Die 73. Auflage der Vierschanzentournee ist mit einem Dreifacherfolg der österreichischen Springer zu Ende gegangen - und mit einer neu entfachten Diskussion zum Skispringen der Frauen: Denn während die Wettkämpfe der Männer große Aufmerksamkeit genießen, stehen die Frauen oft im Schatten.
Seit Jahren wünschen sich die Athletinnen zum Beispiel ebenfalls eine Vierschanzen- und keine Zweischanzentournee. Der Weltskiverband FIS hat nun angekündigt, das Frauenspringen besser vermarkten zu wollen, um es aufzuwerten. Damit will er für mehr Gleichberechtigung und auch für mehr Geld sorgen.
Was genau plant die FIS für die Skisprung-Wettkämpfe der Männer und Frauen?
Parallele Wettkampfkalender für Frauen und Männer: Ab der Saison 2026/27 sollen Männer und Frauen ihre Weltcup-Wettkämpfe an denselben Orten und zu denselben Terminen austragen, allerdings zeitversetzt. Ein ähnliches Konzept gibt es bereits seit Jahrzehnten im Biathlon. Das Skispringen soll nicht revolutioniert werden, sondern weiterentwickelt, erklärte FIS-Renndirektor Sandro Pertile beim Fernsehsender Europsport.
Das Programm soll insgesamt attraktiver für das Publikum werden und die Wettkämpfe dabei maximal fünf Stunden dauern: "Vielleicht müssen wir die Anzahl der Athleten etwas verkleinern. Auf jeden Fall sollten wir aber die Anzahl der Durchgänge insgesamt reduzieren." So könnten Probedurchgänge gestrichen oder nur eine Qualifiaktion pro Wochenende ausgetragen werden. Die Saison 2025/26 dient als Testphase - bis zu den Olympischen Winterspielen 2026 in Cortina d'Ampezzo bleibt es bei den alten Regelungen.
Welche Chancen bietet die Angleichung der Skisprung-Wettkampfkalender?
Die Neuerung soll das Frauenskispringen aufwerten. Wenn Frauen und Männer am selben Ort springen, könnten mehr Zuschauer auch bei den Frauenwettbewerben bleiben. Dadurch würde das Frauenskispringen populärer und lukrativer. Und mit volleren Stadien wären auch die Vermarktungschancen und entsprechend dann auch die Preisgelder für die Athletinnen höher.
Die Skispringerinnen wünschen sich seit Jahren mehr Gleichberechtigung und Wettkämpfe auf den großen Schanzen. Während die Männer auf großen Schanzen springen und regelmäßig Wettkämpfe auf Skiflugschanzen austragen (diese ermöglichen Flüge von bis zu 250 Metern), finden die meisten Frauen-Wettkämpfe auf kleineren Schanzen mit Sprüngen um die 90 bis 110 Meter statt. Seit einiger Zeit versucht der Weltverband aber den Kalender anzupassen, ein erstes Skifliegen für Frauen hat stattgefunden.
Pertile deutete an, dass Frauen in Zukunft wahrscheinlich mehr Möglichkeiten im Skifliegen erhalten könnten: „Fragt man die Frauen, wird das Ergebnis sicherlich sein, dass sie auf die größeren Schanzen wollen.“
Welche Nachteile könnten parallele Skisprung-Wettkämpfe haben?
Genau das könnte ein Nachteil sein, mahnt Heinz Kuttin, Bundestrainer der deutschen Skispringerinnen. Er warnt davor, Kleinschanzen aus dem Kalender zu streichen. Diese Schanzen sind wichtig für die Entwicklung von Athletinnen und werden auch bei Großereignissen wie den Olympischen Spielen bei den Frauen genutzt: „Wenn diese kleinen Schanzen dann gestrichen werden würden, wäre das ein falscher Schritt, ein falsches Signal. Das sind Trainingszentren für die einzelnen Nationen und sehr wichtig für den Nachwuchs.“
Warum könnte die Umsetzung schwierig werden?
Die größte Herausforderung ist die Abhängigkeit des Skispringens vom Wetter. Windverhältnisse können den Zeitplan leicht durcheinanderbringen, was bei zwei Wettbewerben pro Tag für Frauen und Männer noch schwieriger zu managen wäre. Frauen-Bundestrainer Heinz Kuttin weist darauf hin, dass es bereits Probleme bei gemeinsamen Wettkämpfen gab: „Wenn das Wetter nicht mitspielt, ist es wirklich schwierig, den Terminkalender durchzubringen."
Auch Mario Stecher, Sportdirektor des österreichischen Skiverbands, äußert Bedenken: „Man hat es in Engelberg gesehen – wenn Schnee fällt, wird abgesagt. Und was wird abgesagt? Das Damen-Skispringen. Genau das ist das, was wir nicht wollten."
Auch zu lange Pausen zwischen den Wettlämpfen könnten hinderlich sein: Der Wettkampf der Frauen in Garmisch-Partenkirchen fand am Silvesterabend nach der Männer-Qualifikation und einer längeren Pause statt. Von den 10.000 Zuschauern, die bei der Qualifikation anwesend waren, blieben noch 3.000 für die Frauen.
Ein weiteres Hindernis ist die Dunkelheit. Um an einem Tag zwei Sprünge durchführen zu können, wären Flutlichtanlagen erforderlich. In Innsbruck ist die Umsetzung einer Vierschanzentournee für Frauen bisher unter anderem daran gescheitert, dass es dort keine Flutlichtanlage gibt.
Gibt es auch alternative Vorschläge?
Statt alle Wettkämpfe zu kombinieren, schlägt der Sportdirektor des Österreichischen Skiverbands vor, sich auf ausgewählte große Events zu konzentrieren: „Eine Art Grand Slam, wie es im Tennis Standard ist. Vielleicht eine Vierschanzentournee, vielleicht ein Nordic-Tournament in Skandinavien – das wäre sinnvoll. Aber alles andere gehört getrennt", so Stecher.