"Wo ist unsere Kultur – wohin steuert unser Land?" - das Propaganda-Video auf der Internetseite der Volkspartei Unsere Slowakei zeigt Bilder von Roma-Slums und Aufmärschen kahlköpfiger Neonazis. Hauptdarsteller ist jedoch Marian Kotleba. In einer Fantasieuniform mit schwarzer Mütze und Lederjacke spricht der 36-jährige Lehrer mit Oberlippenbärtchen zu seinen Anhängern:
"Von euren Steuern ernährt der Staat die Zigeuner-Parasiten und die Asozialen. Es sind die Mörder unserer Großväter und Großmüttern."
Bis zu diesem Wochenende war Marian Kotleba eine Randerscheinung der slowakischen Innenpolitik. Bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren erreichte seine Volkspartei nur knapp 1,6 Prozent der Stimmen. Immer wieder musste sich der selbst ernannte Führer vor Gericht wegen rassistischer Hetze verantworten, ohne jedoch rechtskräftig verurteilt zu werden. Vor zwei Wochen dann der Überraschungserfolg: Bei den Regionalwahlen in seinem mittelslowakischen Heimatkreis Banska Bystrica schafft es Kotleba in die Stichwahl. Eine deutliche Warnung so der Politikwissenschaftler Samuel Abraham:
"Das ist ein Ergebnis der Frustration. Keine Regierung seit 1989 hat das Roma-Problem wirklich gelöst. Kotleba hat es geschafft, aus dieser offenen Roma-Frage ein politisches Geschäft zu machen."
Tatsächlich gelingt es Marian Kotleba in der Stichwahl, seinen sozialdemokratischen Mitbewerber klar hinter sich zu lassen. Eine herbe Niederlage für die alleinregierende Partei des Ministerpräsidenten. Doch Robert Fico sucht die Schuld bei den anderen Parteien:
"Die Stimmen für Kotleba kommen aus dem konservativen Lager. Die Rechten haben immer gesagt: Satan, Hitler oder Mussolini – alles ist besser, als die Sozialdemokraten zu wählen."
Die Gründe für den Erfolg der Rechtsextremen liegen nach Meinung der meisten Beobachter jedoch tiefer. Die schwache Wahlbeteiligung von nicht einmal 25 Prozent habe der Volkspartei in die Hände gespielt, meint der Bürgerrechtler Rado Sloboda. Sie habe von der Enttäuschung vieler Bürger über die schlechte wirtschaftliche Situation profitiert.
"Die Menschen neigen dazu, die Roma für ihre eigene Misere verantwortlich zu machen. Die Roma sind ein populäres Opferlamm. Das ist ein deutliches Warnsignal für die Demokratie in der Slowakei."
Tatsächlich sind die Probleme mit der Roma-Minderheit in Banska Bystrica nicht größer als im Rest des EU-Landes. Auch die Arbeitslosigkeit liegt mit 18 Prozent nicht deutlich höher als in vielen anderen Regionen. Der Wahlerfolg der Rechtsextremen könne sich deshalb überall in der Slowakei wiederholen, warnt der konservative Politiker Pavol Freso
„Dieser Sieg von Kotleba ist eine gewaltige Herausforderung für alle demokratischen Parteien. Wir müssen schon morgen damit anfangen, die Probleme der Menschen zu lösen, um den Rechtsextremen ihren Nährboden zu entziehen.“
Für das kommende Wochenende haben Bürgerrechtsgruppen zu einer Demonstration in Banska Bystrica gegen die Rechtsextremen aufgerufen. Für die nächsten vier Jahre jedoch ist Marian Kotleba das politische Aushängeschild des Kreises. Als gewählter Regionspräsident ist er unter anderem zuständig für die Kontrolle der Schulen.