Man kann nicht behaupten, dass sie in Mailand wenig tun, um das Problem der Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen. Und doch reicht es nicht. Zum Beispiel beim Thema Feinstaub. Laut EU-Verordnungen dürfen die Grenzwerte nur an höchstens 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Schon jetzt, Mitte Februar, sind sie in Mailand bei fast 30 Tagen. Guido Lanzani, verantwortlich für den Bereich Luftqualität bei der ARPA, der Umweltbehörde der Region Lombardei:
"Die Ziele, die Europa steckt, sind für uns schwer zu erreichen, zumindest in der vorgegebenen Zeit. Wir haben Emissionen pro Kopf, die in etwa auf dem Niveau der fortschrittlichsten Länder sind, aber trotzdem überschreiten wir die Ziele um das Doppelte."
Fortschritte, aber noch keine Lösungen
Denn hier in der Po-Ebene gibt es wenig Wind, die Alpen blockieren den Luftaustausch. Man könnte sagen, eine ganze Gegend ist geografisch benachteiligt. Da bringt es dann nur wenig, dass man in Mailand schon recht streng ist. Bis Ende 2017 sollen Euro4-Diesel nicht mehr in die Innenstadt fahren dürfen. Nur ein Beispiel. Aber allein kann die Stadtverwaltung von Mailand es nicht schaffen. 60 Prozent der Mailänder nutzen regelmäßig den öffentlichen Nahverkehr. Aber jeden Tag fahren 800.000 Menschen mit ihren Autos aus dem Umland in die Stadt, wo es zu wenig Busse und Bahnen gibt. Marco Granelli, der Umwelt-Assessor von Mailand, plant, sogenannte Low-Emission-Zonen einzurichten. Er sagt, die Politik der Vergangenheit habe das Thema verschlafen, aber: Mailand kann es schaffen, die EU-Vorgaben zu erfüllen, mit etwas Zeit:
"Ich glaube, wir können das schaffen. Vor 14 Jahren haben wir die Werte noch an 166 Tagen überschritten, jetzt sind wir bei 73 Tagen. Ich denke, dass wir das in fünf Jahren noch einmal halbieren können. Man braucht Zielstrebigkeit, was die Maßnahmen angeht, und wir müssen zusammen arbeiten."
Europa droht Italien, wie auch Deutschland, Frankreich oder Spanien mit Strafzahlungen. Denn es geht um Menschenleben. Allein in Italien, so schätzt man, sterben jedes Jahr fast 90.000 Menschen vorzeitig wegen der schlechten Luftqualität. Barbara Meggetto, Präsidentin der Umweltschutzorganisation Legambiente in der Lombardei, findet es deshalb gut, dass Europa Druck macht:
"Europa hat recht. Wir sagen immer, zum Glück zwingt uns Europa zu einer sorgfältigeren Politik, was das Wohl der Bürger angeht. Wir haben unsere Politiker schon seit Langem aufgefordert, etwas zu tun, denn wir sind in einem Kessel, wir können nicht darauf warten, dass es regnet. Wir brauchen eine Politik, die diesen unnatürlichen Bedingungen Grenzen setzt."
Kritik an der EU bei der Kontrolle der Abgasnormen
Doch das Thema ist komplex, weil viele Faktoren die Luftqualität bestimmen. Manches kann man auf lokaler Ebene regeln, vieles aber auch nicht. In Mailand haben sie errechnet, dass zu 44 Prozent die Autos schuld sind, wenn die Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Werte überschritten werden. Aber gerade beim Thema Autos sieht Guido Lanzani auch Europa selbst in der Verantwortung:
"Die lokalen Behörden können anordnen, dass nur Autos mit möglichst wenig Emissionen fahren dürfen. Aber wenn dann auch die besten Autos, wie das beim Diesel passiert ist, nicht die Versprechen einhalten, was das Stickstoffdioxid angeht, wenn im Test etwas ganz anderes rauskommt als auf der Straße, dann kann ich zwar sagen: Du musst einen Wagen der Euro6-Abgasnorm fahren, aber wenn der dann nur etwas weniger Stickstoffdioxid ausstößt als ein EURO2-Auto, dann ist es schwer, Erfolg zu haben."
Europa könne nicht einerseits Abgasnormen setzen, die eine Mogelpackung sind, und dann Strafen verhängen, wenn die Maßnahmen, die sich an diesen Normen orientieren, nicht wirken.
In Mailand haben sie schon viel erreicht – und trotzdem bleibt die schlechte Luftqualität für einige Zeit noch eine Gefahr für die Menschen, die hier leben.