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Smarter Protokollant

Datenschutz. - Das iPhone macht als Datenschnüffler Schlagzeilen. Das Gerät protokolliert die Funknetzzellen und WLAN-Knoten, mit denen es in Verbindung stand, und erstellt so ein Bewegungsprofil, das unverschlüsselt in den Backup-Dateien des zugehörigen Rechners abgelegt ist. Dieses bereits bekannte Verhalten haben die beiden Briten Pete Warden und Alasdair Allen jetzt bekannt und mit ihrem Programm iPhone-Tracker sehr fassbar gemacht.

Jan Rähm im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Kloiber: Herr Rähm, welchen Eindruck hatten Sie denn, als Sie das Programm zum ersten Mal öffnen?

    Rähm: Also ich muss zugeben, ein klein wenig gruselig ist das schon, wenn man die gesamten Bewegungsdaten der vergangenen Jahre auf einmal vor sich findet, gesamt visualisiert, und seine ganzen Wege sieht. Nur ein kleines Beispiel: Ich war dieses Jahr wieder auf der CeBIT in Hannover und bin mit dem Zug von Berlin zur Messe gereist. Und man sieht anhand der Datenpunkte in demiPhone-Tracker, also in dem Programm, ganz klar, wo die Zuglinie entlang führt. Und was man noch viel mehr sieht, sind die Haltepunkte des Zuges. Denn dort, wo der Zug hält, bin ich natürlich ins Netz gegangen, denn in dem Moment ist die Mobilfunkverbindung auch am stabilsten. Dort gibt es dann auch eine Häufung an Datenpunkte. Und man sieht ganz klar, hier hat der Zug gehalten, zum Beispiel in Wolfsburg. Insgesamt erinnert der Fall so ein bisschen an den Politiker Malte Spitz. Der hatte vor einiger Zeit auf die Herausgabe der gespeicherten Vorratsdaten geklagt und auch gewonnen. Die Daten hat er genommen und auf einer großen Karte visualisiert und animiert. Und daraus ist ganz klar erkennbar sein Bewegungsprofil der vergangenen Monate. Nun kann aber auch jeder iPhone-Besitzer quasi ohne Vorratsdatenspeicherung und gesetzlicher Anordnung sein Bewegungsprofil anschauen. Das speichert alles das iPhone.

    Kloiber: Klar ist also, diese Daten werden erhoben und gesammelt. Aber was passiert dann mit den Daten? Sendet jedes iPhone die Bewegung seines Besitzers an Apple?

    Rähm: Ja, das ist im Moment die große Frage. Es ist unklar, wofür die Daten gesammelt werden. Dass das iPhone Daten in Richtung Apple schickt, dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Ob andere Programme die Daten in irgendeiner Art nutzen, ist ebenso unklar.

    Schleuder: Hat die Firma Apple ihren Benutzern des iPhones mitgeteilt, dass die Daten von dem Gerät erhoben werden?

    Rähm: Da muss man ganz klar jein sagen. Also einmal steht zwar in den Nutzungsbedingungen drin, dass Apple diese Daten erheben darf und anonymisiert, ausgewählt ab und an nutzen darf, um, ja, seine Geo-Datenbank zu verbessern. Zudem musste sich Apple vor rund zwei Jahren über die Praxis der Datensammlung vor US-Senatoren rechtfertigen. Insgesamt ist die Datenbank, um die es geht, schon seit mehreren Jahren bekannt. Und neu ist in der Tat nur, dass Pete Warden und Alasdair Allen sich die Mühe gemacht haben, die Daten anschaulich zu visualisieren. Apple, der Konzern, der schweigt im Moment ganz beharrlich, es liegt weder eine offizielle Stellungnahme vor, noch hat der Konzern auf unsere Fragen geantwortet.

    Kloiber: Sie haben sich ja die Datenbank einmal in Ruhe angeschaut. Was ist eigentlich darin genau zu finden?

    Rähm: Ich hatte erwartet, dort drin GPS-Daten an sich zu finden. Das ist nicht der Fall, es werden in erster Linie die Daten von Funknetzen aller Art gesammelt, seien es zum Beispiel WLan-Netze. Wird ein solches gefunden, speichert das iPhone die Hardware-Adresse dieses WLan-Netzes. Es speichert die geographische Breite, die Latitude, die geographische Länge, die Longitude, und auch einen Zeitstempel. Das gleiche macht es bei Mobilfunknetzen aller Art, also seien es GSM- UMTS- oder auch CDMA-Netze. Dort werden zusätzlich die spezifischen mobile country codes und die location area codes gespeichert. Damit ist jedes Mobilfunknetz und jede Zelle eindeutig zuzuordnen. Die Bewegungsdaten an sich, die werden nicht gespeichert. Es wird jetzt also nicht auf dem iPhone jeder GPS-Kontakt protokolliert, aber auch anhand der Daten über die Netze lassen sich natürlich ganz klar Bewegungsprofile erstellen.

    Kloiber: Herr Rähm, was kann denn jetzt der normale Anwender gegen die Datensammelwut seines eigenen Telefons überhaupt machen? Kann man dieses Verhalten irgendwie abschalten?

    Rähm: Nein. Einfach abschalten, das geht absolut nicht. Es wird derzeit im Netz, also im Internet herumerzählt, es gebe da eine Methode, da könne man über den Web-Browser sich einfach austragen. Im Fachjargon heißt das einfach opt out. Das stimmt aber nicht. Dieses Vorgehen funktioniert nicht, denn dieses schaltet nur die Datenspeicherung aus für den Werbedienst iAd von Apple, der sonst interessenbasierte Werbung einblendet. Es gibt eine weitere Methode, die soll auch funktionieren. Die hilft aber auch nur bei gehackten iPhones, also diesen so genannten jailbroken iPhones. Dort kann man eine Verlinkung auf das so genannte Null-Device für die Datensammlung einrichten, und die gesammelten Daten landen dann im Nirwana. Eine kleine Abhilfe wäre es, sein eigenes iPhone-Backup zu verschlüsseln, dann kommen zumindest Fremde nicht mehr ohne Probleme am eigenen Rechner an diese Daten. Auf dem iPhone sind die Daten allerdings immer noch präsent, und wer das iPhone in die Hand bekommt, kann auch auf diese Daten zugreifen.