Es geht um die WM 2006 in Deutschland, mutmaßlichen Stimmenkauf und um die mysteriöse Millionenzahlung. Auch die Ethik-Kommission untersucht, was damals geschehen ist. Doch eine der Schlüsselfiguren hat sie nie befragt: Ex-FIFA-Vorstandsmitglied Mohammed bin Hammam. Der Katarer hatte die verdächtigen 6,7 Millionen Euro empfangen und weiter verteilt.
Keine Befragung wegen Sperre
Warum bin Hammam nie befragt wurde – darauf geben die FIFA-Ethiker jetzt eine neue, merkwürdige Erklärung ab: Er sei 2012 für alle Fußballtätigkeiten gesperrt worden, er unterstehe somit nicht mehr der Fifa-Gerichtsbarkeit. Die Behauptung erstaunt schon deshalb, weil die Fifa-Ethiker selbst bin Hammam in ihrem Untersuchungsreport als "Haupttäter" bezeichnen. Weshalb soll ein Haupttäter, der zudem Schlüsselzeuge in der WM-2006-Affäre ist, nicht befragt werden dürfen – was hat eine Sperre, die er wegen einer ganz anderen Bestechungsaktion 2011 erhalten hatte, damit zu tun?
Der Bitte, ihr Verdikt anhand des Ethikcodes zu untermauern, kam die Fifa nicht nach. Es ist im Regelwerk auch nicht erkennbar. Im Gegenteil, der Code ordert die Mitwirkung aller Fußballoffiziellen und hält die Verbände sogar zur Durchsetzung von Ethikentscheiden in ihren Hoheitsgebieten an. Das ist besonders heikel im Fall bin Hammam: Er lebt in Katar, dem Veranstalterland der WM 2022. Dessen Schutz vor Strafprozessen ist der Fifa offenbar ein so wichtiges Anliegen, dass sie schon selbst eine Klage zurückzog: im Kontext einer Affäre um WM-Fernsehrechte.
Was die Nichtbefragung bin Hammams zur WM 2006 angeht, da hatten die FIFA-Ethiker in einer Anhörung zuvor schon eine weitere, noch viel erstaunlichere Begründung geliefert. Er sei tot, erzählten sie da. Ist er nicht. Erst Tage später räumten die Ethiker ein, dass ihnen eine Verwechslung mit einem anderen Ex-Fifa-Vorstand unterlaufen sei, der jedoch bereits lange verstorben war und nichts mit der WM-2006-Aktenlage zu tun hat.