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Sinnieren über den Sinn der Arbeit

Der Sinn meiner Arbeit ist Erfüllung, in dem, was ich tue. Ich beschäftige mich mit Sachen, die ich gut finde, die ich schön finde, die einen Sinn haben, und die Freude machen, den anderen auch vor allen Dingen – ja, es gehört einfach zum Leben dazu.

Sibylle Hoffmann, Carola Kleinschmidt und Anne Otto |
    Was mag das für ein schöner Beruf sein, dem man mit 46 Jahren und einer grünen Schürze vor der Brust noch so gerne nachgeht?

    Es sind so Sachen, die einfach einen Widerhall finden. Man macht etwas, die anderen finden es schön, dadurch ergibt sich eine Atmosphäre, entspannt und jeder genießt etwas....man gestaltet ...unser Geschäft halt, so dass man sich drin wohl fühlt. Man ist hier von morgens bis abends im Geschäft, man ist sechs Tage in der Woche im Geschäft und das muss dann so eine Atmosphäre sein, wo man sich wohl fühlt, wo man entspannt sein kann.

    Paola findet den Sinn ihrer Arbeit darin, in einer entspannten Atmosphäre andere glücklich zu machen. Paola verkauft Gemüse und Obst. Rundlich und mit rotbraunen Haaren steht sie zwischen Zwiebeln und Äpfeln, Bananen und Kartoffeln. Vor oder nach Geschäftsschluss kocht sie Marmeladen oder bereitet italienische Antipasti vor, die sie ebenfalls verkauft.

    Also ich darf nicht anfangen, meinen Stundenlohn zu berechnen. Dann würde ich vielleicht ne Krise kriegen und fragen: Für was mache ich das? Nein, so ist es nicht... weil ich das gerne mach’. Und es kommt auch so zurück, dass meine Kundschaft sich darauf freut und das ist wieder Elan und nicht widerlich jeden Morgen aufstehen... nein, es ist schön.

    Schön, wenn man ihn gefunden hat und zufrieden ist. Wenn die Arbeit einen Sinn hat, dann hat auch das Leben einen Sinn. Dann ist der Mensch ausgeglichen, zufrieden, und: Er könnte sogar noch ein bisschen mehr arbeiten...

    Im Zuge von Personalabbau und Leistungsverdichtung, wird es für Unternehmen immer wichtiger, ihre restlichen Mitarbeiter so zu motivieren und sie so in Unternehmensphilosophien und Corporate Identity einzubinden, dass sie trotz Erfolgs- und Zeitdruck, die Freude an ihrer Arbeit nicht verlieren und den Sinn darin erkennen. Blättert man durch die einschlägige Literatur zeigt sich: Es geht dabei immer wieder um die persönliche Selbstverwirklichung. Consultingfirmen und Managementberater aber auch Soziologen, kritische Gewerkschafter und Freizeitforscher haben sich der Frage nach dem Sinn der Arbeit zugewandt.

    "Sinn der Arbeit" steht jedoch nicht in Leuchtschrift auf jeder Betriebs-Agenda .

    Nein. Die Frage ist nicht relevant. Oder die ist so selbstverständlich, dass man die nicht wirklich bespricht.

    Gisela Clausen ist Psychologin und Organisationberaterin. Sie berät Non-Profit-Organisationen ebenso wie große Unternehmen und Führungskräfte.

    Also für die meisten Menschen ist der Sinn der Arbeit einfach durchs Geld gegeben. Und natürlich habe ich viel mit dem Sinn der Arbeit zu tun, wenn es um Veränderungsprozesse geht, und wenn man Sorge haben muss, dass es den Leuten sinnlos vorkommt, dass der Sinn verloren geht. Dann wird es Thema. Wenn es um Sinnlosigkeit geht, aber nicht, wenn es um Sinn geht.

    Ja, die Leute, die nichts zu tun haben, die Langeweile haben, gehen’ gerne arbeiten....ist doch bei vielen so. Also es gibt ne Menge Leute, die gehen arbeiten, weil sie sonst gar nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen.... Die halten das zuhause nicht mehr aus. Kann natürlich auch sein.

    So sehen das diejenigen, die auf der Straße sitzen und gebrauchte Bücher zum Verkauf anbieten. Sie nennen sich "selbständig".

    Bist ja dann nicht der Arsch für irgend so ein Idiot, der sagt, hier, mach noch mehr, kann ja wohl nicht angehen, wehe du gehst jetzt auf die Toilette.

    Mit festen Arbeitsverhältnissen, mit Chefs und mit dem Arbeitsamt haben diese fliegenden Händler schlechte Erfahrungen gemacht. Und ihre Umwelt auch.

    Eine Freundin von mir, die hat jetzt im Behindertenbereich gearbeitet, schwupp, Probezeit zu Ende, der Nächste. Das machen die seit Jahren. Die haben alle Rechte und schmeißen die Leute nach einem halben Jahr auf die Straße. Das ist moderne Arbeitsmarktpolitik

    Revolution! – Wer will die denn? Wohin sollte sie führen?

    Margret hat Urlaub genommen. Sie klagt über Kopfschmerzen und Unzufriedenheit und will im Urlaub darüber nachdenken, ob ihr Beruf noch zu ihr passt. Eine Krise. Sie arbeitet seit 25 Jahren als Sozialarbeiterin. In einer Klinik berät sie Eltern von schwerkranken Kindern. Stellenkürzungen an ihrem Arbeitsplatz und Mittelkürzungen außerhalb der Klinik höhlen den ganzheitlichen Anspruch aus, den sie an ihre Arbeit stellt, und der Sparzwang zerstört die profunde Hilfe, die sie leisten möchte. Margret muss die Beratungen vor allem verwaltungstechnisch zügig und ökonomisch opportun durchziehen. Sie hat keine Zeit mehr für Hintergrundgespräche, für Tränen und Trost. Für ausreichende Hilfsmittel steht nicht mehr genügend Geld zur Verfügung. Vielleicht wird Margret ihren Job kündigen. Sie hält ihn nicht mehr aus. Lieber will sie eine sinnvolle Tätigkeit in einem anderen Bereich suchen. Strengt Margret sich vielleicht nicht richtig an? Könnte sie mehr geben? Könnte sie nicht mit mehr persönlichem Einsatz mehr erreichen?

    Wir stellen nicht Mitarbeiter ein, sondern wir selektieren. Wir selektieren unsere Mitarbeiter nach Talenten.

    Oliver Eller ist ein selbstbewusster Manager, Generaldirektor des Ritz-Carlton Hotels in Wolfsburg, Herr über 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Wort Selektion kommt ihm ganz natürlich über die Lippen:

    Für uns ist es also entscheidend, wenn wir eine neue Dame oder einen neuen Herr, der bei uns arbeiten möchte, nicht unbedingt, ob er eine fundierte Ausbildung hat, die auf die fachliche Kompetenz ausgerichtet ist, für uns ist viel entscheidender, ob er die Talente mitbringt, in einem Service, in einer Servicewelt erfolgreich zu arbeiten. Ist er teamfähig? Geht er gerne auf Menschen zu? Ist er extrovertiert? Lächelt er gern? Hat er eine positive Einstellung zu seiner Arbeit? Kann er lernen, kann er weiterkommen? Und wenn man doch mit jedem ethisch korrekt umgeht, glaub ich, kann man doch sehr viel mehr erreichen. Und schafft es auch, dass jeder noch einen kleinen Schritt weitergeht. Dass jeder sagt: Ich will der Beste in meinem Beruf sein. Ich will der Beste sein.

    Ich gebe mein Bestes! –

    Ich hoffe, dass das nicht stimmt! (Lachen) Ich bin eher, wenn ich schon arbeiten muss, für Dienst nach Vorschrift. Man tut am wenigsten und vielleicht sein Schlechtes noch. (Lachen)

    Guillaume Paoli ist ein lebenslustiger Korse, arbeitslos und Herausgeber eines Buches mit Texten der "Glücklichen Arbeitslosen", einer bundesweiten, offenen Gruppe von arbeitslosen Querköpfen. "Mehr Zuckerbrot – weniger Peitsche!" lautet der Titel des Buches.

    Das ist auch eine moralische Sache: Warum sollte ich mein Bestes geben? Es kommt drauf an, natürlich. Es gibt Leute, die eine Arbeit haben, die ihnen gefällt und dann versuchen sie, ihr bestes zu tun, innerhalb von ihrer Tätigkeit... Aber warum sollte jemand im Callcenter, Pizzalieferer oder was weiß ich was, sein Bestes in seiner Arbeit geben. Er hat natürlich Besseres im Leben zu tun.

    Ich behaupte, dass es im Leben viele Dinge gibt, die sinnvoll sind, weil sie keinen Sinn, keinen Zweck haben, weil sie zweckfrei sind. So zum Beispiel Kultur zu verstehen oder Fest feiern. Natürlich kann jeder für sich denken: ich pflege meine Großmutter, und das ist für mich sinnvoll genug, oder ich kümmer’ mich um mein Kind oder ich gehe auf Reisen...

    Ich muss Ihnen sagen: am meisten reizt mich, dass, wenn ich morgens zur Arbeit komme, gar nicht weiß, was passiert. Man hat zwar seine Zimmer, aber mal funktioniert’s besser, mal ist es weniger, hat man mehr Herausforderung. Es ist nicht einfach: Die Schraube dreh ich fest, jeden Tag. Man erlebt jeden Tag was Neues.

    Susanne Seeger arbeitet im Wolfsburger Ritz Carlton. Inzwischen ist sie als Hausdamenassistentin in Managerposition.

    Punkt zwei, warum ich so gerne hier arbeite: Wenn man wirklich wachsen möchte: man kann’s. Man wird unterstützt von jeder Seite. Also ich hab absolut keine Hotelerfahrung oder -ausbildung, und jetzt ... werden’s drei Jahre und man lernt sehr viel.

    Die Freude an der Arbeit – oder wenigstens am Arbeitsplatz - wecken und die Beschäftigten mit an das Unternehmen zu binden, sind Managementideen, die bereits in den 70ger Jahren propagiert wurden. Damals ließen Firmen Schwimmbäder für die Arbeitnehmer bauen und Sporthallen, Hauptsache Zufriedenheit und Ruhe am Arbeitsplatz waren garantiert. Mit der New Economy in den neunziger Jahren, mit Computern und Handys wurden Arbeitsplätze und Arbeitszeiten flexibler. Mehr Freiheit, mehr Mitbestimmung und endlich auch eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollte diese Flexibilität bringen.

    Bei dem amerikanischen Büromaschinenhersteller IBM wurden die Stempeluhren abgeschafft, die Arbeitszeiten regelten die Mitarbeiter in Teams je nach Aufgabenfülle untereinander. Ende der neunziger Jahre wurde der Arbeitsstress bei IBM Deutschland unerträglich. Viele Beschäftigten arbeiteten länger als tariflich vereinbart, denn mit der neuen Flexibilität zählten nicht mehr die Arbeitsstunden, sondern der Projekterfolg. Betriebsrat Wilfried Glissmann:

    Es sind nicht etwa Anweisungen von Managern, die zu Mehrarbeitszeiten führen, sondern die Mitarbeiter selber sind es, die länger arbeiten.... die Mitarbeiter selber sind es, die alles das ignorieren, was es an Regelungen gibt, die ja zu ihrem Schutz vereinbart sind.

    "Wo bleibt meine Zeit" fragte schließlich der Betriebsrat in einer Plakataktion, und bei den Angestellten begann eine zaghafte Selbstbesinnung. Unter dem Motto "Meine Zeit ist mein Leben" und "Mit Haut und Haaren" dokumentierten IBM-Mitarbeiter, wie es ihnen hinter ihren Alltagsmasken ging. Sie litten unter einer ständigen "Erhöhung der Workload", (Erhöhung der Arbeitslasten) und fragten sich: Warum ihre Arbeit kein Ende habe und wie lange sie den Beanspruchungen noch stand halten würden. Was geschähe mit ihnen, wenn sie nicht mehr durchhalten könnten? Imageverluste, Krankheit und Arbeitslosigkeit hatten sie vor Augen. Heute stehen diese Fragen unter dem Titel: Work-Life-Balance allgemein zur Debatte.

    Und damit rückt auch die Frage nach dem Sinn der Arbeit wieder nach vorn. Wilfried Glissmann, Mathematiker und Betriebsrat bei IBM:

    In einer klassischen Unternehmung... gibt es entweder den Chef – oder wenn’s größer ist, den Manager, der mehr oder weniger sagt, was zu tun ist, und die Mitarbeiter sind sozusagen seinen Weisungen unterstellt. In dieser Situation ist die Arbeit eher unselbständig. Oder wenn sie selbständig ist, dann hat sie ... den Charakter: Eigentlich weiß ich, was der Arbeitgeber von mir erwartet, und ich handle in dem Sinne wie die inhaltliche Erwartung des Arbeitgebers ist.

    Da ist meine Arbeitszeit klar definiert als die Zeit, die ich im Auftrag des Unternehmens tätig bin. Jenseits dessen liegt die Freizeit.

    In der Arbeit muss ich tun, was ein anderer will, in der Freizeit hingegen, endlich, kann ich tun, was ich selber will.

    Freizeit – ein Wort, das der Freizeitforscher Horst Opaschowski am liebsten streichen würde.

    In der jetzigen Zeit hat Sinn der Arbeit sehr viel mit der Lebensbalance zu tun. Also Berufs- und Privatleben sollten mehr miteinander verschränkt und mehr miteinander vereinbar sein. Und das Privatleben darf nicht mehr den reinen beruflichen Interessen geopfert werden.

    Wenn Sie heute fragen, was berufliche Erfüllung, berufliche Karriere ausmacht, dann nennt insbesondere die junge Generation drei Dinge, die mit dem beruflichen Aufstieg und dem Mehrverdienen relativ wenig zu tun haben: Nämlich erstens, eine Arbeit haben, die Spaß macht. Zweitens, berufliche Erfolgserlebnisse haben und drittens, eigene Zielvorstellungen verwirklichen.

    Die modernen Managementstrategien machen sich Freude, Erfolg und Ziele der Mitarbeiter zu Nutze. Indirekte Steuerung ist der Fachausdruck dafür.

    Diese neue Managementform besteht eben darin, dass die Kollegen unmittelbar mit der Sache konfrontiert sind, ..., dass sie die Folgen ihres Tuns sehen, Erfolge wie Misserfolge, und dass in dieser Auseinandersetzung die Frage ihres Sinns, ihres fachlichen wie auch Lebenssinns, plötzlich eine Bedeutung gewinnt, was ja toll ist, aber somit auch zum Gegenstand von Managementtechniken wird, die also eine Steuerung durch Sinn versuchen.

    Also es gibt Unternehmensberater, die machen dann mit den Mitarbeitern Workshops, wo dann gesagt wird: Was ist ihr persönlicher Lebenssinn, "möchten Sie einen Unterschied in der Welt machen?", und diese sehr sehr persönlichen Dinge dann im Kontext einer Abteilung diskutieren und darüber dann die Frage ... nach dem persönlichen Lebenssinn zu einem Mittel zum Zweck des Unternehmens machen.

    Aber es ist doch toll, wenn sich das Unternehmen für den Lebenssinn der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interessiert...!

    Aber dann bitteschön in eigener Steuerung und nicht in einer Form, wo dies...Mittel zum Zweck wird. Das ist glaube ich ... eine Grenze, die nicht verwischen darf, weil man ansonsten eine Arbeitssituation hat, die sehr sehr persönlich wirkt, alle sind per du, alle bringen was voran, alle fühlen sich gut... – alles wirkt sehr persönlich, ist aber unter Vorbehalt: jeder bringt seinen Beitrag, und wer das nicht mehr tut, der fällt raus, der hat dann ...die Geschäftsgrundlage nicht erfüllt.

    Der Zwang, sein "Bestes zu geben", wird via indirekter Steuerung erhöht, und die Firma vereinnahmt sogar den Lebenssinn der Arbeitnehmer. - Unter diesen Umständen allerdings schillert der Sinn der Arbeit in einer neuen Farbe...

    ...oder in einer alten? Arbeit bedeutet im Ursprung Mühsal. Warum sollte man Mühsal mit "Sinn" verknüpfen und schön reden, wenn man an der Mühsal auf Dauer kein Vergnügen findet?

    Je mehr Ansprüche angemeldet werden, um so weniger kann eingelöst werden. Wir haben gerade in einer aktuellen Repräsentativumfrage der Arbeitnehmerschaft herausgefunden, dass viele Begriffe der ... Wirtschaft heute Luftblasen sind und Legenden:... Jobnomaden, work-life-balance, teamwork, flache Hierarchien. Die Arbeitnehmerschaft stellt fest: Da ist nichts dahinter.

    Zumindest der Begriff und das Phänomen der Jobnomaden könnte allerdings erhalten bleiben, mein Giullaume Paoli.

    Eine durchschnittliche Biographie im Moment - und es wird auch so bleiben – das sind Leute, die ein paar Jahre arbeiten werden, dann ein paar Jahre arbeitslos sein werden. Es gibt keine Opposition zwischen arbeitenden und nicht arbeitenden Menschen. Es sind eher zwei Momente in einer Biographie.

    Deswegen fordern die glücklichen Arbeitslosen – in vollem Kontrast zum politischen Trend – mehr Unterstützung für Arbeitslose. Dann würde auch die Angst vor der Arbeitslosigkeit sinken. Im Übrigen halte das Leben selbst genug Sinn parat. Deswegen müsse man nicht arbeiten und schon gar nicht in schlecht bezahlten Zwangsmaßnahmen.

    Was ich tu, tu ich gern. Ich lese, ich schreibe, ich koche leidenschaftlich ...– und ich glaube, es hat alles seinen Sinn, selbst gesellschaftlich gesehen. Natürlich ist niemand ständig glücklich, kann jeder depressiv sein, nur, das einzige, was ich betonen will, ist, dass es nicht mit der Ermangelung von Arbeit zusammenhängt. Ich hab’ sogar zu viel zu tun. Deswegen habe ich keine Zeit zu arbeiten.

    Den Menschen treibt eine Sinnfrage. Irgendwie brauchen wir einen Sinn für unser Leben. Und ... der kann gesichert sein durch Arbeitszusammenhänge, der kann durch andere Gemeinschaftszugehörigkeiten gesichert sein. Und da trifft es sich halt, dass die Arbeitswelt ein Sicherungssystem für unser Gefühl von Sinn ist.

    Gemeinschaft und Gemeinsamkeit bringen Sinn hervor. Die Organisationsberaterin und Psychologin Gisela Clausen

    Ich kann mir keinen Menschen vorstellen, der nicht in einem inneren Verbund mit anderen lebt. Also: Robinson kommt selten vor.

    Das heißt aber nicht, dass Robinson erwerbstätig sein muss, um Sinn zu finden.

    Viele gehen in ihre Firma und machen da irgendwelche Arbeit, und dann gehen sie um Punkt vier nach Hause... und dann fängt das eigentliche Leben an. Dann sind sie nämlich in einem Verein organisiert und arbeiten da ehrenamtlich und haben da ihr ganzes social life und investieren noch mal richtig viel Arbeit in irgendwelche gemeinnützigen Tätigkeiten, in Sport... und die finden ihren Sinn eben nicht in dem, was man bezahlte Arbeit nennt, sondern in einer ganz anderen Form von Arbeit.

    Es gibt neben der Erwerbsarbeit einen anderen Bereich, den selbst das Bundesverfassungsgericht als gleichwertig anerkannt hat: Das ist die Kindererziehung, die Familienarbeit. Daneben gibt es die freiwillige Tätigkeit. Alles das müsste in die soziale Anerkennung mit hinein gepackt werden. Beinahe möchte ich sagen: Es müsste in das Bruttosozialprodukt mit eingerechnet werden.

    Damit wäre dann allerdings nicht nur dem Sinn der Erwerbsarbeit eine Leistungs- und Gewinnspanne unterlegt, sondern auch dem ganz privaten Lebenssinn.

    Ich glaube, der Mensch ist auf Leistung programmiert. Alle Menschen können etwas leisten, allen wollen auch etwas leisten... nur nicht immer gegen Geld.

    Und was schließen wir daraus: Mehr Geld für Nichtstun, und kein Geld für Leistung. - Ließe sich die Gesellschaft so zufriedenstellend und sinnvoll reorganisieren? Wäre das die Generallösung für alle ökonomischen Probleme? – Sie läge jenseits der marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten.