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Sichere Herkunftsländer
Neuer Anlauf für Maghreb-Staaten

Um Abschiebungen zu erleichtern, will die Bundesregierung die Liste der "sicheren Herkunftsländer" erweitern. Scheitern kann das Vorhaben allerdings am Widerstand der Grünen, die die Ausweitung im Bundesrat blockieren könnten.

Von Katharina Hamberger |
    Stadtansicht von Casablanca/ Marokko. Im Hintergrund die Hassan II-Moschee
    Sind Marokko, Tunesien und Algerien sichere Staaten? (imago stock&people)
    Es ist Anlauf Nummer zwei. Schon 2016 wollte die große Koalition die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten einstufen lassen. Damals scheiterte sie dann im März 2017 am Bundesrat und den meisten der grün-mitregierten Länder, außer Baden-Württemberg. Heute hat das Kabinett nun einen neuen Gesetzentwurf des Innenministeriums verabschiedet, der nun die Einstufung der drei Maghreb-Staaten und außerdem Georgiens als sichere Herkunftsländer vorsieht:
    "Das ist ein weiterer wichtiger Beitrag zu unserer gesamtpolitischen Zielsetzung, dass wir auf der einen Seite die Humanität wollen durch Gewährung des Asylrechts. Auf der anderen Seite aber auch Ordnung schaffen wollen, bei der Behandlung von Menschen, die sich auf dieses Asylrecht nicht berufen können."
    Regierung setzt auf "Verfahrensbeschleunigung"
    Sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer heute in Berlin. Die Einstufung der Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien hat die Große Koalition bereits im Koalitionsvertrag beschlossen, "zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung", heißt es in der Vereinbarung zwischen Union und SPD. Bei sicheren Herkunftsstaaten wird davon ausgegangen, dass dort in der Regel keine Gefahr der Verfolgung besteht. Für den Menschen, der einen Asylantrag stellt, heißt das wiederum, er muss beweisen, dass er individuell verfolgt wird, um Schutz in Deutschland zu bekommen.
    Sollte der Antrag dennoch abgelehnt werden, ist die Frist, Rechtsmittel dagegen einzulegen, kürzer als normalerweise im Asylverfahren. Zudem dürfen Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten während des Verfahrens nicht arbeiten. Letzteres soll nicht für diejenigen aus Algerien, Marokko, Tunesien oder Georgien gelten, wenn sie, Stichtag heute, bereits einer Beschäftigung nachgehen, beziehungsweise in einer Ausbildung sind oder einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben.
    Ausschlaggeben für die Einstufung als sicheres Herkunftsland ist meist die sogenannte Schutzquote. Bislang wurden vor allem die Länder in den Blick genommen, bei denen weniger als ein Prozent der Anträge positiv beschieden worden ist, mittlerweile geht es um eine Schutzquote von unter fünf Prozent. Das soll auch, so kündigte es Innenminister Seehofer an, in Zukunft in gesetzlich verankert werden, allerdings könne man das nicht einfach als Klausel in ein Gesetz schreiben, so Seehofer,
    "sondern muss die einzelnen Staaten im Gesetz aufführen, im Interesse der Rechtssicherheit. Und diese einzelnen Staaten explizit aufzuführen, bedarf sorgfältiger Vorbereitung, auch in der Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt, weil ja da auch Bewertungen der politischen Situation in diesen Staaten durchgeführt werden müssen."
    So der Innenminister. Schaut man auf die Schutzquote für die Staaten die nun als sicher eingestuft werden sollen, spricht das Innenministerium von unter fünf Prozent. Allerdings sind das nicht die bereinigten Zahlen, rechnet man unter anderem Dublin-Fälle und diejenigen, die den Antrag zurück gezogen haben, raus, beträgt die bereinigte Schutzquote nur bei Georgien weniger als fünf Prozent, bei Marokko waren es 2017 laut Pro Asyl sogar rund 11 Prozent. Zudem kamen vergangenes Jahr nur rund zwei Prozent aller Asylantragsteller aus den Maghreb-Staaten.
    Zustimmung des Bundesrates nicht sicher
    Die Bundesregierung ist auch dieses Mal auf die Zustimmung des Bundestages aber auch des Bundesrates angewiesen. Ob es die Zustimmung der Länderkammer geben wird, ist nach wie vor nicht sicher. Zwar regiert im Vergleich zu Frühjahr 2017 in mehr Ländern die Union mit, gleichzeitig gibt es nach wie vor eine Mehrheit der grün-mitregierten Länder im Bundesrat.
    Grünen-Chef Robert Habeck äußerte bereits Skepsis: Noch immer gelte, dass in den Maghreb-Staaten Journalisten, Minderheiten und Homosexuelle nicht sicher seien vor Verfolgung und Haft, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Innenminister will noch keine Prognose abgeben, wie die Entscheidung der Länderkammer ausgehen wird:
    "Sondern darüber nachzudenken wird man im Lichte der Forderungen, die von den Ländern kommen, und die werden kommen, dann beraten und entscheiden, wenn es soweit ist, das dürfte im Herbst dieses Jahres sein."
    Seehofer kündigte außerdem an, mit den Ländern sprechen zu wollen, ob in Zukunft der Bund die Abschiebung von sogenannten Gefährdern übernehmen kann und soll.