Die Frieke ist fast fertig. Umm Mohammed prüft das Fleisch in der Getreidesuppe, lässt es noch ein wenig köcheln. Unter dem Dach der großen Veranda haben sich schon zahlreiche hungrige Mäuler versammelt: die Familie, für die Umm Mohammed kocht – und ihre eigenen sechs Kinder.
Rahaf und Rama sind sechs und sieben Jahre alt. Die beiden jüngsten Töchter von Umm Mohammed sitzen auf einem schmalen Sofa und spielen leise. Ihre Schwester Fatma ist schon zwölf; sie arbeitet wie ihre Mutter. Flink reinigt sie Tisch und Stühle und kümmert sich um den Abwasch – aber Umm Mohammed sähe ihre Tochter lieber woanders.
"Ich wünsche mir, nach Syrien zurückzugehen und meine Kinder in die Schule zu schicken. Es gibt hier kaum Möglichkeiten dafür. Die Schulen hier sind überfüllt."
"Ich hoffe, dass es wieder wie früher wird"
In den vergangenen Jahren hat der Libanon mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen – eine riesige Herausforderung für das kleine Land, das selbst mit zahlreichen Problemen kämpft. Umm Mohammed und ihre Familie leben seit fünf Jahren hier. Sie sind aus der syrischen Stadt Homs in den Süden geflohen – von einem Dorf zum anderen, bis sie in der Bekaa-Ebene Zuflucht fanden: bei einer libanesischen Familie, auf einem Bauernhof. Jetzt wohnen sie zu acht in zwei winzigen Zimmern und halten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.
"Unser Leben hier ist gar nicht schön. Falls ich wieder nach Syrien zurückkomme, hoffe ich, dass es wie früher wird, in unserem Haus, mit unserem eigenen Geschäft. Das wäre besser, als bei anderen zu arbeiten."
Ihre Heimatstadt Homs liegt gerade einmal 150 Kilometer entfernt – doch Umm Mohammed scheut sich, zurückzugehen:
"Unser Haus in Homs wurde zerstört. Fast das ganze Viertel ist weg. Leute, von dort hierher gekommen sind, haben uns erzählt, dass unser Haus und das Elternhaus meines Mannes völlig kaputt sind."
Damaskus will Syrer zur Rückkehr bewegen
Seit der syrische Machthaber Baschar Al-Assad den größten Teil Syriens wieder unter seiner Kontrolle hat, versucht die Führung in Damaskus, Syrer zur Rückkehr und zum Wiederaufbau des Landes zu bewegen. Russland unterstützt diesen Vorstoß. Auch im Libanon mehren sich die Stimmen, dass es an der Zeit sei, die Syrer nach und nach zurückzuschicken. Einige Tausend von ihnen haben sich in den vergangenen Monaten auf den Weg in ihre Heimat gemacht. Auch Umm Mohammed denkt darüber nach:
"Natürlich wollen wir zurück. Es gibt Leute, die schon zurückgegangen sind. Aber wir warten noch ein bisschen ab, bis alles klarer ist. Ich will kein Risiko eingehen, weil ich Kinder habe. Erst muss klar sein, ob die Lage sicher ist oder nicht."
Zurückgehen nach Syrien – davon träumt auch Abu Daham. Seit gut fünf Jahren lebt der Familienvater aus Aleppo in einem improvisierten Flüchtlingslager in der Bekaa-Ebene: auf einem schmalen Stückchen Land zwischen Straße und Hügeln, zusammen mit seiner Frau, seinen Kindern und Enkelkindern:
"Wir leben hier in diesen Zelten. Es geht – wir schaffen das irgendwie. Wir arbeiten und verdienen unseren Lebensunterhalt. Die Vereinten Nationen helfen uns, die Kosten zu decken. Sie geben uns 27 Dollar im Monat pro Person. Die Flüchtlingshilfe übernimmt auch einen Teil der medizinischen Versorgung. Dafür sind wir dankbar."
"Dem Regime können wir nicht trauen"
Ein hartes Leben auf wenigen Quadratmetern – aber für den 49-Jährigen das kleinere Übel. Denn seine Rückkehr nach Syrien sieht Abu Daham in weiter Ferne:
"Was uns daran hindert, wieder nach Hause zurückzugehen, sind die Milizen, der IS, die Iraner, die Afghanen und all diese Gruppen, die aus allen Richtungen kommen, um uns in unserem Land zu töten. Und das Regime steht an der Spitze von allen. Wir wollen zurück, aber dem Regime können wir nicht vertrauen. Es heißt immer, wir seien jederzeit willkommen. Aber falls man das glaubt und nach Hause geht, findet man sich am nächsten Tag in Gefangenschaft wieder. Und am übernächsten Tag ist man tot."
Abu Daham und die anderen Männer aus dem Flüchtlingslager arbeiten auf den Feldern in der Bekaa-Ebene, ernten Tabak und Gemüse. Acht Dollar verdienen sie pro Tag.
"Die Situation ist zwar schwierig. Aber was sollen wir tun? Wir haben keine andere Wahl. Entweder diese schwierige Situation erdulden – oder sterben."