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Singer-Songwriterin Cat Power
„Eine grandiose Selbstermächtigungshymne“

Nach sechs Jahren bringt die US-amerikanischen Singer-Songwriterin Chan Marshall alias Cat Power ein neues Album heraus: Auf „Wanderer“ klingt sie so souverän und reif wie noch nie. Cat Power ist immer noch auf der Reise - aber sie hat nun ein Ziel vor Augen.

Jens Balzer im Gespräch mit Christoph Reimann |
    Die US-amerikanische Singer-Songwriterin Chan Marshall alias Cat Power vor schwarzem Hintergrund
    Die US-amerikanische Singer-Songwriterin Chan Marshall alias Cat Power (Eliot Lee Hazel)
    Zuletzt war 2012 das Album "Sun" erschienen. "Kein gutes Album", sagte Musikkritiker Jens Balzer rückblickend im Deutschlandfunk. Es sei von einer musikalischen Richtungslosigkeit geprägt gewesen. Wiederkehrende Themen ihrer Songs wie Einsamkeit und Depressionen habe sie zu dieser Zeit versucht, in Elektropop auszudrücken. "Das stand ihr nicht".
    Auf dem neuen Album "Wanderer" seien kaum mehr elektronische Elemente wahrzunehmen. Stattdessen sei Chan Marshall alias Cat Power zum traditionellen Stil ihrer Heimat Atlanta zurückgekehrt. Das Album klinge nach "schwülem Südstaaten-Blues und dem noch schwüleren Südstaaten-Soul", wie man ihn in den 60er- und 70er-Jahren auf den Platten des Stax-Labels habe finden können.
    Musik und Stimme geben einander Halt
    Der Sound erinnere damit an ihr Album "The Greatest", mit dem Cat Power 2003 ihren Durchbruch erlebte. Neu sei aber, dass die Musik minimalistischer, leise und dunkel sei. "Es gibt im Gesang immer noch eine innere Unruhe", befand Balzer, jedoch gäben Musik und Stimme nun einander Halt. "Das ist eine sehr delikate Form des Ausdrucks künstlerischer Souveränität. Und diese Souveränität, das ist das Neue, was man hier hört."
    Marshalls neue Rolle als Mutter spiele eher indirekt eine Rolle auf "Wanderer", auch wenn ihr Sohn auf dem Cover abgebildet sei. Der Song "Horizon" aber greife die Familie als Thema auf. Er richte sich an ihre Mutter, ihren Vater und ihren Bruder. "Ich sehe euch alle im Horizont", heiße es im Refrain, "aber ich kann nicht bleiben". Und weiter: "Ich muss in die andere Richtung." Dazu Balzer: "Man sieht dann natürlich sofort vor dem inneren Auge, wie sie mit ihrem Sohn in diese andere Richtung geht."
    Der Horizont ist das Ziel
    Der Song "Woman" drehe sich um eine Frau, die sich aus den Fesseln ihrer Herkunft befreie. Der Song sei eine "grandiose Selbstermächtigungshymne".
    Abschließend sagte Balzer zum Album "Wanderer": "Die Wanderung, um die es geht – das ist die Reise von einer Frau, die ein Ziel vor Augen hat. Auch wenn sie weiß, dass dieses Ziel eben am Horizont liegt und dass man den Horizont ja niemals erreicht."