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Sicherheitsdebatte
CSU und Städte dringen auf mehr Videoüberwachung

Die Rufe nach mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum werden lauter. CDU und CSU fordern vom Berliner Senat, die Überwachung in der Hauptstadt auszuweiten. Auch die Polizeigewerkschaft findet es lächerlich, dass die Beamten bei Bürgern um Handy-Videos von Taten bitten müssen, selbst aber nicht überwachen dürfen.

Von Frank Capellan |
    Zwei Überwachungskameras an einer Hauswand.
    Laut einer aktuellen Umfrage sind 60 Prozent der Bundesbürger dafür, die Videoüberwachung auszuweiten. (imago / Rüdiger Wölk)
    Der Druck auf den Berliner Senat wird größer. Innenminister Thomas de Maizière drängt darauf, die Videoüberwachung in der Hauptstadt auszuweiten. Die Linkskoalition sollte ihre ablehnende Haltung zu mehr Kameras im öffentlichen Raum dringend überdenken, mahnt der Christdemokrat. Dass sieben Jugendliche, die versucht haben sollen, einen Obdachlosen anzuzünden, anhand von Überwachungsbildern schnell ermittelt und festgenommen werden konnten, liefert den Befürwortern heute neue Argumente.
    "Hier kann man tatsächlich exemplarisch sehen, dass durch Videoüberwachung Taten nicht verhindert werden", meint der Berliner Polizeisprecher Thomas Neuendorf, "aber Videoüberwachungen ermöglichen eben mit den Lichtbildern sehr schnell in eine Fahndung zu gehen und bei guter Qualität dann schnell Tatverdächtige zu ermitteln."
    60 Prozent der Bürger sind für mehr Videoüberwachung
    Auch ein Überwachungsvideo des sogenannten U-Bahn-Treters hatte die Diskussion über die Videoüberwachung bundesweit intensiviert. Nach einer aktuellen Umfrage halten 60 Prozent der Bundesbürger mehr Kameras für geboten. Rainer Wendt, Chef der Polizeigewerkschaft, hält das nach dem Terroranschlag vom Breitscheidplatz für wichtiger denn je und kritisiert die rot-rot-grüne Regierung an der Spree für ihre Zurückhaltung. "Der Innensenat bittet die Bürger um Handy-Videos vom Tatabend, will aber selbst nichts überwachen. Das ist doch absurd", ärgert sich Wendt gegenüber der "Passauer Neuen Presse".
    "Zur Wahrheit gehört aber auch, dass weite Teile in Berlin schon videoüberwacht sind, alle öffentlichen Bahnhöfe beispielsweise",
    hatte dem Innensenator Andreas Geisel schon kurz nach dem Anschlag entgegengehalten. Die Debatte kommt verfrüht, lässt der Sozialdemokrat jetzt wissen, lässt aber zugleich durchblicken, dass sich die Berliner Landesregierung der Diskussion nicht grundsätzlich verweigert.
    "Nur, Videoüberwachung verhindert solche Taten nicht und eine gesamte Stadt mit 3,6 Millionen Einwohnern video zu überwachen, ist eine große Aufgabe!"
    Sinneswandel bei einigen Sozialdemokraten zu spüren
    Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, drängt seinen Parteifreund dennoch dazu, eine Ausweitung der Kameraüberwachung nicht aus ideologischen Gründen abzulehnen. Bei einigen Sozialdemokraten ist ein Sinneswandel zu spüren, waren es bisher vor allem Unionspolitiker, die auf zusätzliche Kameras drängten, bewegt sich jetzt auch der Koalitionspartner, wie der SPD-Abgeordnete Lischka bestätigt
    "Gar nicht mal in erster Linie deshalb, weil wir uns erhoffen, dass dann solche Attentate verhindert werden können, sondern weil das sehr, sehr wichtig ist für die Aufklärung!"
    Denkbar immerhin, dass mit Kameras am Breitscheidplatz sehr schnell hätte festgestellt werden können, dass die Ermittler nach einem beinahe schon alten Bekannten suchen mussten: Nach dem Tunesier Anis Amri. Auch dessen Weg von Berlin nach Mailand lässt sich inzwischen anhand von Videoaufnahmen rekonstruieren – so wurde er offenbar auf dem Bahnhof von Lyon gefilmt.
    Weg des Berliner Attentäters durch Videos rekonstruierbar
    Auch bei der Suche nach Kontaktpersonen hoffen die Ermittler noch auf Videos und Fotos von Überwachungskameras. Auch das zeigt für CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer: Videoüberwachung ist kein Allheilmittel, aber sie wird mehr denn je gebraucht.
    "Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Ausweitung der Videoüberwachung insbesondere an öffentlichen Plätzen und an privaten Einrichtungen mit öffentlichem Zugang wie beispielsweise Einkaufszentren oder Sporthallen abschreckend wirkt für Straftäter vor allem, dass sie aber auch, wenn eine Straftat sich ereignet, es erleichtert, diese aufzuklären!"
    Die CSU drängt nach dem Terroranschlag von Berlin auf viele Gesetzesverschärfungen: Sogenannte Gefährder sollen früher als bisher in Haft genommen werden können, die Abschiebehaft soll auf vier Wochen verlängert, gegebenenfalls danach eine Überwachung durch elektronische Fußfesseln erleichtert werden. Neben der Videoüberwachung bringen Unionspolitiker erneut auch eine erweiterte Datenspeicherung auf den Tisch, etwa bei E-Mails und WhatsApp-Nachrichten.
    CSU drängt auf Gesetzesverschärfungen
    Die Opposition sieht all das kritisch. "Auch tausend Kameras am Breitscheidplatz hätten den schrecklichen Anschlag nicht verhindert", gibt der grüne Abgeordnete Konstantin von Notz zu bedenken. Ähnlich Frank Tempel von der Linkspartei, gegenüber der ARD
    "Bei Straßen, Wegen und Plätzen können Täter dem Kamerawinkel jederzeit ausweichen. Sie kundschaften einen Tatort aus, sie wissen, wie sie sich bewegen müssen. Dann ist es eine sehr teure, aber sehr hilflose Maßnahme!"
    Datenschutz im Zeichen des Terrors – in der Hauptstadt wird wieder über den richtigen Weg gestritten.