Sigmund Freud, Begründer der Psychoanalyse, lebte bis zu seiner Emigration in Wien in der Berggasse 19. Schon lange ist sein ehemaliger Wohnort, in dem sich auch seine Praxisräume befinden, ein Museum. Bei der Wiedereröffnung am Wochenende rechnet Direktorin Monika Pessler mit großem Interesse.
Denn Freud, so Pessler, sei gerade "in Zeiten wie diesen, die von Krisen, auch politischen, geschüttelt sind, durch seine kulturtherotischen Schriften in denen er sich für ein aufgeklärtes Miteinander eingesetzt hat, ein Anker."
Neue Selbstsicht
Das Interesse gilt sowohl dem Menschen als auch dem Analytiker. "Es ist ganz schwer, da zu unterscheiden." Freuds Lehre, die Erforschung des menschlichen Unterbewusstseins, wirke bis heute nach, so Pessler. "Man wird von Ängsten gesteuert, Begierden, Emotionen. Und diese neue Selbstsicht, die Freud den Menschen eröffnete, ist etwas, worauf man sich heute immer gern besinnt."
Die Psychoanalyse habe sich weiterentwickelt, Freuds Theorien seien nicht mehr "state of the art". "Aber sie sind die Grundlage. Dass man überhaupt über Ängste redet, geht auf Freud zurück."
Flüchtling und Seelenheiler
Dass Freud auch heute so wichtig für viele ist, liegt auch daran, "dass er uns aufgefordert hat, in uns zu gehen, uns zu beobachten, unsere Kinder zu beobachten, um zu einem Erkennen unserer seelischen Zustände zu kommen."
Die autobiographischen Aspekte seiner Theorien, sagt Pessler, "bringen die Menschen dazu, sich Freud auch als Mensch zu nähern." Auch sein persönliches Schicksal als Flüchtling, die Ermordung vier seiner Schwestern im Holocaust spiegelten das Erlebte vieler wider. "Da gibt es viele Identifikationsmomente für Menschen, die auf der Flucht sind und sich im Leben von Sigmund Freud und seiner Familie wiederfinden."