So mancher Bildhauer hegt den Traum von einem eigenen Skulpturenpark. Keine abgeschlossene Ausstellungshalle soll es sein, sondern ein Freilichtmuseum inmitten der Natur. Auch den Wuppertaler Tony Cragg hat diese Sehnsucht lange umgetrieben. Bis er eines Tages auf den Anhöhen seiner Heimatstadt ein schönes, verwunschenes Haus vorfand, inmitten einer verwilderten Parklandschaft. Tony Cragg zögerte nicht lange und kaufte das stattliche Anwesen. Und so wurde aus Craggs Traum schließlich Wirklichkeit:
"Besucher kommen durch dieselbe Eingangssituation, die ich selbst vor 15 Jahren betreten bin. Das ist schon eine total ungewöhnliche Mischung hier. Die Eingangstür ist dieser Bogen aus Naturstein. Dann die Serpentinestraße, die hochgeht, links und rechts ausgewachsene, prächtige Bäume. Das ist, bevor man überhaupt hier ankommt."
"Besucher kommen durch dieselbe Eingangssituation, die ich selbst vor 15 Jahren betreten bin. Das ist schon eine total ungewöhnliche Mischung hier. Die Eingangstür ist dieser Bogen aus Naturstein. Dann die Serpentinestraße, die hochgeht, links und rechts ausgewachsene, prächtige Bäume. Das ist, bevor man überhaupt hier ankommt."
Der Bildhauer blickt über das Plateau, das sich neben dem restaurierten Wohnhaus Waldfrieden erstreckt:
"Auf dieser Ebene sehen Sie das ehemalige Wohnhaus von Prof. Kurt Herberts, der war Farbfabrikant. Unterhalb von seinem Haus ist seine Fabrik, die können Sie sehen von hier aus. Das ist ein Haus, das kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden ist – nach anthroposophischen Prinzipien, das heißt nicht geradlinig, mit Kurven, mit speziellen Naturmaterialien. Als ich das das erste Mal gesehen habe, sah es aus wie ein total wildes Ding. Es war damals nicht in sehr gutem Zustand, es gab baulich einige Probleme, die man anpacken musste und wir haben auch fast drei Jahre renoviert."
In der Nazi-Zeit Künstler nach Wuppertal geholt
Tony Cragg erinnert an die Geschichte des Hauses. Hier residierte einst der Lackfabrikant Kurt Herberts, der im Dritten Reich Architekten und Künstler, die von der Gestapo verfolgt wurden, nach Wuppertal holte und ihnen Ateliers zur Verfügung stellte. Unter ihnen waren auch der "Waldfrieden"-Architekt Franz Krause und die avantgardistischen Künstler Willi Baumeister und Oskar Schlemmer, die in Wuppertal mit Lacken experimentierten. Diese Geschichten versanken in Vergessenheit, nachdem Herberts vor 28 Jahren gestorben war.
Heute möchte der Wuppertaler Bildhauer den Aufbruchsgeist dieser Zeit wiederbeleben. Der ehemalige Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie steht neben der Waldfrieden-Villa und fixiert eine Skulptur von Henry Moore:
"Das war das Plateau, wo wir vor zwölf Jahren begonnen haben, eine kleine Gruppe von Skulpturen auszustellen."
Die Begeisterung für den Landsmann Henry Moore ließ nicht nach. So richtete Cragg vor einem Jahr in der angrenzenden Ausstellungshalle eine weit beachtete Moore-Ausstellung aus. Das war ausgerechnet an dem Ort, wo der frühere Hausherr seinen Badevergnügen nachging.
"Das war das Plateau, wo wir vor zwölf Jahren begonnen haben, eine kleine Gruppe von Skulpturen auszustellen."
Die Begeisterung für den Landsmann Henry Moore ließ nicht nach. So richtete Cragg vor einem Jahr in der angrenzenden Ausstellungshalle eine weit beachtete Moore-Ausstellung aus. Das war ausgerechnet an dem Ort, wo der frühere Hausherr seinen Badevergnügen nachging.
Tony Cragg ist entschlossen, dem Regenwetter zu trotzen. Er lässt sich durch die zaghaft zwischen den Baumwipfeln einfallenden Sonnenstrahlen zu einem Rundgang verleiten. Cragg möchte den Besuchern den geheimen Zauber des Skulpturenparks näher bringen - das Zusammenspiel von Kunst und Natur, von Licht und Schatten, von Lichtung und Wald. Der Skulpturenpark Waldfrieden – meint Cragg – verändere sich unaufhörlich.
Wir gehen über Wege, die jahrzehntelang vergessen waren:
"Diese Wege, auf denen wir gehen, die haben wir erst ein Jahr, nachdem wir das Grundstück in Besitz genommen haben, gefunden. Die lagen unter 20 bis 30 Zentimeter Waldboden. Und wir waren überrascht, dass es Wege gibt."
Wir gehen über Wege, die jahrzehntelang vergessen waren:
"Diese Wege, auf denen wir gehen, die haben wir erst ein Jahr, nachdem wir das Grundstück in Besitz genommen haben, gefunden. Die lagen unter 20 bis 30 Zentimeter Waldboden. Und wir waren überrascht, dass es Wege gibt."
Nach etlichen überwundenen Höhenmetern erreichen wir den Frauenkopf des Katalanen Jaume Plensa, den "trashstone" des Düsseldorfers Wilhelm Mundt und schließlich das geometrische Gebilde des Engländers Richard Deacon:
"Wenn wir etwas weitergehen, dann sehen wir die Arbeit von Richard Deacon. Wir kennen uns und sind befreundet seit 1970. Er hat zur selben Zeit in London studiert, an einer anderen Kunsthochschule. Er ist einen anderen Weg gegangen. Aber ich finde es ganz fantastisch, wie er aus diesen Geometrien ein Gebilde baut, kristalline Form. Ist das nicht ein fantastisches Dreieck. Da haben wir den Plensa, wie die Figur im Raum, in der Natur funktioniert, da unten haben wir eine Arbeit von Wilhelm Mundt, eine fein geschliffene Polyester-Arbeit, gefüllt mit seinem Alltag, schön abgedeckt und weggepackt, und hier die Arbeit von Deacon wieder. Also diese Ecke hier finde ich eine ganz tolle, interessante Stelle."
Wir gehen an einer weiteren Figurengruppe vorbei, die Tony Cragg selber gestaltete und vor einigen Jahren in einer Lichtung aufstellte: Er nennt die Skulpturen "Declination", "Conversation" und "Points of View". Nun sind sie Wind und Wetter, Regen und Schnee, Hitze und Kälte ausgesetzt. Cragg ist davon überzeugt, dass der Einfluss, den die Witterung auf die Skulpturen ausübt, seine bildhauerische Arbeit stark geprägt hat:
"Es ist so viel zu lernen, das ist ein ganz komplexes Konstrukt, also wenn man im Außenbereich die Skulpturen hinstellt."
"Eine Skulptur nach der anderen"
Im Übrigen möchte Cragg – das betont er immer wieder –, dass der Kunstpark langsam und organisch wächst:
"Meine Erfahrung ist mit Skulpturenparks, dass sie meistens zu schnell zu voll werden. Und wir haben hier relativ langsam über zehn Jahre eine Skulptur nach der anderen hier rein gebracht."
Nach einer Viertelstunde nähern wir uns der neuen Ausstellungshalle, die Tony Cragg seit September für kleine, aber feine Wechselausstellungen nutzt. Am Waldesrand erwarten uns weitere Figuren, der armlose "Paris" von Markus Lüpertz und ein kurioses Haus von Thomas Virnich. Cragg bleibt vor den beiden Skulpturen stehen, als ihn gerade ein Naturschauspiel überrascht:
"Aber ist es nicht fantastisch, wie das Wetter ist? Schau mal, wie die Lichter … - das ist der Reiz eines Skulpturenparks. Schauen Sie, vorhin hat es ein bisschen genieselt, jetzt ist das Licht ganz anders. Im Winter ist alles völlig anders. Dann sind die Blätter weg. Hier ist eine ganz helle Stelle. Dann kommt noch der Schnee dazu. Es ist ein ständiger Wandel. Nie langweilig."
Cragg wendet sich wieder der Kunst zu und erklärt, wie wichtig es ihm sei, die Werke wirkungsvoll in der Umgebung zu platzieren. Die Skulpturen stünden ja nicht bedeutungsschwanger im abgeschlossenen Raum, sondern kommunizierten mit Bäumen und Lichtungen. Oder mit Wegen und Linien, die den Park durchziehen:
"Sehr wichtig ist die große, lange Achse, die Sie durch den Wald sehen – wie ein Lichtstreifen. Das ist eine Lichtung. Sehen Sie hier: Thomas Virnich. Das ist die erste große Bronzeskulptur, die er je gemacht hat im Außenbereich. Schau mal sein Haus, wo er wohnt, auf den Kopf gestellt, auf links gedreht und alles inside out und alles aufeinandergepurzelt. Das ist ein psychischer Zustand, das ist nichts anderes. Auf dem Hintergrund sehen Sie Luginbühl, diese Farbe, diese mechanische, farbige abstrakte Skulptur. Aber schau mal den Lüpertz da an, wie der Paris da einfach im Wald steht. Erschreckend zum Teil, so ein verletzter Koloss. Auch wenn man weit weg ist, so 200, 300 Meter, man spürt seine Präsenz - eine ganz fantastische Skulptur."
Wir sind am Ende des Kunstparcours angelangt. Tony Cragg hält inne und überlegt, was ihn zu diesem Skulpturenpark gebracht hat. Und warum ausgerechnet in Wuppertal, in einem Waldstück am Rande der Stadt:
"Sehen Sie jetzt wieder eine Wetteränderung, die Sonne ganz intensiv durch die Blätter. Ich meine, es gibt überall Wald. In Deutschland gibt es Wald genug. Aber irgendwie diese Stelle mit dem Klang. Hören Sie den Klang, hören Sie die Stadt hinter sich? Es ist diese Spannung zwischen Stadt und Landschaft. Auch wenn es unklar ist, wie es morgen oder übermorgen aussehen wird hier, aber das sind Projekte, auf die wir uns freuen für die Zukunft."
"Meine Erfahrung ist mit Skulpturenparks, dass sie meistens zu schnell zu voll werden. Und wir haben hier relativ langsam über zehn Jahre eine Skulptur nach der anderen hier rein gebracht."
Nach einer Viertelstunde nähern wir uns der neuen Ausstellungshalle, die Tony Cragg seit September für kleine, aber feine Wechselausstellungen nutzt. Am Waldesrand erwarten uns weitere Figuren, der armlose "Paris" von Markus Lüpertz und ein kurioses Haus von Thomas Virnich. Cragg bleibt vor den beiden Skulpturen stehen, als ihn gerade ein Naturschauspiel überrascht:
"Aber ist es nicht fantastisch, wie das Wetter ist? Schau mal, wie die Lichter … - das ist der Reiz eines Skulpturenparks. Schauen Sie, vorhin hat es ein bisschen genieselt, jetzt ist das Licht ganz anders. Im Winter ist alles völlig anders. Dann sind die Blätter weg. Hier ist eine ganz helle Stelle. Dann kommt noch der Schnee dazu. Es ist ein ständiger Wandel. Nie langweilig."
Cragg wendet sich wieder der Kunst zu und erklärt, wie wichtig es ihm sei, die Werke wirkungsvoll in der Umgebung zu platzieren. Die Skulpturen stünden ja nicht bedeutungsschwanger im abgeschlossenen Raum, sondern kommunizierten mit Bäumen und Lichtungen. Oder mit Wegen und Linien, die den Park durchziehen:
"Sehr wichtig ist die große, lange Achse, die Sie durch den Wald sehen – wie ein Lichtstreifen. Das ist eine Lichtung. Sehen Sie hier: Thomas Virnich. Das ist die erste große Bronzeskulptur, die er je gemacht hat im Außenbereich. Schau mal sein Haus, wo er wohnt, auf den Kopf gestellt, auf links gedreht und alles inside out und alles aufeinandergepurzelt. Das ist ein psychischer Zustand, das ist nichts anderes. Auf dem Hintergrund sehen Sie Luginbühl, diese Farbe, diese mechanische, farbige abstrakte Skulptur. Aber schau mal den Lüpertz da an, wie der Paris da einfach im Wald steht. Erschreckend zum Teil, so ein verletzter Koloss. Auch wenn man weit weg ist, so 200, 300 Meter, man spürt seine Präsenz - eine ganz fantastische Skulptur."
Wir sind am Ende des Kunstparcours angelangt. Tony Cragg hält inne und überlegt, was ihn zu diesem Skulpturenpark gebracht hat. Und warum ausgerechnet in Wuppertal, in einem Waldstück am Rande der Stadt:
"Sehen Sie jetzt wieder eine Wetteränderung, die Sonne ganz intensiv durch die Blätter. Ich meine, es gibt überall Wald. In Deutschland gibt es Wald genug. Aber irgendwie diese Stelle mit dem Klang. Hören Sie den Klang, hören Sie die Stadt hinter sich? Es ist diese Spannung zwischen Stadt und Landschaft. Auch wenn es unklar ist, wie es morgen oder übermorgen aussehen wird hier, aber das sind Projekte, auf die wir uns freuen für die Zukunft."