohlenstoffspeicher ist für ein Fünftel unserer Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, wie man heute weiß. Und wenn man bedenkt, dass 80 Prozent des tropischen Regenwaldes abgeholzt werden, weil Leute Feuerholz benötigen, dann lässt sich sicher etwas dagegen tun: Wir können dem Klima helfen, indem wir den Waldverlust stoppen, und der Bevölkerung, indem wir ihr alternative, erneuerbare Energieträger bereitstellen.""

    Auch hier können Wissenschaftler ihren Beitrag leisten. Mit Hilfe von Umweltsatelliten ist es heute möglich, Naturwaldbestände aus dem Weltall genau zu kartieren und zu kontrollieren. Doch noch gibt es kein Grünes Licht von der Politik: Bei den Bonner Verhandlungen ist es nicht gelungen, einen überzeugenden Entwurf für einen Beschluss beim nächsten Weltklima-Gipfel zu verabschieden.