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"Silberhorn"
Ein Musikmagazin für alle Genres

"Silberhorn" heißt eine neue Musikzeitschrift, die sich keinem Genre verpflichtet. Jazz, Klassik, Pop, Neue Musik und Weltmusik sind die inhaltlichen Eckpfeiler, aber festlegen will man sich da auf keinen Fall, sagt Chefredakteurin Ursula Gaisa.

Von Dirk Schneider |
    "Musik und Meer", mit zwei "e", lautet der Titel der ersten Ausgabe der Musikzeitschrift "Silberhorn". Das Coverbild kommt ganz ohne musikalische Verweise aus, wir schauen vom Sonnendeck eines Kreuzfahrtschiffs auf ein spiegelglattes Meer, die Sonne scheint. Es sind musikalische Wohlfühlthemen, denen sich das 30 Seiten dünne Heft widmet, nicht nur dieses Mal:
    "Ich sag immer: Die nmz liest man vielleicht am Frühstückstisch und regt sich vielleicht über Kulturpolitik auf, und ‚Silberhorn' nimmt man dann abends mit ins Bett und legt das auf den Nachttisch."
    So bringt es Silberhorn-Chefredakteurin Ursula Gaisa auf den Punkt. Die nmz, das ist die Fachzeitschrift "neue musikzeitung". Ihre Abonnenten bekommen Silberhorn künftig umsonst, 1200 Exemplare werden außerdem zum freien Verkauf am Kiosk liegen. Die Sache mit der Beilage ist allerdings nicht neu: Bis letztes Jahr lag der nmz die Jazzzeitung bei - Ursula Gaisa bezeichnet "Silberhorn" auch als "Relaunch". Die Beschränkung auf eine musikalische Sparte schien der Redaktion nicht mehr zeitgemäß, immer mehr Musiker bewegen sich schließlich zwischen den Genres, wie die Berliner Sängerin Johanna Borchert, die in "Silberhorn" interviewt wird.
    Die Weltmusikband Quadro Nuevo erzählt in "Silberhorn" von einer Schiffsreise auf dem Schwarzen Meer, der Trompeter Till Brönner wird als Fotograf vorgestellt, er hat in einem Fotoband jetzt seine Künstlerporträts versammelt, und die Sängerin Susanne Betancor gibt ihr Rezept für Stampfkartoffeln mit Lachs zum Besten.
    "Den Käufer stellen wir uns vor als einen Menschen, der an Kultur interessiert ist, aber der vielleicht noch eine gewisse Schwellenangst hat, beziehungsweise der vielleicht meint er ist dann doch nicht gebildet genug. Und genau solche Leute möchten wir eigentlich für Kultur und für Musikkultur interessieren. Die vielleicht einen kleinen Schubs brauchen oder sehen es ist sehr schön bebildert, es gibt auch Interessantes für mein Kind."
    Eine Kinderseite gibt es tatsächlich auch, mit Musikinstrumentenrätsel und Komponistenquiz. Die Schwelle ist wirklich sehr niedrig angesetzt: Die Texte sind kurz, meist sind es Empfehlungen, und kritische Töne kommen gar nicht vor, sie würden den sanften Wohlklang des "Silberhorns" nur stören. Der Verdacht, dass hier mehr Werbung als Journalismus gemacht wird, drängt sich schnell auf, auch bei den CD-Besprechungen, die allesamt wohlwollend ausfallen. Dass der sechsseitige Mittelteil des Hefts mit Reisetipps reine PR ist, gibt Ursula Gaisa gerne zu:
    "Wir werden leider nicht gesponsert und müssen auch Geld verdienen, müssen das Ganze auch finanzieren. Wir haben Silberhorn-Spezialseiten, die sind in der Mitte des Heftes, sind aber ganz klar abgegrenzt durch allein schon die Farbe. Diesmal ist das Thema ‚Burghausen', aber der Mehrwert für unsere Leser ist, dass nicht der reine Werbetext von der Touristik Burghausen abgedruckt wurde, sondern wir haben den Herrn Roland Spiegel vom Bayrischen Rundfunk gefragt, was ist sein Burghausen, und kann er uns ein paar Tipps geben."
    Thematischer Hintergrund ist die jährlich in Burghausen stattfindende Jazzwoche, für deren Besucher sich hier auch Hotels und Restaurants empfehlen. Dass es sich um Werbung handelt, kann der geübte Leser vielleicht erkennen, für den weniger geübten, der das niedrige Schwellenangebot in die Welt der Musik wahrnimmt, wäre ein entsprechender Hinweis sicher kein Fehler. Als Beilage der eher trockenen nmz ist "Silberhorn" sicher eine nette Ergänzung. Als Einzelverkaufsheft für 3,80 Euro fällt das Heft allerdings sehr dürftig aus. Zum Schluss sei nun noch die Frage nach dem Hintergrund des extravaganten Namens geklärt:
    "Also so ne Namensfindung für ein neues Magazin ist natürlich sehr spannend und hat sich über Monate hingezogen. Und je mehr Menschen man da mit einbezieht, um so schwieriger wird es. Wir hatten mindestens 50 Vorschläge, die wurden dann teilweise immer abstruser. Und ‚Silberhorn' ist der Name eines der Stammlokale der Redaktion, der Wirt heißt so. Und irgendwie blieb Silberhorn zum Schluss übrig."