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Sicherheitstechnologie
Der vernetzte Polizist

Auf der Critical Communication World in Amsterdam steht dieses Mal der vernetzte Polizist im Vordergrund der Debatten. Die Zukunftsszenarien gehen weit über die Bodycam oder die Datenbrille hinaus - erste Entwicklungskonzepte setzen dabei aber auf vorhandene Technik.

Von Peter Welchering |
    Eine Bundespolizistin trägt eine Körperkamera des Typs ZEPCAM T1 XT.
    Bodycams werden bald schon Standard bei der Polizei sein, so will es die Politik. (dpa/picture-alliance/Klaus-Dietmar Gabbert)
    "Im Großen und Ganzen kann man sagen, die ganze Entwicklung im Sicherheitsbereich hinkt so ein bisschen der Entwicklung im kommerziellen Bereich hinterher noch."
    Manfred Kloiber: Sagt Peter Damerau, der bei Motorola maßgeblich am Konzept des vernetzten Polizisten mitgearbeitet hat. Und mit dieser Einschätzung fahren nicht nur viele deutsche Sicherheitsexperten und Polizisten kommende Woche nach Amsterdam. Dort findet von Dienstag bis Donnerstag die Sicherheitskonferenz Critical Communications World statt. Und die beschäftigt sich in diesem Jahr besonders stark mit dem vernetzten Polizisten der Zukunft.
    - Peter Welchering, Sie werden sich nicht nur in Amsterdam auf der Konferenzmesse umsehen, sondern haben schon vorab mit Ausstellern und Konferenzteilnehmern gesprochen. Wie wird denn der vernetzte Polizist der Zukunft aussehen?
    Peter Welchering: Wenn man den Technikern und ihren Entwürfen glauben darf, dann ist der vernetzte Polizist der Zukunft teils im virtuellen Raum, teils in der analogen Wirklichkeit unterwegs und hängt dabei immer an der virtuellen Nabelschnur seiner Leitstelle. Belebte Plätze und Straßen sollen in die virtuelle Realität geholt und von dort überwacht werden. Die Ermittler wollen in Echtzeit bei den Aktionen von Kriminellen, Terroristen, aber auch ganz normalen Passanten dabei sein und möglichst in die Realität eingreifen. Sie nutzen dafür Datenanzüge, Präsentationsräume für die virtuelle Realität mit sechs Projektionsflächen an Decke, Fußboden und vier Wänden sowie überdimensionale Brillendisplays. So kann ein Sicherheitsbeamter zum Beispiel einen ganzen Flughafen überwachen. Virtuell springt er vom Abfluggate in den Finger, an das gerade ein Flugzeug angedockt hat. Er kann blitzschnell Situationen erkennen, die gefährlich werden können. Und Einsatzkräften vor Ort direkte Anweisungen geben, wohin ein Verdächtiger gerade flieht und wie sie ihn am besten stellen können. Das ist technisch machbar, aber von der Anwendung ganz weit weg. Näher sind Anwendungen mit Bodycam, Datenbrille, auf die auch Fahndungsfotos geschickt werden können. Und Einsatzsteuerung durch Big-Data-Anwendungen. Da haben wir es mit verfügbaren, einsatzfähigen Technologien zu tun, die aber im Augenblick auch politisch heftig umstritten sind.
    Kloiber: Also Zeit für eine Bestandsaufnahme und einen Ausblick. Welche Technologien für den vernetzten Polizisten sind heute vorhanden und wo liegen die Probleme beim Einsatz.

    Der Beitrag zum Nachlesen:
    Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist in Deutschland massiv angestiegen. In den Innenministerien der Länder will man diese Art der Einbruchskriminalität mit Big-Data-Anwendungen bekämpfen. Precobs ist solch eine Software für die Big-Data-Analyse, mit der Wohnungseinbrüche, aber auch andere Straftaten prognostiziert werden können. Bei Pilotprojekten in Nürnberg und München hat sich gezeigt, dass Big-Data-Analysen helfen können, die Zahl der Wohnungseinbrüche zu senken. In Wohngebieten, für die mittels Precobs eine höhere Wahrscheinlichkeit für Wohnungseinbrüche berechnet wurde, hat die Polizei einfach mehr Präsenz gezeigt. Es waren mehr Streifenwagen und mehr Polizisten zu Fuß unterwegs. Allerdings müssen diese Einsatzkräfte – nicht nur bei Wohnungseinbrüchen – gut koordiniert – oder im polizeideutsch geführt- werden. Wolfgang Inderst ist Sachgebietsleiter im Münchner Polizeipräsidium. Er erklärt, wie das funktioniert:
    "Grundsätzlich steuern wir unsere Informationen per Mail oder über unser Intranet. Natürlich sind für die Detailabsprachen die direkten Absprachen, die Telefonate an der Tagesordnung."
    Große Probleme beim digitalen Behördenfunk
    Und hier türmen sich die Probleme. Denn gerade für die Einsatzführung ist einmal der digitale Behördenfunk entwickelt worden, der bis heute nicht richtig funktioniert. Inzwischen habe ihn die technische Entwicklung auch einfach weit überholt, meint Peter Damerau von Motorola.
    "Sie müssen einfach sehen, die Entscheidungsprozesse – wann die Entscheidungen gefallen sind, wann man mit dem Aufbau begonnen hat, die Entwicklungen sind einfach weitergegangen. Heute sind wir es gewöhnt, mit Smartphones zu kommunizieren. Als die Entscheidungen für Digitalfunk gefallen sind, gab es noch gar keine Smartphones."
    Es fängt mit den technischen Übertragungswegen an und hört mit der Sicherheitstechnologie noch lange nicht auf. Der vernetzte Polizist wird auch in Deutschland kommen: mit Bodycam und anderer Ausstattung. Die Politik will es so. Doch wird der vernetzte Polizist in Deutschland ein in technischer Hinsicht sehr angreifbarer Polizist sein. Denn die von seiner Bodycam aufgezeichneten Bilder können leicht manipuliert werden. Peter Damerau:
    "Wenn sich da jemand reinhackt und ein, ich sage mal geschöntes Lagebild überträgt in die Einsatzleitstelle, dass die halt beispielsweise weniger Kräfte heranführen müssen, dann können Sie damit Einsätze natürlich massiv manipulieren. Und das müssen sie verhindern. Mechanismen sind: Daten, ob es jetzt Bilder sind oder andere Daten, die müssen entsprechend gesichert überragen werden. Und Sie müssen die Zugänge entsprechend sichern."
    Experten diskutieren die Konzepte
    Verschlüsselung, virtuelle private Netzwerke, Sicherheitszertifikate und Prüfsummen, um Daten vor Manipulationen zu schützen – das sind die Methoden und Ansätze über die Sicherheitsforscher und Praktiker der Polizeiarbeit in der kommenden Woche auf ihrer Sicherheitskonferenz in Amsterdam intensiv diskutieren. Hinzu kommen Protokolle für die Datenkommunikation, die keine Metadaten an Unbefugte preisgeben. Peter Damerau schätzt die Situation bei den Technologien so ein.
    "Die Technologien dafür sind alle vorhanden. Es gilt jetzt, die entsprechend zusammenzubinden, dass man die Sicherheitsbelange dort alle mit einbaut. Aber das ist alles kein Hexenwerk. Also im Prinzip, wenn die Grundlagen dafür wären, das können Sie innerhalb von zwei bis zwei Jahren realisieren. Das ist überhaupt kein Thema. Das wollten wir ja auch mit dem Connected Police Officer genau zeigen. Da ist ja alles Technologie drin, die so am Markt vorhanden ist, die wir einfach zusammengebunden haben zu einem System Connected Police Officer. Gängige Technologie zu nehmen, die entsprechend zu härten und zu einer systemischen Lösung zusammenzuführen."
    Die Konzepte dafür sind vorhanden. Aber nicht nur in Amsterdam hört man von den Praktikern der Polizeiarbeit immer wieder die Klage, die Konzepte seien längst noch nicht in der Politik angekommen.