Schon 2004 hatte der Oldenburger Biologe Henrik Mouritsen gemeinsam mit Kollegen aus den USA erstmals Drosseln während ihrer Nachtflüge in freier Wildbahn untersucht. Wie sich herausstellte, eichen die Zugvögel ihren Magnetsinn offenbar mit Hilfe des Sonnenuntergangs. Das tun die Tiere aus einem einfachen Grund: Der geographische Nordpol stimmt nicht an jedem Punkt der Erde mit dem magnetischen Nordpol überein. Im Nordwesten der USA etwa weicht die Magnetnadel um 20 bis 30 Grad vom geographischen Norden ab. Die Sonne hingegen ist ein verlässlicher Helfer bei der Orientierung, weil sie eben immer im Westen untergeht. Mouritsen:
"Was wir gemacht haben, ist, dass wir Vögel gefangen haben. Denen haben wir dann einen kleinen 0,7-Gramm-Sender auf den Rücken geklebt und haben die dann in einen Käfig gesetzt. Und diesen Käfig haben wir dann in einer dreidimensionalen Magnetspule platziert. Und mit dieser Magnetspule konnten wir entweder nichts mit dem Magnetfeld machen, oder wir konnten das Magnetfeld 80 Grad nach Osten drehen."
Die Biologen setzten nun in der Zeit vom Sonnenuntergang bis zur Dunkelheit eine der beiden Drossel-Gruppen dem manipulierten Magnetfeld aus. Anschließend ließen sie die Tiere frei und verfolgten sie mit Hilfe der Peilsender mehrere Nächte lang im Auto. Die erste Drossel-Gruppe flog wie erwartet Richtung Norden:
"Aber die, die im gedrehten Magnetfeld gesessen hatten, sind nach Westen geflogen in der ersten Nacht. Und in der zweiten Nacht sind die nach Norden geflogen. Das bedeutet, dass diese Vögel primär einen Magnetkompass im freien Flug nutzen, aber dass die Richtungs-Meinung sozusagen von diesem Magnetkompass von der Sonne geeicht wird, und das ist eine tägliche Eichung. Denn sonst sollten die ja auch in der zweiten Nacht einen Fehler gemacht haben."
Wenn also die Zugvögel ihren Magnetsinn am Sonnenuntergang eichen, muss es ganz bestimmte Licht-Rezeptoren im Auge der Zugvögel geben, die unter Einfluss von Magnetfeldern biochemisch reagieren, so die These von Mouritsen und seinem Oldenburger Kollegen Reto Weiler.
"Und da ist die Gruppe der Cryptochrome als Pigmente, als lichtempfindliche Strukturen, dann ins Zentrum des Interesses letztendlich gerückt bei diesen ganzen Überlegungen."
Und tatsächlich konnten die Forscher bei der anschließenden Untersuchung von Grasmücken, einer anderen Zugvogelart, nachweisen, dass genau diese Cryptochrome auf der Netzhaut der Tiere vorkommen, und zwar vor allem in jenen Zellen im Auge, die bei der nächtlichen Orientierung messbar aktiv sind. Tagsüber dagegen sowie bei Verdunklung der Augen bleiben die Cryptochrome inaktiv. Dasselbe gilt für eine weitere Region im Vorderhirn der Vögel, das so genannte Cluster N. Auch Cluster N arbeitet nur dann, wenn die Vögel sich bei Nachtflug am Magnetfeld orientieren. Daher vermuteten Mouritsen und Weiler schon 2004, dass genau diese Hirnregion die über das Auge gesammelten Informationen verarbeitet. Weitere Untersuchungen ihres Kollegen Dominik Heyers stützten diese Annahme der Oldenburger Forscher. Heyers injizierte durch einen mikrochirurgischen Eingriff Farbstoffe, die entlang von Nervenbahnen transportiert werden, ins Vogel-Auge sowie die Hirnregion Cluster N. Experten nennen das neuronales Tracing. Heyers:
"Drei Tage später haben wir das Hirn analysiert und haben festgestellt, dass diese beiden Farbstoffe entlang von Nervenbahnen zusammen gelaufen sind und sich in einer Hirnregion, im Thalamus, getroffen haben. Und das deutet darauf hin, dass Cluster N und die Retina, das Auge, funktional miteinander verbunden sein müssen."
Den endgültigen Beweis für ihre Hypothese lieferten die Forscher nun mit einer abschließenden Studie, an der auch neuseeländische Kollegen beteiligt waren. Hier zeigte sich: Wenn die Hirnregion Cluster N deaktiviert wird, funktioniert auch der magnetische Kompass zur Orientierung der Vögel nicht mehr. Ihre Forschungsergebnisse stellen die Biologen in der heute erschienenen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" vor. Damit ist klar: Für ihre Orientierung am Erdmagnetfeld verfügen Zugvögel keineswegs über einen körpereigenen Magnetschaltkreis. Vielmehr eichen sie ihren Magnetsinn visuell mit Hilfe des Sonnenuntergangs, um dann zu ihrer langen Reise in südliche Gefilde aufzubrechen.
"Was wir gemacht haben, ist, dass wir Vögel gefangen haben. Denen haben wir dann einen kleinen 0,7-Gramm-Sender auf den Rücken geklebt und haben die dann in einen Käfig gesetzt. Und diesen Käfig haben wir dann in einer dreidimensionalen Magnetspule platziert. Und mit dieser Magnetspule konnten wir entweder nichts mit dem Magnetfeld machen, oder wir konnten das Magnetfeld 80 Grad nach Osten drehen."
Die Biologen setzten nun in der Zeit vom Sonnenuntergang bis zur Dunkelheit eine der beiden Drossel-Gruppen dem manipulierten Magnetfeld aus. Anschließend ließen sie die Tiere frei und verfolgten sie mit Hilfe der Peilsender mehrere Nächte lang im Auto. Die erste Drossel-Gruppe flog wie erwartet Richtung Norden:
"Aber die, die im gedrehten Magnetfeld gesessen hatten, sind nach Westen geflogen in der ersten Nacht. Und in der zweiten Nacht sind die nach Norden geflogen. Das bedeutet, dass diese Vögel primär einen Magnetkompass im freien Flug nutzen, aber dass die Richtungs-Meinung sozusagen von diesem Magnetkompass von der Sonne geeicht wird, und das ist eine tägliche Eichung. Denn sonst sollten die ja auch in der zweiten Nacht einen Fehler gemacht haben."
Wenn also die Zugvögel ihren Magnetsinn am Sonnenuntergang eichen, muss es ganz bestimmte Licht-Rezeptoren im Auge der Zugvögel geben, die unter Einfluss von Magnetfeldern biochemisch reagieren, so die These von Mouritsen und seinem Oldenburger Kollegen Reto Weiler.
"Und da ist die Gruppe der Cryptochrome als Pigmente, als lichtempfindliche Strukturen, dann ins Zentrum des Interesses letztendlich gerückt bei diesen ganzen Überlegungen."
Und tatsächlich konnten die Forscher bei der anschließenden Untersuchung von Grasmücken, einer anderen Zugvogelart, nachweisen, dass genau diese Cryptochrome auf der Netzhaut der Tiere vorkommen, und zwar vor allem in jenen Zellen im Auge, die bei der nächtlichen Orientierung messbar aktiv sind. Tagsüber dagegen sowie bei Verdunklung der Augen bleiben die Cryptochrome inaktiv. Dasselbe gilt für eine weitere Region im Vorderhirn der Vögel, das so genannte Cluster N. Auch Cluster N arbeitet nur dann, wenn die Vögel sich bei Nachtflug am Magnetfeld orientieren. Daher vermuteten Mouritsen und Weiler schon 2004, dass genau diese Hirnregion die über das Auge gesammelten Informationen verarbeitet. Weitere Untersuchungen ihres Kollegen Dominik Heyers stützten diese Annahme der Oldenburger Forscher. Heyers injizierte durch einen mikrochirurgischen Eingriff Farbstoffe, die entlang von Nervenbahnen transportiert werden, ins Vogel-Auge sowie die Hirnregion Cluster N. Experten nennen das neuronales Tracing. Heyers:
"Drei Tage später haben wir das Hirn analysiert und haben festgestellt, dass diese beiden Farbstoffe entlang von Nervenbahnen zusammen gelaufen sind und sich in einer Hirnregion, im Thalamus, getroffen haben. Und das deutet darauf hin, dass Cluster N und die Retina, das Auge, funktional miteinander verbunden sein müssen."
Den endgültigen Beweis für ihre Hypothese lieferten die Forscher nun mit einer abschließenden Studie, an der auch neuseeländische Kollegen beteiligt waren. Hier zeigte sich: Wenn die Hirnregion Cluster N deaktiviert wird, funktioniert auch der magnetische Kompass zur Orientierung der Vögel nicht mehr. Ihre Forschungsergebnisse stellen die Biologen in der heute erschienenen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" vor. Damit ist klar: Für ihre Orientierung am Erdmagnetfeld verfügen Zugvögel keineswegs über einen körpereigenen Magnetschaltkreis. Vielmehr eichen sie ihren Magnetsinn visuell mit Hilfe des Sonnenuntergangs, um dann zu ihrer langen Reise in südliche Gefilde aufzubrechen.