Die NSA könne Bewegungsprofile von Menschen in einer Weise erstellen, die "früher unvorstellbar" gewesen wäre, schreibt die "Washington Post" auf ihrer Internetseite. Der Geheimdienst speichere und analysiere die Ortungsdaten von "mindestens Hunderten Millionen Geräten". Die Zeitung beruft sich auf NSA-Geheimpapiere aus dem Fundus des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden und Interviews mit Regierungsbeamten.
Durch die Datensätze erhält die NSA den Angaben zufolge nicht nur Informationen über die Aufenthaltsorte von Menschen, sondern kann sich auch ein Bild von den Kontakten der Handybesitzer machen. Die Überwachung richte sich gegen "ausländische Ziele". US-Bürger nehme die NSA dagegen nicht gezielt ins Visier, greife allerdings als Nebenprodukt der Massenüberwachung auch in bedeutendem Umfang Daten von US-Mobilfunktelefonen ab.
Neue Rechnerkapazitäten für Datenberg
In dem Artikel schildert ein NSA-Mitarbeiter mit Erlaubnis seines Dienstherren, wie das Überwachungsprogramm funktioniert. Der Geheimdienst zapft demnach die Kabel an, die Mobilfunknetzwerke weltweit verbinden, und schöpft dabei "in gewaltigem Umfang" Ortungsdaten ab. NSA-Analysten könnten Handys überall auf der Erde ausfindig machen, die Bewegungen nachvollziehen und verborgene Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Menschen aufdecken. Mit einem "Co-Traveler" genannten Analysewerkzeug durchkämmen die Geheimdienstler die Daten nach übereinstimmenden Bewegungsmustern, um das Netzwerk von Terrorverdächtigen freizulegen.
Durch die willkürliche Handyortung sammelt die NSA laut "Washington Post" einen kaum fassbaren Datenberg. Die Zeitung zitiert aus einem internen Dokument vom Mai 2012, in dem der Geheimdienst einräumt, dass das Programm "unsere Fähigkeit zur Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung" von Daten übersteige. Die NSA habe daraufhin ihre Rechnerkapazitäten erweitert.
Washington überprüft Geheimdienstaktivitäten
Seit Juni haben Snowden-Dokumente eine Reihe von Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Geheimdienste ans Licht gebracht. So überwachte die NSA offenbar nicht nur massenhaft E-Mails und Telefonate von Menschen rund um die Welt, sondern hörte auch Spitzenpolitiker aus befreundeten Staaten ab, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel.
In Deutschland und anderen Staaten sorgten die Enthüllungen für Empörung, weil sie die Privatsphäre von Millionen unbescholtenen Bürgern verletzt. US-Präsident Barack Obama ordnete eine Überprüfung der Geheimdienstaktivitäten an, noch im Dezember soll das Ergebnis vorliegen. Grundsätzlich verteidigte das Weiße Haus die Spähprogramme aber immer wieder als notwendiges Mittel im Kampf gegen den Terrorismus.