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Slowakei
Bürgerrechtlerin Caputova Favoritin für die Stichwahl

Die slowakische Bürgerrechtlerin Zuzana Caputova ist als klare Siegerin aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahl hervorgegangen. Auch für die Stichwahl werden ihr beste Chancen eingeräumt. Ihr Konkurrent Maros Sefcovic, der für die linksgerichtete Partei Smer antritt, gibt sich aber noch nicht geschlagen.

Von Peter Lange |
Die slowakische Präsidentschaftskandidatin Zuzana Caputova spricht auf einer Pressekonferenz in Bratislava nach den ersten inoffiziellen Ergebnissen
Die slowakische Bürgerrechtlerin Zuzana Caputova: Auch bei Konservativen gilt sie als vertrauenswürdig. (dpa / Sputnik / Alexey Vitvitsky)
Der Jubel wirkte noch etwas verhalten in der Wahlkampfzentrale der neuen Partei "Progressive Slowakei". Als ob sie die Zahlen noch nicht ganz glauben mochten, die da über den Bildschirm kamen. Und auch Zuzana Caputova wirkte fast ein wenig unsicher, als sie auf die Bühne kam.
"Dieses Ergebnis signalisiert für mich einen Ruf nach Veränderung. Mir scheint, die Wählerinnen und Wähler können sich einen Menschen als Präsident vorstellen, der vielleicht noch nicht lange in der Politik ist, aber eine andere Sicht auf die Realität und andere Ideen für Lösungen mitbringt."
Raketenhafter Aufstieg binnen Wochen
Vor vier Wochen lag die Rechtsanwältin in den Umfragen noch auf Platz vier mit etwa zehn Prozent. Ihre Kandidatur galt als allenfalls als Etappe auf dem Weg ihrer Partei ins Parlament in einem Jahr. Und nun hat sie in der ersten Runde 40,6 Prozent der Stimmen geholt. So etwas hat der Politikkommentator Marian Lesko noch nicht erlebt.
"Ich kann mich nicht erinnern, dass die Unterstützung eines Kandidaten innerhalb von ein, zwei Wochen jemals so raketenhaft angestiegen wäre."
Caputova hat in 71 von 79 Bezirken gewonnen, ihr wichtigster Konkurrent Maros Sefcovic nur in sieben. Der Kandidat der linksgerichteten Smer kam auf 18,7 Prozent. Er will sich nun verstärkt um die Wähler auf der Rechten bemühen, deren Kandidaten nicht in die Stichwahl gekommen sind: Der umstrittene Richter Stefan Harabin erhielt 14,3 und der Rechtsextremist Marian Kotleba 10,4 Prozent.
"Ich werde den Akzent stark auf die traditionellen christlichen Werte legen. Für einen Großteil der Menschen in der Slowakei ist dies sehr wichtig. Ich selbst halte das wirklich für einen Zivilisationsanker unseres Volkes, unseres Landes."
Parteiloser Karriere-Diplomat gibt sich kämpferisch
Sefcovic muss gegenüber Caputova aufholen. Der Soziologe Martin Slosiarik bezweifelt, das ihm das gelingt.
"Es ist wahrscheinlich, dass die Caputova-Wähler aus der ersten Runde auch zur Stichwahl kommen werden. Allein damit hat sie schon einen großen Vorsprung. Sefcovic müsste seine Zahlen verdoppeln."
Und hat dabei zwei Handicaps: Selbst bei vielen Smer-Anhängern gilt der parteilose Karriere-Diplomat als nicht überzeugende Notlösung. Und ob ausgerechnet er die nationalistischen und extremistischen Wähler von Harabin und Kotleba überzeugen kann?
"Er ist Vize-Chef der EU-Kommission, wirkt seit zehn Jahren in den Strukturen von Brüssel", sagt Marian Lesko. "Ich weiß nicht, womit er diese anti-europäisch und anti-transatlantisch ausgerichteten Menschen überzeugen will."
Und dann ist da ja auch noch Zuzana Caputova selbst. Diese Wahl hat gezeigt, dass sie auch bei Konservativen als vertrauenswürdig gilt. Und selbst die unverhüllte Warnung aus der katholischen Kirche vor ihrer Wahl wegen ihrer Haltung zu homosexuellen Partnerschaften hat nicht recht gezogen. Eine Frau und dazu noch eine Liberale als Präsidentin der Slowakei erscheint seit gestern alles andere als undenkbar.