Ladislav ist wütend. Den Wocheneinkauf für die Familie hat er soeben hinter sich gebracht. Viele slowakische Erzeugnisse liegen in seinem Einkaufswagen, aber auch Markenprodukte internationaler Lebensmittelkonzerne. Seit er weiß, dass die Qualität dieser Waren deutlich schlechter ist als in westlichen Supermärkten, ist er bitter enttäuscht:
"Die halten uns doch zum Narren und wollen nur an uns verdienen. Sind wir denn die Müllhalde Europas? Ich fühle mich wirklich wie ein EU-Bürger zweiter Klasse."
Seit wenigen Tagen haben es die slowakischen Bürger schwarz auf weiß. Das Landwirtschaftsministerium veröffentlichte die Ergebnisse einer umfangreichen Testreihe. 22 bekannte internationale Markenprodukte wurden mit den gleichnamigen Waren in der Slowakei verglichen. Weniger Fleisch in der Wurst – dafür mehr Fett und Flüssigkeit. In Milchprodukten weniger Eiweiß, in der Schokolade weniger Kakao stattdessen überall mehr Farb- , Süß- und Konservierungsstoffe. Ein Skandal, so Ministerpräsident Robert Fico:
"Es ist nicht zu tolerieren, das internationale Konzern in die osteuropäischen Länder Waren liefern, die qualitativ deutlich schlechter sind als die gleichnamigen Produkte, die in den westeuropäischen Regalen liegen."
Regierung will in Brüssel Druck machen
Eine Forderung, die auch vom slowakischen Verbraucherschutzverband unterstützt wird. Längst sei die Lebensmittelqualität auch für die meisten Kunden in Ost- und Mitteleuropa wichtiger als der Preis. Die Konzerne treiben bewusst ein falsches Spiel, so Verbandschef Milos Lauko:
"Die meisten Lebensmittel und Markenprodukte sind in den westlichen Ländern wegen der stärkeren Konkurrenz sogar billiger als bei uns. Das Argument, die Qualität werde wegen der niedrigeren Preise reduziert, ist also falsch."
Der Markenskandal sorgt in der Slowakei für fette Schlagzeilen. Regierungschef Fico will deshalb jetzt gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Tschechien, Ungarn und Polen auf einem Sondergipfel den Druck auf Brüssel erhöhen.
"Wir werden von der EU-Kommission verlangen, umgehend diese Praktiken zu verbieten. Unsere Bürger dürfen nicht länger erniedrigt werden. Es ist unsere Pflicht ihre Interessen kompromisslos zu verteidigen. Es darf keine EU-Bürger erster und zweiter Klasse geben."
Der Verbraucherschutzverband gibt dem geplanten Vorstoß allerdings bereits vorab kaum Chancen auf Erfolg. In der Vergangenheit seien ähnliche Initiativen in Brüssel meist rasch versandet. Der einzig wirksame Weg für Veränderungen sei ein wachsender Druck der Kunden auf die Hersteller. Auf Dauer werde sich das Verbraucherbewusstsein in den jungen Marktwirtschaften in Ost- und Mitteleuropa ähnlich stark entwickeln wie heute bereits im Westen.