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Smartphone als Geigerzähler

Technik. - Die Strahlenbelastung wird gemeinhin mit Dosimetern gemessen, die man an der Kleidung tragen muss. Die kleinen Messinstrumente sind nicht ganz billig, daher ist die Idee eines Münchener Ingenieurs bei Forschungszentren auf Interesse gestoßen. Rolf-Dieter Klein will Smartphones mit einer Geigerzähler-App zur Strahlenmessgeräten aufrüsten.

Von Michael Engel |
    Rolf-Dieter Klein hält den Geigerzähler an einen Maronenpilz. Das Knacken im Bayerischen Wald verrät: Radioaktivität. Dann folgt der Vergleich mit seiner speziell entwickelten Geigerzähler-App. Auch das SmartPhone schlägt an, registriert die Strahlung – mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Reaktor-Gau von Tschernobyl.

    "Pilze kann man durchaus noch nachweisen – auch mit unserer App – also schon, um einfach mal auch die Kontrolle zu machen."

    Die App nutzt den lichtempfindlichen Kamerachip im Gehäuse. Vor der Messung muss die Linse mit schwarzer Folie abgeklebt werden, denn das Licht würde den empfindlichen Vorgang stören. Für die hochenergetische Gamma-Strahlung ist die Folie kein Hindernis. Klein:

    "Also wir haben zunächst einmal den Kamerasensor. Der reagiert ja primär erst einmal auf Licht – das sind Photonen. Und Gammastrahlen – Röntgenstrahlen – sind eigentlich auch Photonen, nur mit einer anderen Energie beziehungsweise Wellenlänge. Die ist viel kleiner."

    Am Münchener Helmholtz Zentrum für Umwelt und Gesundheit wurden Eichkurven für verschiedene SmartPhone-Modelle erstellt, denn die Geräte verwenden Kamerachips verschiedener Hersteller, noch dazu unterschiedlicher Größe. Mittlerweile gibt es Eichkurven für über 30 Modelle. Auch in Hannover, an der Medizinischen Hochschule, interessierte man sich für die Geigerzähler App. Dr. Georg Stamm experimentierte mit den SmartPhones im Röntgenraum der Klinik:

    "Die Fragestellung bei uns war ja, ob wir das Handy nicht verwenden können als Ersatz für unsere Personendosimeter. Also die Personen, die in den Kontrollbereich, das heißt in einem Röntgenraum tätig sind, während die Strahlung eingeschaltet ist, müssen überwacht werden. Und das geschieht üblicherweise mit Filmplaketten."

    Ergebnis: SmartPhones messen die Gammastrahlen zwar sehr empfindlich, nur leider sind die Ergebnisse sehr abhängig vom Messwinkel. Richtige Werte erhält man nur dann, wenn die Linse der Kamera senkrecht zur Strahlenquelle steht. Schon bei einer leichten Neigung des Mobiltelefons fallen die Werte schnell ab, beklagt der Röntgenexperte. Stamm:

    "Was sie nicht können, ist eine amtliche Dosimetrie ersetzen. Und vor allen Dingen wirklich zuverlässige Dosiswerte produzieren. Also man kann nur Zählraten sehen. Man kann auch sehen, dass die Zählraten sich ändern, wenn man den Abstand ändert, das heißt, die Zählrate nimmt natürlich ab, wenn man sich vom Patienten oder vom "Streukörper" entsprechend entfernt. Das kann man auch nachweisen. Aber eben keine vernünftigen, reproduzierbaren Dosiswerte."

    Die starke Neigungsabhängigkeit der SmartPhones ist Bauart bedingt. Der lichtempfindliche Kamerachip steckt nämlich tief im Gehäuse, umgeben von der Linse, eingebettet in elektronische Strukturen: Gut für Fotos, schlecht für die Registrierung insbesondere der seitlich einfallenden Gammastrahlung. Jetzt arbeitet der Elektronik-Ingenieur mit dem Helmholtz Zentrum für Gesundheit und Umwelt an einer verbesserten Lösung. Ein frei liegender Kamerachip soll als externer Sensor dienen. Rolf-Dieter Klein:

    "Das ist ein komplett eigenständiges Gerät, das wir jetzt als Prototyp mal gebaut haben. Wir sind da noch in der Forschungs- und Testphase. Wie die Schaltung dann genau ausschaut, damit das dann auch zugelassen wird, das wird noch ein bisschen dauern. Aber das ist dann ein eigenständiges Dosimeter für den Profibereich. Das ist eines unserer Ziele. Für den Heimbereich wollen wir dann natürlich noch Spin-Offs daraus erzeugen, das wird noch ein bisschen dauern, bis das alles fertig ist. Das Helmholtz Zentrum ist daran auch beteiligt und investiert da auch einiges in die Entwicklung."

    Mittlerweile ist auch die Physikalisch Technische Bundesanstalt, zuständig für das Messen und Kalibrieren, hellhörig geworden. Der Fotochip in SmartPhones kann nämlich auch gepulste Röntgenstrahlung detektieren, wie sie von einigen Röntgengeräten erzeugt werden. Für diese Strahlung gibt es bislang noch keine zuverlässigen Dosimeter. Modifizierte SmartPhones könnten vielleicht auch in diesem Fall eine Lösung bieten.