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Sinfonische Musik
Unromantische Dramatik, folkloristische Anklänge

Leoš Janáček ist Opernkomponist und mit einem ganz eigenen, der tschechischen Sprachmelodie abgelauschten Tonfall berühmt geworden. Aber auch in seinen nichtvokalen, sinfonischen Werken hat Janácek ein Füllhorn an musikalischen Einfällen.

Von Dieter David Scholz |
    Sonnenaufgang über dem Donaudelta in Rumänien.
    In der Sinfonie "Die Donau" hat Janáček eine zu Herzen gehende Musik voller Leidenschaft, Sehnsucht und Schwermut geschrieben (imago/imagebroker)
    Im vergangenen Jahr hat Edward Gardner eine erste CD mit einer Folge sinfonischer Werke von Leoš Janáček herausgebracht, die bei uns ja nicht allzu oft zu hören sind. Der britische Dirigent Edward Gardner hat sie mit seinem künftigen Orchester eingespielt. Im Oktober 2015 wird er Chefdirigent bei den Bergener Philharmonikern in Norwegen, einem der ältesten Orchester der Welt. Es feiert in diesem Jahr den 250. Jahrestag seiner Gründung. Welch hohe spiel-technische und klangliche Qualität dieses Orchester besitzt, macht Edward Gardner mit seiner zweiten, soeben bei Chandos veröffentlichten Janácek-CD deutlich.
    Leoš Janácek: Tr. 1 Eifersucht
    Dramatisch beginnt sie, die kurz vor ihrer Uraufführung gestrichene Ouvertüre der Oper "Jenůfa" von Leoš Janácek. Edward Gardener hat sie als selten gehörtes Orchesterstück mit dem Titel Eifersucht auf seiner jetzt erschienenen Janácek-CD an den Anfang gestellt. Eine klanglich superbe CD, die das weite Spektrum der Tonsprache des mährischen Komponisten unter Beweis stellt.
    Janáček ist vor allem als Opernkomponist mit einem ganz eigenen, der tschechischen Sprachmelodie abgelauschten Tonfall berühmt geworden. Aber auch in seinen nichtvokalen, sinfonischen Werken weiß Janácek ein Füllhorn an musikalischen Einfällen auszuschütten, gepaart mit einer packenden, unromantische Dramatik, angereichert mit starken folkloristischen Anklängen, der Natur nachempfundenen Tönen und durchzogen von immer wieder sich entfaltenden großen lyrischen Kantilenen bei oftmals gewagter Harmonik.
    Die Rhapsodie für Orchester Taras Bulba. Sie war ein unmit¬telbarer Widerhall von Janáček s glühender Begeisterung für die kämpfende russische Nation. Der Titel der dreiteiligen sym¬pho¬nischen Rhap¬sodie bezieht sich auf Nicolai Gogols Romanbearbeitung einer ukrainischen Sage. Sie handelt von dem Kosaken Taras Bulba, der nach erfolgreichem Kampf gegen die Polen (1628) den Heldentod fand.
    Leoš Janácek: Tr. 12 Taras Bulba, II. Der Tod des Ostap
    Sie hörten den zweiten Satz aus der Rhapsodie für Orchester Taras Bulba von Leoš Janácek. Das Bergen Philharmonic Orchestra spielte unter Edward Gardner mit zügigen Tempi, prägnanter Artikulation und instrumentaler Brillanz, ohne den ekstatischen Ton dieser Musik je zu vernachlässigen.
    Auch das selten gespielte, unvollendete, einsätzige Violinkonzert, das Janácek mit dem Untertitel "Wanderungen einer kleinen Seele" versah, hat Edward Gardner auf sei¬ner zweiten Janácek-CD mit der Geigerin Melina Mandozzi eingespielt. Ein sehr nach Innen gewandtes, nicht auf große Effekte setzendes Werk, das Janácek zwei Jahre vor seinem Tod schrieb und unvollendet hinterließ.
    Leoš Janácek: Tr. 2 Violinkonzert. Melina Mandozzi, V.
    Der Anfang aus dem Violinkonzert von Leoš Janácek war das, gespielt von der Geigerin Melina Mandozzi und dem Bergen Philharmonic Orchestra unter seinem künftigen Chefdirigenten Edward Gardner. Die Einspielung klingt subtil und transparent, und lässt gerade dadurch die große lyrische Qualität der Musik Janáceks zu ihrem Recht kommen.
    Der Komponist Leoš Janáček war ein Spätentwickler. Seine großen Werke schrieb er erst im Alter. Aus dem kompositorischen Umfeld seiner Oper "Katja Kabanova" stammt das Fragment seiner Sinfonie "Die Donau". Es geht in ihr weniger um die musikalisch-pittoreske Ausmalung einer Flusslandschaft, als um die mythische Verbindung von Frauenschicksalen und Wasser. Kein Wunder, dass Janácek im dritten Satz eine Vokalisen singende Frauenstimme einsetzt. Janáček komponierte das Stück in seinen letzten 5 Lebensjahren. Erst mehr als ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod haben Miloš Štědroň und Leoš Faltus das eindrucksvolle Werk vollendet.
    Auch in der Sinfonie "Die Donau" hat Janáček eine zu Herzen gehende Musik voller Leidenschaft, Sehnsucht und Schwermut geschrieben, in unverwechselbarer Klangsprache. Wenn diese Musik so unsentimental und so rhythmisch pulsierend gespielt wird wie bei Gardner und dem philharmonischen Orchester von Bergen, bleibt interpretatorisch kein Wunsch offen.
    Leoš Janácek: Tr. 9 Die Donau, 3. Satz
    Sie hörten den dritten Satz aus der Sinfonie "Die Donau" von Leoš Janácek. Die Vokalisen sang die Sopranistin Susanna Andersson.
    In der Sendung "Die neue Platte"" habe ich Ihnen an diesem Pfingstmontag die zweite CD mit Orchesterwerken von Leoš Janáček empfohlen, die Edward Gardner, der künftige Chefdirigent des Bergen Philharmonic Orchestra in Norwegen jetzt veröffentlicht hat, und zwar beim Label Chandos.
    Mit Dank fürs Zuhören verabschiedet sich Dieter David Scholz
    Leoš Janáček:
    Orchesterwerke Vol.2
    Violinkonzert "Wanderung einer Seele"; Taras Bulba; Eifersucht;
    Die Ballade von Blanik; Das Kind des Dorfmusikanten; Die Donau.
    Susanna Andersson (Sopran)
    James Ehnes (Violine)
    Melina Mandozzi (Violine)
    Bergen Philharmonic Orchestra
    Leitung: Edward Gardner
    Label: Chandos, DDD, SACD
    Labelcode: 07038
    Bestellnummer: CHS 5156