Schockbilder aus der Kölner Silvesternacht. Aufnahmen von endlosen Menschenschlangen auf dem Balkan. Der Film zeigt die Flüchtlingskrise als bedrohliches Horrorszenario. Er ist der Auftakt für jede Wahlkampfveranstaltung der Sozialdemokraten. Danach tritt der Ministerpräsident ans Rednerpult. "Wir schützen die Slowakei" ist der Slogan von Robert Fico: "Wir werden niemals ein Diktat aus Brüssel akzeptieren, das uns zwingt Muslime in der Slowakei aufzunehmen. Wir wollen das einfach nicht. Das ist unsere Politik, die wir bis zum Ende durchhalten."
Mit seiner klaren Ablehnung der europäischen Flüchtlingspolitik trifft der Sozialdemokrat den Nerv seiner Bürger. Sieben von zehn Slowaken sind gegen jede Aufnahme von Flüchtlingen. Obwohl das Land bisher kaum von den Folgen der weltweiten Flüchtlingskrise betroffen ist, fühlen sich die Menschen bedroht: "Wir alle haben ziemliche Angst. Schauen sie doch, was derzeit in Deutschland passiert. Die Slowakei ist ein christliches Land. Wir wollen keine Muslime. Die können sich nicht anpassen und wollen ihre eigenen Regeln durchsetzen."
"Wir sind hier zuhause. Die Slowakei den Slowaken" – so die Parole einer fremdenfeindlichen Demonstration in Bratislava. Alle Parteien liegen in der Flüchtlingspolitik mit den Sozialdemokraten auf einer Linie. Die Verteidigung seiner absoluten Mehrheit wird deshalb für Robert Fico schwierig, erwartet der Politikwissenschaftler Pavol Haulik: "Die Regierung versucht, allein mit dem Flüchtlingsthema im Wahlkampf zu punkten. Das funktioniert jedoch nicht, denn die Forderungen aller Parteien sind in diesem Bereich völlig identisch. Unterschiede gibt es nur in der Rhetorik."
Die Bürger beschäftigen andere Probleme
Tatsächlich bröckelt der Vorsprung der Sozialdemokraten in den Umfragen. Mit rund 35 Prozent liegt die Smer aktuell weit entfernt von der bisherigen absoluten Mehrheit. Viele Wähler scheinen inzwischen erschöpft vom Trommelfeuer der Regierung in der Flüchtlingspolitik. Im Alltag haben die Bürger ganz andere Probleme. Trotz insgesamt stabiler Wirtschaftsdaten und großzügiger Sozialpakete ist eine wachsende Zahl unzufrieden mit ihrer Situation: Schüler, Lehrer und Studenten gehen auf die Straße. Mit einem Streik fordern sie höhere Löhne und mehr Geld für die Finanzierung der Schulen und Universitäten. Auch die Krankenschwestern machen kurz vor der Wahl mit einem Arbeitskampf auf die Missstände im Gesundheitssystem aufmerksam. Vor allem Radoslav Prochazka, Vorsitzender der neu gegründeten Oppositionspartei Siet hofft auf Stimmengewinne: "Die Gefahren durch die Flüchtlinge sind weniger bedrohlich als unser marodes Gesundheitssystem oder unser mangelhaftes Schulwesen. Das sind die Hausaufgaben, die unsere Partei in einem funktionierenden Staat lösen wird."
Doch auch die Siet liegt als die aktuell stärkste Oppositionspartei nur knapp über zehn Prozent. Alle anderen Parteien kämpfen um den Einzug ins Parlament. Die bürgerliche Opposition schwächelt und ist tief zerstritten. Dennoch wünscht sich eine große Mehrheit der Bevölkerung inzwischen ein Ende der sozialdemokratischen Alleinregierung. Favorit auf ein Bündnis mit der Smer ist die Slowakische Nationalpartei SNS. Die frühere rechtsextreme Partei gibt sich mittlerweile gemäßigt und beansprucht die politische Mitte. Der neue Parteichef Andrej Danko wirbt um Vertrauen: "Die SNS wurde immer als nationalistisch und fremdenfeindlich bezeichnet. Heute haben wir uns inhaltlich aber völlig neu aufgestellt. Wir haben jetzt ein ganz anderes politisches Programm, das viele Menschen anspricht."
Dennoch dürfte ein mögliches Bündnis der Sozialdemokraten mit der einstigen Rechtsaußenpartei in Brüssel mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden. Schon einmal – von 2006 bis 2010 – hatte diese Rechts-Links-Koalition international immer wieder für Negativ-Schlagzeilen gesorgt und die Slowakei zeitweise ins europäische Abseits gestellt. Eine Außenseiterposition, die diesmal für die Europäische Union eine große Belastung bedeuten könnte. Vor dem Hintergrund der großen europäischen Krisen übernimmt das kleine EU-Land im Sommer erstmals den europäischen Ratsvorsitz und damit große Verantwortung in Brüssel.