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Silver Surfer
"Digitaler Analphabet, das wollte ich nicht sein!"

Die junge Generation nimmt scheinbar problemlos digitale Hürden. Anders die Generation der sogenannten Silver Surfer: Die rasante Entwicklung der neuen Medien lässt viele nicht mehr mitkommen. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz finanziert deshalb im Rahmen des Aktionsplans "Gut leben im Alter" ehrenamtlich betreute Computertreffs für Senioren.

Von Anke Petermann |
    Ein Rentnerpaar genießt die Sonne vor dem Parlament.
    Vielen Rentnern fühlen sich in Sachen Computer und Handy überfordert (dpa/picture alliance/Stephan Scheuer)
    Sich mit unbemerktem Datenklau durch Apps und Kostenfallen im Netz auseinandersetzen, muss man sich das als Silver Ager noch antun?
    "Ich hab das mal angefangen, weil mein Sohn gesagt hat, ich sei ein Analphabet im Internet. Da habe ich gedacht, nee, dass lässt du dir nicht sagen, das probierst du jetzt. Digitaler Anlaphabet, das wollte ich nicht sein", sagt Irene Behrendt-Steiner. Die 73-Jährige besucht in Mainz den Computertreff Marienborn.
    Herbert Dressler betreut ehrenamtlich das Internetcafé Haßloch in der Pfalz und kennt die Interessen seiner Teilnehmer:
    "Man merkt immer mehr, dass man ohne funktionierendes Internet abgeschottet ist: Man kann keine Bahn mehr buchen, weil der Automat am Bahnhof noch schlimmer ist. Oder man flucht auf den Bankautomaten und macht es dann doch lieber übers Internet, das Bankgeschäft. Oder man hat den Rechner daheim stehen, weil einem die Kinder einen geschenkt haben und will was Sinnvolles machen. Also, wir haben sehr unterschiedliche Gründe, warum die Leute kommen.
    Meistens fehlt ihnen irgendjemand, der sie an die Hand nimmt, weil Kinder und Enkel keine Zeit haben oder ungeduldig sind, und dann bleibt so eine Institution Internetcafé für Senioren übrig, die vom Seniorenbeirat eben initiiert wird."
    Dressler selbst interessiert sich bei der Fachtagung an der Uni Mainz vor allem dafür, wie Smartphones und Tablets Nutzerdaten sammeln, also Kontakte, Termine und Surfverhalten. Der Workshop mit der Expertin der Verbraucherzentrale lässt Dressler staunen darüber, "was das Handy alles weiß. Dann auch die Beispiele: Warum muss eine Taschenlampen-App den Standort wissen. Andererseits: Wenn man ne Taschenlampen-App sucht und keiner bietet die ohne Standort(-Abfrage) an, dann nimmt man die eben, denn man will auch mal heimleuchten."
    Einfach ausprobieren!
    Fürs "Heimleuchten" mit der App zahlt man mit Daten, nicht mit Euro. Ob sie das wollen, wägen Senioren wohl sorgfältiger ab als die ganz jungen Nutzer. Und was zum Beispiel den bei Kindern und Enkeln beliebten Kurznachrichten-Austausch über WhatsApp angeht, kommen sie dabei zu unterschiedlichen Schlüssen:
    "Ich hab gehört, dass WhatsApp auch die Kommunikationsdaten aus den jeweiligen Tablets oder Smartphones abgreift, und ich finde das ne Unverschämtheit. Es geht nicht nur um meine Daten, sondern auch um die Daten meiner Bekannten, und ich halte das für unglaublich. Also deswegen war WhatsApp in dem Augenblick für mich gestorben", konstatiert Margitta Möller, Seniorenbeirätin aus Maxdorf in der Pfalz.
    Irene Behrendt-Steiner, Computertreff-Besucherin in Mainz, sieht es anders. "Ich würde da sehr aufmerksam sein, aufpassen, dass nicht zu viel von mir rausgeht. Aber: Wenn es so ist, dann ist es so. Wenn ich dabei sein kann, will ich auch dabei sein."
    Stefan Aufenanger, Mainzer Professor für Medienpädagogik, ermutigt die Silver Surfer, das Internet auch als Bildungsangebot zu nutzen, unterhaltsame wissenschaftliche Kurzvorträge anzuklicken oder Museumsseiten, die Gemälde erklären, "um sein Anregungsmilieu zu erweitern. Viele der älteren Menschen schauen nur Fernsehen und konsumieren etwas. Und die digitalen Medien, das Internet und die digitalen Geräte, ermöglichen, interaktiv was zu machen. Das finde ich ganz wichtig, damit das Denken nicht aufhört und man nur noch da sitzt und sich Fernsehsendungen anschaut."
    "Einfach ausprobieren", rät der Professor, "kaputt machen kann man nichts".
    "Unsere Forschungen zeigen, dass die Jungen auch nicht kompetent sind, sie gehen unbedarft rein und probieren einfach was aus. Natürlich erfahren sie manchmal die Grenzen. Aber mit dem Unbedarftsein muss gleichzeitig der Hinweis kommen: Prüfe das, was du angeboten bekommst, schau genau nach, damit du nicht ausgenutzt wirst. Das sind die zwei Seiten der gleichen Medaille. Aber meistens haben die älteren Menschen mehr Ängste, deshalb muss man ihnen sagen: Probiert's einfach mal aus, und das finde ich ganz wichtig."