Titus Dittmann, Jahrgang 1948, gilt als der "Vater der deutschen Skateboard-Szene". Als Unternehmer im Einzelhandel für Skateboards und als Veranstalter großer Events prägte er die Szene in Deutschland wie kein anderer. Seine Liebe zum Skateboarden begann 1977 in Münster. Damals noch Lehramtsstudent für Sport und Geografie, sah er zum ersten Mal junge Skateboarder am Aasee. "Ich stand da und war nur fasziniert", erinnert sich Dittmann. "Das war für mich so ein Schlüsselerlebnis, dass ich mir direkt so ein Brett geliehen habe und siehe da, bei mir funktionierte das genauso und da ist einfach der Virus hängengeblieben."
Seitdem habe er sich immer wieder mit der Faszination Skateboarding beschäftigt: "Ich habe inzwischen auch einen Lehrauftrag an der Uni Münster und bin damit auch der einzige Skateboard-Lehrbeauftragte in Europa an der Uni."
Anerkennung bei der jungen Generation
Sein jahrzehntelanger Einsatz für die Skateszene werde auch von der jungen Generation noch honoriert: "Was ich selber spüre, ist eine positive Resonanz. Es wird gesehen, dass ich mich seit vier Jahrzehnten für die Interessen der Skateboarder einsetze."
Auch mit fast 70 Jahren ist für Dittmann das Skateboard-Fahren immer noch eine Passion: "Es macht unglaublich viel Freude und auch für mich ist es immer noch ein großes Erlebnis, das Brett zu beherrschen."
Gegen die Regelstarre
In den 1980er-Jahren startete Dittmann einen Skate-Contest, der bald der bisherigen Weltmeisterschaft Konkurrenz machte. Das lag vor allem an der Regelstarre der damaligen Rollsportverbände, so Dittmann. "Das ist der Nachteil, wenn ein Sport auf höchstem Leistungsniveau betrieben wird: Dann ist das eigentlich Stillstand und die Regeln entwickeln sich nicht weiter." Beim Skateboarden entwickelten sich jedoch immer neue Bedürfnisse - die hätte er dann damals mit seinem neuen Wettbewerb berücksichtigt. "Ich bin aktiv geworden, weil die etablierten Vereine sich nicht mehr bewegen wollten."
Skateboarden zur Identitätsstiftung
Doch die Veranstaltung war laut Dittmann auch deswegen so beliebt, weil das Treffen von Gleichgesinnten im Vordergrund stand. "Ich spreche immer von einer ästhetischen Gesinnungsgenossenschaft bei Skateboardern. Die treffen sich gerne, weil sie ähnlich drauf sind." Das werde unter anderem durch ihre Kleidung zum Ausdruck gebracht. "Skateboarder haben sich immer bemüht, sich abzusetzen, auch durch ihre Optik." Skateboarden sei ein Instrument, das von Jugendlichen unbewusst dazu genutzt werde, sich selbst zu finden und eine eigene Identität zu erarbeiten.
Skateboarden ist laut Dittmann eine selbstbestimmte Sportart, die jungen Menschen in ihrer Orientierungsphase bei der Persönlichkeitsentwicklung helfen kann. "Beim Skateboarden geht alles von ihnen selbst aus, sie stecken sich ihre Ziele selbst." Das führe dazu, dass sie sich mehr zutrauten. Auch stehe beim Skateboarden nicht das absolute Ergebnis im Vordergrund, wie etwa beim Fußball. Erfolgserlebnisse würden in der Community gemeinsam gefeiert. "Bei höher, schneller, weiter hat nur der Erste ein Erfolgserlebnis."
Ist es denn nun zu begrüßen, dass Skateboarden olympisch wird? Darauf hat Dittmann im Sportgespräch diese Antwort: "Aus pädagogischer und soziologischer Sicht sage ich: Schade, dass es olympisch wird. Denn: Es wird eine Menge der Kraft nehmen, die man in der Pädagogik zur Persönlichkeitsentwicklung bei den Kindern durch die Selbstbestimmtheit nutzen kann." Aus kommerzieller Sicht tue es den Skateboarden, die davon leben wollen, natürlich gut.
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