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Slowakei
Der Kampf der Bauern gegen die Land-Mafia

Es geht um Landraub und Korruption: In der Slowakei versuchen organisierte kriminelle Netzwerke immer mehr Land von den Kleinbauern zu erpressen. Von ihrer Regierung und der Polizei fühlen sich die Landwirte im Stich gelassen und hoffen nun auf Unterstützung des europäischen Parlaments.

Von Peter Lange |
    Protestmarsch in Bratislawa, Slowakei, nach Mord an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten. Demonstranten halten ein Schild hoch, auf dem steht: Rest in Peace!
    Gedenkmarsch an den ermordeten Journalisten Jan Kuciak - er war der Land-Mafia auf der Spur (AP/Bundas Engler)
    "Kommen Sie raus" - skandieren etwa 120 Männer vor dem Landwirtschaftsministerium in Bratislava. Mit ihren Traktoren sind sie zwei Tage und eine Nacht unterwegs gewesen. Auf ihren Plakaten ist zu lesen: Agro-Mafia raus aus der Slowakei. Wir fordern Transparenz bei den Subventionen. Es sind Kleinbauern aus der Ostslowakei.
    "Wir brauchen hier keine Oligarchen und Spekulanten, die kein Verhältnis zur Landwirtschaft haben"
    Eigentlich wollten sie mit ihrer Treckerkolonne in die Stadt. Aber die Polizei hat die Straßen gesperrt und die Kolonne auf einen Platz an der Donau geleitet. Und damit keiner auf dumme Gedanken kommt, gleich auch Wasserwerfer postiert. Jetzt sind sie zu Fuß in die Stadt gegangen und wollen Gabriela Matecna sprechen, die Landwirtschaftministerin. Aber die weigert sich, will allenfalls drei aus der Gruppe empfangen. Aber das wollen die Demonstranten nicht.
    "Es tut mir leid, dass die Protagonisten dieses Protests nicht zu mir raufgekommen sind. Aber die meisten der 18 Punkte aus ihrem Kosicer Aufruf sind schon erfüllt worden."
    Machenschaften auf der Spur
    Das sehen die Landwirte ganz anders. Nichts hat sich bewegt, trotz aller Versprechungen. Es geht um Netzwerke organisierter Kriminalität, slowakische und italienische Agrarfirmen, die Tausenden Kleinbauern das Leben schwer machen; es geht um gestohlene Ernten und um Schlägertrupps, die sie unter Druck setzen.
    "Nur einer kann Besitzer des Bodens sein", sagt Frantisec Oravec, einer der Sprecher der Bauern. "Es kommt deshalb in der Ost-Slowakei oft zu physischen Angriffen und Pressionen gegen die rechtmäßigen Besitzer, damit sie keine Subventionen erhalten."
    Solchen Machenschaften ist der Journalist Jan Kuciak vor seinem gewaltsamen Tod auf der Spur gewesen. Fragwürdige Firmen beanspruchen und bekommen Millionen von EU-Subventionen für landwirtschaftliche Flächen, die ihnen nicht eindeutig gehören und die sie zum Teil auch gar nicht bewirtschaften. Das funktioniert, weil die Besitzverhältnisse häufig nicht geklärt sind.
    "Es ist inakzeptabel, dass keine staatliche Behörde die Rechtsverhältnisse bei der Verteilung der Subventionen überprüft. Es ist nicht akzeptabel, dass die staatliche Landwirtschaftsagentur die Praxis zuläßt, dass zwei für denselben Grund und Boden Subventionen fordern können."
    Wie und was da abläuft, hat der Journalist Andrej Ban im Frühjahr am Beispiel der Firma Agro Porubka aufgedeckt, die einer ehemaligen Parlamentsabgeordneten gehört. Hier reagierte die zuständige Behörde sofort.
    Unterstützung nur von Staatspräsident Andrej Kiska
    "Auf Grund der Hinweise im Artikel von Andrej Ban haben wir alle Direktzahlungen überprüft", so Juray Kozuch, der Chef der landwirtschaftlichen Zahlungsagentur PPA. "Agro Porubka hat insgesamt 470 Hektar deklariert, darunter auch Flächen, für die sie keine Subventionen hätte beantragen dürfen."
    Zum Beispiel für einen Parkplatz oder für Grünflächen hinter Häusern. So hat die Firma 2017 rund 40.000 Euro zu viel bekommen. Von der Landwirtschaftsministerin erwarten die Bauern inzwischen nichts mehr. Sie hat früher die Landwirtschaftsagentur geleitet und ist selbst eher Teil des Problems als Teil der Lösung. Auch der neue Regierungschef Peter Pellegrini hat sich eher abfällig über die protestierenden Bauern geäußert, die sich inzwischen landesweit organisiert haben:
    "Ich verfolge die Situation sehr aufmerksam und habe die Ministerin aufgefordert,sich mit Vertretern dieses Initiative zu treffen. Andererseits habe ich Wert darauf gelegt, dass sie nur die Bauern empfängt und keine Vertreter des NGO-Sektors."
    Unterstützung können die Landwirte nur von Staatspräsident Andrej Kiska erwarten, inzwischen die Gallionsfigur der Bewegung "für eine anständige Slowakei"
    "Es ist höchste Zeit, dass die Regierung die Probleme der Bauern löst und ihren Forderungen nachkommt. Der wichtigste Punkt ist die Überprüfung der Eigentumsrechte. Der jetzige Zustand bietet den Raum für Spekulanten, an Subventionen zu kommen."
    Wenn die slowakische Regierung auf Druck reagiert, dann nicht auf den der Bauern, sondern auf den aus Brüssel. Seit dem Mord an Jan Kuciak untersucht das EU-Parlament den Umgang mit den Agrarsubventionen in der Slowakei. Und nichts fürchtet die Regierung in Bratislava mehr, als dass die Milliardensubventionen einbehalten werden.