Wieder einmal hängt eine graue Smog-Glocke über der Stadt. Wieder einmal schlechte Sicht. Wieder einmal unzählige Fußgänger mit Atemmasken. Nur eins ist bei diesem Smog anders: Zum ersten Mal gilt in Peking die Alarmstufe Rot. Und das hat Folgen für die Menschen.
"Heute dürfen nur die Autos mit geraden Kennziffern fahren, deshalb kann ich nicht mit dem Auto zur Arbeit. Auch die Schule findet nicht statt. Mein Kind ist im Kindergarten. Meine Eltern passen heute auf unser Kind auf'", sagt dieser 31-Jährige Mann aus Peking. Und ein anderer beschwert sich über die Folgen für die Gesundheit:
"Das hat Auswirkungen. Ich merke das in meinen Lungen. Ich gehe heute noch eine Maske kaufen. Schon beim letzten Mal habe ich nach dem Smog tagelang meine Lungen gespürt. Das hatte sich etwas entspannt - und jetzt kommt das alles wieder. Ich muss eine Maske kaufen".
Kindergärten und Schulen schließen
Kindergärten und Schulen bleiben für drei Tage geschlossen, nur jedes zweite Auto darf fahren. Fabriken müssen ihre Produktion einschränken und dreckige Baustellen werden vorübergehend stillgelegt. Und die Umweltbehörde hat die Bewohner von Peking dazu aufgerufen - wenn möglich - in geschlossen Räumen zu bleiben und auf Freiluftaktivitäten zu verzichten.
Für Umweltschutzaktivistin Wang Yongchen von der Organisation Green Earth ist die Alarmstufe Rot längst überfällig:
"Ich glaube, die Alarmstufe Rot ist sehr hilfreich. Jetzt müssen die Umweltschutzbehörden entsprechende Maßnahmen treffen. In der Vergangenheit war es immer so, dass der Smog zwar schlimm war, aber keiner hat irgendwelche Maßnahmen getroffen. Darum ist es über die Jahre hinweg schlimmer geworden. Jedes Mal, wenn es so ernst wird, hilft uns das dabei, die Aufmerksamkeit der Menschen auf den Umweltschutz zu lenken."
Höchste Alarmstufe für drei Tage
Die höchste Alarmstufe Rot gilt seit 7 Uhr heute Morgen - und zunächst bis zum Donnerstag 12 Uhr mittags. Die Feinstaubwerte sind mit rund 250 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zwar hoch - aber es sind keine Jahres-Rekordwerte wie vor einer Woche. Damals stieg der Wert für die Luftverschmutzung in Peking auf über 600 - mehr als 24-Fache des Grenzwertes der Weltgesundheitsorganisation. Die Behörden beließen es trotzdem bei der Warnstufe Orange - und wurden dafür heftig kritisiert. Nicht nur von Greenpeace China, auch in den Staatsmedien.
Dieses Mal haben die Behörden schneller reagiert. Aber genervt sind die Menschen in Peking trotzdem, wie die 27-jährige Zhou Zhen:
"Wir hatten das ja erst letzte Woche: erst heftigen Smog und dann auf einmal am nächsten Tag blauer Himmel und weiße Wolken. Das war wie ein Zauber, der den blauen Himmel zurückgebracht hat. Aber wir Menschen, die hier leben, wir wollen diese Achterbahn-Zustände nicht. Starker Smog - und dann wieder blauer Himmel. Wir würden einfach gerne in einem Land leben, das immer blauen Himmel und weiße Wolken hat."
Bislang scheuten Behörden die Stufe Rot
Blau, gelb, orange, rot - das sind die vier Stufen des Umweltalarms in China. Die Alarmstufe Rot soll gelten, wenn drei Tage hintereinander starker Smog mit einer Feinstaubbelastung von über 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erwartet wird. Bislang haben die Behörden in Peking die Stufe Rot aber nie ausgerufen - auch weil das öffentliche Leben in der Stadt damit enorm beeinträchtigt wird.
Besonders die Schwerindustrie in den umliegenden Provinzen wie Hebei, Shandong oder Tianjin ist für die heftige Luftverschmutzung in Peking verantwortlich. Allen voran die Kohle- und Stahlindustrie. Dazu kommen der starke Autoverkehr und die Bauwirtschaft. Bessere Luft ist erst für Donnerstag in Sicht. Dann kommt eine neue Kaltfront nach Peking - und der bei den Menschen so beliebte Nordwind, der den Smog wegbläst.