Georg Ehring: Im Zentrum der Neubewertung der Atomkraft in Deutschland steht die Reaktorsicherheitskommission, und sie hat gestern über dieses Thema beraten. Heute Vormittag ist ihr Vorsitzender, Rudolf Wieland, zusammen mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen vor die Presse getreten, um erste Einzelheiten zur Sicherheitsbewertung vorzustellen. Christel Blanke hat die Pressekonferenz verfolgt, und sie ist jetzt in unserem Berliner Studio zugeschaltet. Frau Blanke, rückt die Abschaltung der ältesten Atomkraftwerke jetzt näher?
Christel Blanke: Das ist noch nicht entschieden. Das kann aber durchaus die Folge dessen sein, was jetzt geplant ist. Es soll eine Art Stresstest geben für die deutschen Atomkraftwerke, eine Überprüfung, wie es hieß, wie es sie so in Deutschland noch nicht gegeben hat. Es gehe jetzt nicht darum, die vorhandenen Vorschriften und Auflagen in den deutschen AKW noch einmal zu überprüfen, ob die eingehalten würden, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen, sondern die Frage, die sich nach den Ereignissen in Japan stelle, sei viel fundamentaler.
O-Ton Norbert Röttgen: In Japan hat es auch Sicherheitsauslegungen gegeben, nämlich die Annahme über den Eintritt von Erdbeben einer bestimmten Größenordnung, die aber widerlegt worden sind.
Blanke: Und deshalb kommen alle Annahmen, die deutschen Sicherheitsanforderungen zu Grunde liegen, auf den Prüfstand.
Die Reaktorsicherheitskommission unterteilt ihren Katalog in mehrere Bereiche. Da geht es dann um die Frage, wie naturbedingte Ereignisse, ein Erdbeben zum Beispiel, Hochwasser oder lang anhaltende Trockenheit, sich auswirken könnten. In Japan, so Röttgen, seien diese Annahmen von der Natur widerlegt worden.
O-Ton Norbert Röttgen: Kann uns das in Deutschland auch passieren? Müssen wir uns also damit beschäftigen, dass auch wir in Deutschland Annahmen über den Eintritt von Erdbeben haben? Aber wir müssen fragen: Was ist denn, wenn in Deutschland ein Erdbeben stärkerer Größe eintritt. Haben wir dann noch Reserven?
Blanke: Ein möglicher Flugzeugabsturz steht auch auf der Liste als Unfall von Militär- oder Passagiermaschinen, oder als terroristischer Angriff. Was passiert dann? Halten die Anlagen Stand, was ist mit Nebengebäuden oder der Infrastruktur, vor allem, wenn zusätzlich auch noch gezielt Systeme zerstört werden sollten?
Die Auswirkung von Stromausfällen soll untersucht werden, speziell die Belastbarkeit der Notstromversorgung. Der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, Rudolf Wieland, vom TÜV Nord:
O-Ton Rudolf Wieland: Da ist bisher eine Auslegung in Deutschland vorhanden, bis zwei Stunden hat man das betrachtet. Danach geht man davon aus, dass man eine Stromversorgung wiederherstellen kann. Wir betrachten jetzt also Zeiten größer zwei Stunden, weil wenn die Notstromversorgung vorhanden ist, aber vielleicht die gesamten anderen Rahmenbedingungen wie externe Stromversorgung über Netze nicht mehr vorhanden sind, werden wir auch den langfristigen Notstromfall – das heißt, die Diesel müssen sehr lange laufen, um dann über Generatoren auch Strom zu erzeugen – mitbetrachten. Wir werden dann also Zeiten größer 72 Stunden auch betrachten.
Blanke: Entscheidend sei auch die Frage, wie im Störfall eine weitere Freisetzung von Radioaktivität verhindert werden kann, wenn große Zerstörungen vorliegen, oder die Strahlenbelastung bereits sehr hoch ist. - Die Überprüfung der Maßnahmen im Anforderungskatalog stelle im vorgesehenen Zeitrahmen eine große Herausforderung dar, so Wieland.
O-Ton Rudolf Wieland: Diese Art Stresstest, wie wir sie jetzt hier definiert haben, wenn man das vergleicht mit dem, was heute auch schon weltweit, europaweit und so bekannt ist, ist das sicherlich die am weitesten gehende Anforderungsliste.
Blanke: Bis zum 15. Mai soll die Kommission einen ersten Bericht vorlegen, eine sicherheitstechnische Bewertung der Gesamtsituation, die dann Grundlage sein soll für die Arbeit der Ethikkommission, die über Risiken sprechen wird. Atomkraft ist nicht ohne Risiko, das ist bekannt, und die Ethikkommission soll darüber beraten, welche Risiken die Gesellschaft heute bereit ist einzugehen. Die Arbeit beider Kommissionen sei wichtig für die politische Meinungsbildung, so Umweltminister Röttgen.
O-Ton Norbert Röttgen: Es ist ja eines meiner persönlichen, aber, ich glaube, auch ein wesentliches Bemühen der Bundesregierung, über die Fragen, die sich nun stellen, über die Energiepolitik im allgemeinen, Kernenergiepolitik im besonderen, auch zu einem gesellschaftlichen Konsens, oder zu einer gesellschaftlichen Mehrheit zu kommen, und ich glaube, dass man dafür auch eine, von allen akzeptable, weil sachlich, fachliche, sicherheitstechnische Basis braucht.
Blanke: Konkret werden sich nun Expertenteams unter Federführung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mit der Analyse befassen. Die Bundesländer sollen sicherstellen, dass die Wissenschaftler alle nötigen Daten und Unterlagen bekommen, auch von den Betreibern, so Wieland.
O-Ton Rudolf Wieland: Eine Diskussion der Ergebnisse mit den Betreibern hinsichtlich "wie sind die belastbar" oder "was kann man damit anfangen" oder "kann man die überhaupt so irgendwo darstellen" ist nicht vorgesehen.
Blanke: Und ob die jetzt stillgelegten sieben älteren Anlagen und der Pannenmeiler Krümmel den Stresstest überhaupt überstehen können, darauf wollte sich Umweltminister Röttgen heute nicht festlegen lassen. Er will die drei Monate Moratorium abwarten und dann entscheiden.
Ehring: Christel Blanke war das zur Sicherheitsbewertung der deutschen Atomkraftwerke. Herzlichen Dank.
Christel Blanke: Das ist noch nicht entschieden. Das kann aber durchaus die Folge dessen sein, was jetzt geplant ist. Es soll eine Art Stresstest geben für die deutschen Atomkraftwerke, eine Überprüfung, wie es hieß, wie es sie so in Deutschland noch nicht gegeben hat. Es gehe jetzt nicht darum, die vorhandenen Vorschriften und Auflagen in den deutschen AKW noch einmal zu überprüfen, ob die eingehalten würden, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen, sondern die Frage, die sich nach den Ereignissen in Japan stelle, sei viel fundamentaler.
O-Ton Norbert Röttgen: In Japan hat es auch Sicherheitsauslegungen gegeben, nämlich die Annahme über den Eintritt von Erdbeben einer bestimmten Größenordnung, die aber widerlegt worden sind.
Blanke: Und deshalb kommen alle Annahmen, die deutschen Sicherheitsanforderungen zu Grunde liegen, auf den Prüfstand.
Die Reaktorsicherheitskommission unterteilt ihren Katalog in mehrere Bereiche. Da geht es dann um die Frage, wie naturbedingte Ereignisse, ein Erdbeben zum Beispiel, Hochwasser oder lang anhaltende Trockenheit, sich auswirken könnten. In Japan, so Röttgen, seien diese Annahmen von der Natur widerlegt worden.
O-Ton Norbert Röttgen: Kann uns das in Deutschland auch passieren? Müssen wir uns also damit beschäftigen, dass auch wir in Deutschland Annahmen über den Eintritt von Erdbeben haben? Aber wir müssen fragen: Was ist denn, wenn in Deutschland ein Erdbeben stärkerer Größe eintritt. Haben wir dann noch Reserven?
Blanke: Ein möglicher Flugzeugabsturz steht auch auf der Liste als Unfall von Militär- oder Passagiermaschinen, oder als terroristischer Angriff. Was passiert dann? Halten die Anlagen Stand, was ist mit Nebengebäuden oder der Infrastruktur, vor allem, wenn zusätzlich auch noch gezielt Systeme zerstört werden sollten?
Die Auswirkung von Stromausfällen soll untersucht werden, speziell die Belastbarkeit der Notstromversorgung. Der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, Rudolf Wieland, vom TÜV Nord:
O-Ton Rudolf Wieland: Da ist bisher eine Auslegung in Deutschland vorhanden, bis zwei Stunden hat man das betrachtet. Danach geht man davon aus, dass man eine Stromversorgung wiederherstellen kann. Wir betrachten jetzt also Zeiten größer zwei Stunden, weil wenn die Notstromversorgung vorhanden ist, aber vielleicht die gesamten anderen Rahmenbedingungen wie externe Stromversorgung über Netze nicht mehr vorhanden sind, werden wir auch den langfristigen Notstromfall – das heißt, die Diesel müssen sehr lange laufen, um dann über Generatoren auch Strom zu erzeugen – mitbetrachten. Wir werden dann also Zeiten größer 72 Stunden auch betrachten.
Blanke: Entscheidend sei auch die Frage, wie im Störfall eine weitere Freisetzung von Radioaktivität verhindert werden kann, wenn große Zerstörungen vorliegen, oder die Strahlenbelastung bereits sehr hoch ist. - Die Überprüfung der Maßnahmen im Anforderungskatalog stelle im vorgesehenen Zeitrahmen eine große Herausforderung dar, so Wieland.
O-Ton Rudolf Wieland: Diese Art Stresstest, wie wir sie jetzt hier definiert haben, wenn man das vergleicht mit dem, was heute auch schon weltweit, europaweit und so bekannt ist, ist das sicherlich die am weitesten gehende Anforderungsliste.
Blanke: Bis zum 15. Mai soll die Kommission einen ersten Bericht vorlegen, eine sicherheitstechnische Bewertung der Gesamtsituation, die dann Grundlage sein soll für die Arbeit der Ethikkommission, die über Risiken sprechen wird. Atomkraft ist nicht ohne Risiko, das ist bekannt, und die Ethikkommission soll darüber beraten, welche Risiken die Gesellschaft heute bereit ist einzugehen. Die Arbeit beider Kommissionen sei wichtig für die politische Meinungsbildung, so Umweltminister Röttgen.
O-Ton Norbert Röttgen: Es ist ja eines meiner persönlichen, aber, ich glaube, auch ein wesentliches Bemühen der Bundesregierung, über die Fragen, die sich nun stellen, über die Energiepolitik im allgemeinen, Kernenergiepolitik im besonderen, auch zu einem gesellschaftlichen Konsens, oder zu einer gesellschaftlichen Mehrheit zu kommen, und ich glaube, dass man dafür auch eine, von allen akzeptable, weil sachlich, fachliche, sicherheitstechnische Basis braucht.
Blanke: Konkret werden sich nun Expertenteams unter Federführung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mit der Analyse befassen. Die Bundesländer sollen sicherstellen, dass die Wissenschaftler alle nötigen Daten und Unterlagen bekommen, auch von den Betreibern, so Wieland.
O-Ton Rudolf Wieland: Eine Diskussion der Ergebnisse mit den Betreibern hinsichtlich "wie sind die belastbar" oder "was kann man damit anfangen" oder "kann man die überhaupt so irgendwo darstellen" ist nicht vorgesehen.
Blanke: Und ob die jetzt stillgelegten sieben älteren Anlagen und der Pannenmeiler Krümmel den Stresstest überhaupt überstehen können, darauf wollte sich Umweltminister Röttgen heute nicht festlegen lassen. Er will die drei Monate Moratorium abwarten und dann entscheiden.
Ehring: Christel Blanke war das zur Sicherheitsbewertung der deutschen Atomkraftwerke. Herzlichen Dank.